Entscheidung aus Liebe
zusetzen, bis Sie ihrem Willen nachkommen. Ich frage mich, ob Sie überhaupt eine eigene Meinung besitzen, oder
ob Sie ihr immer nur nach dem Mund reden."
Seine Augen weiteten sich, dann wandte er sich abrupt von ihr ab. „Das ist alles,
Miss Chloe. Ich entlasse Sie hiermit", sagte er.
„Dann soll ich also abreisen?"
Sein Kopf fuhr zu ihr herum. „Ich sagte nicht, Sie sollten auf der Stelle abreisen. Glauben Sie mir, wenn ich Sie meines Hauses verweise, dann werden Sie es wissen." „Aber Sie wünschen doch, dass ich gehe! Warum sollte ich damit noch warten?"
Er kam einen Schritt auf sie zu. Die Bewegung wirkte fast bedrohlich, doch ihr Stolz gebot ihr, auch einen Schritt auf ihn zuzugehen. Schließlich waren sie nur noch wenige Finger breit voneinander entfernt.
Sie musste den Kopf heben, um ihm in die Augen zu sehen, aber sie begegnete seinem Blick mutig.
„Sie sollten sich sehr gut überlegen, was Sie nun sagen, Miss Chloe."
„Aus welchem Grund, Sir? Damit ich diese kostbare Anstellung nicht verliere? Glauben Sie wirklich, dass ich darauf angewiesen bin oder mir sogar wünsche, als Gouvernante zu arbeiten? Mein Vater kann es sich sehr gut leisten, mich wieder zu Hause aufzunehmen. Vergessen Sie nicht meine Herkunft, Euer Gnaden. Immerhin ist mein Blut blau genug, dass meine Cousine für würdig erachtet wurde, den Duke of Strathmere zu ehelichen. Und auch ich entstamme keiner Ahnenreihe von Bettlern, das versichere ich Ihnen. Es wäre mir äußerst recht, wenn Sie mich auf der Stelle zu meiner Familie zurückschicken würden." Sie lächelte ihn bitter an. „Wir sitzen beide in der Falle, nicht wahr? Ich möchte diesen Ort verlassen, aber ich kann es nicht. Und Sie würden nichts lieber tun, als mich zu entlassen, aber Sie können es ebenso wenig. Die Kinder, Euer Gnaden. Da wir beide an ihr Wohlergehen denken, müssen wir unsere eigenen Wünsche vergessen."
Sein warmer Atem streifte ihre Wange. Seine Augen verloren plötzlich ihren wütenden Ausdruck und glitten langsam über ihr Gesicht. In diesem Moment entstand etwas Unerklärliches zwischen ihnen, und die Luft schien Funken zu sprühen. Chloe war sich sicher, dass auch er die beunruhigende Spannung spürte. „Wie Recht Sie doch haben", sagte er leise. Seine Stimme klang, als würde er noch eine tiefere Bedeutung in seine Worte legen. „Wir sind in der Falle. Gefangen, jeder von uns in seinem eigenen Gefängnis. Sie hätten es nicht treffender beschreiben können."
Sie blickte ihm in die Augen und nahm wieder den tiefen Schmerz wahr, der seine Seele quälte. Am liebsten hätte sie die Hände ausgestreckt und ihn tröstend berührt. Sie wollte diesen Augenblick festhalten, in dem er sie hinter seine Fassade blicken ließ und ihr zeigte, dass er nicht so schrecklich perfekt, allwissend und herzlos war. Guter Gott, hatte sie denn den Verstand verloren? Sie musste sich mit aller Kraft beherrschen, nicht die Arme um ihn zu legen.
„Bitte gehen Sie, Miss Chloe. Ich werde das Spielzimmer morgen zum Nachmittagstee aufsuchen. Ich erwarte, Sie dort anzutreffen."
„Dann bin ich also nicht von meinen Pflichten entbunden, Euer Gnaden?"
Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Es waren voreilige Worte, die Sie sofort durchschaut haben. Nein, ich werde Sie nicht von den Kindern trennen. Ich müsste ein Unmensch sein, ihnen so etwas anzutun. So sehr ich es bedaure, ich habe selbst gesehen, wie unersetzbar Sie sind."
Er bezog sich auf die Nacht, als er gesehen hatte, wie sie Rebeccah beruhigte. Ihr fiel wieder ein, dass sie sich beinahe unbekleidet seinen Blicken ausgeliefert hatte, und sie errötete tief.
„Aber verstehen Sie mich nicht falsch, Miss Chloe. Treiben Sie mich zu weit, und ich werde es dennoch tun. Und nicht etwa, um meine Macht zu demonstrieren oder als Sieger aus unserem Streit herauszugehen. Doch glauben Sie mir, ich werde niemals erlauben, dass Sie den Mädchen mit Ihrem unvernünftigen Benehmen schaden."
„Ich verstehe. Und ich bedaure dies alles sehr, Euer Gnaden. " Die seltsame Spannung zwischen ihnen war verschwunden, und sie fühlte sich auf einmal, als hätte sie etwas Kostbares verloren. „Ich glaube zwar immer noch, dass ich nicht falsch gehandelt habe. Trotzdem entschuldige ich mich dafür, dass ich mich Ihren Anordnungen widersetzt habe. Es wird nicht wieder vorkommen."
Er antwortete ihr nicht. Chloe erinnerte sich daran, dass er sie bereits gebeten hatte, zu gehen. „Nun, dann wünsche ich Ihnen noch einen
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