Entscheidung aus Liebe
zufrieden. Rebeccah kaute still vor sich hin, doch ihr Blick war misstrauisch und alarmbereit.
„Euer Gnaden, sind Sie in Amerika jemals diesen berüchtigten Indianern begegnet? Ich hörte, dass sie sich in Tierhäute kleiden und ständig so laut schreien, dass einem das Blut in den Adern gefriert."
„Sie tragen hauptsächlich Lederkleidung und Büffelfelle", erklärte der Duke zwischen zwei Schlucken Tee. „Sie bringen sich vor einem Kampf in einen ekstatischen Zustand, indem sie schrille Schlachtschreie ausstoßen, wie ich hörte. Ich selbst bin nie einem begegnet." Seine Miene ließ keinen Zweifel daran, dass er wenig Interesse an diesem Thema hatte.
„Oh."
Es hatte keinen Zweck, ihn in eine Konversation zu verwickeln, die den Kindern ihre Ängste nehmen würde, zumindest Rebeccah. Sarah schien sich in der Gesellschaft ihres Onkels sogar wohl zu fühlen, obwohl er sie weiterhin mit diesem intensiven Blick anstarrte.
Plötzlich unterbrach eine helle Stimme ihre Gedanken. „Haben Sie ... hast du jemals Piraten gesehen, als du auf den Meeren gesegelt bist?" fragte Rebeccah vorsichtig. „Es gibt keine Piraten, oder nur noch sehr wenige heutzutage. Glaube nicht diesen lächerlichen Geschichten ... "
„Auf Ihren Reisen müssen Sie doch wenigstens einem oder zwei Piraten begegnet sein, Euer Gnaden", bemerkte Chloe, um ihn zu einer Abenteuergeschichte zu bewegen.
Jareth schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. „Ich versichere Ihnen, Miss Chloe, dass ich niemals solch unerfreuliche Erlebnisse hatte. Selbst wenn ich das zweifelhafte Vergnügen gehabt hätte, einen dieser Schurken kennen zu lernen, würde ich es kaum als eine geeignete Geschichte für Kinder ansehen."
Chloe hätte ihn umbringen können. Rebeccah blieb still sitzen und schlug enttäuscht die Augen nieder. Chloe bemerkte, wie sich die Schultern des Mädchens versteiften. „Wie schade, Monsieur. Die Kinder wären sicher glücklich gewesen, etwas über Piraten zu hören."
Sie beschloss, zu resignieren. Dieser Nachmittag war eine Katastrophe.
Sarah kletterte von ihrem Stuhl und setzte den Teddybären Samuel in einen Puppenwagen. Dann fuhr sie ihn im Kinderzimmer spazieren, ohne die Teegesellschaft weiter zu beachten.
„Darf ich auch spielen gehen?" fragte Rebeccah.
Chloe war überrascht, dass der Duke sofort seine Erlaubnis erteilte. Das Kind sprang erleichtert vom Stuhl, setzte sich mit
einigen Bilderbüchern auf eine Fensterbank und kehrte ihnen den Rücken zu.
Er blickte Rebeccah nur einen Moment lang nach, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder seiner jüngeren Nichte zuwandte.
„Warum sehen Sie Sarah so oft an?" fragte Chloe. Statt einer Antwort schweifte sein Blick in die Ferne, als würde er sich an ein längst vergangenes Erlebnis erinnern.
Sie räusperte sich, dann stand sie langsam auf. „Nun, das war ein sehr amüsantes Beisammensein, Euer Gnaden. Bitte besuchen Sie uns häufiger zum Tee. Die Kinder hatten sehr viel Spaß, nicht wahr? Auch ich hatte nur selten solch erheiternde Gesellschaft."
Sie bereute ihren grausamen Scherz auf der Stelle, doch er reagierte nicht einmal darauf. Er schien sie nicht einmal zu hören, sondern hatte sich völlig in sich selbst zurückgezogen.
Der Duke faltete seine Serviette geschickt zusammen und legte sie auf den Teller. Nachdem er sich erhoben hatte, ergriff er endlich wieder das Wort. „Am Montag werden Lord und Lady Rathford mit ihrer Tochter, Lady Helena, zum Dinner kommen. Ich würde Ihnen gerne meine Nichten vorstellen. Bereiten Sie die Kinder bitte auf dieses Treffen vor. Sollten Ausgaben damit verbunden sein, wenden Sie sich bitte an die Haushälterin, Mrs. ..."
„Hennicot."
„Mrs. Hennicot, ja."
„Natürlich, Euer Gnaden."
Sobald er gegangen war, setzte sich Chloe zu Rebeccah ans Fenster.
„Was liest du?" fragte sie sanft.
Nach einer Weile antwortete Rebeccah: „König Artus."
„Das ist eine meiner Lieblingsgeschichten", bemerkte Chloe lächelnd. „Als ich neulich mit dem Duke sprach, sagte er mir, wie gerne er die Sage von König Artus mag."
Rebeccah sah interessiert auf. „Wirklich?"
„Ich weiß ein großes Geheimnis über ihn."
Rebeccah war begeistert. „Ich werde es niemandem erzählen, bestimmt!"
„Ich glaube, der Duke ist schüchtern. Deshalb hat er heute nicht viel mit euch gesprochen. Er weiß einfach nicht, was er sagen soll. Siehst du, es geht ihm genau wie dir."
Das Mädchen wirkte sichtlich enttäuscht. „Das war das ganze Geheimnis?"
„Nein,
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