Entscheidung des Schicksals
hier. Dad hat sie gefunden, als er damals den Kolonialgarten für deine Mutter anlegte.“
„Mom lässt sie dich ausgraben?“
„Nein, sicher nicht“, murmelte sie. „Ich habe gefragt, ob ich Ableger davon nehmen darf.“
Ihre Begeisterung war ansteckend. Gabe musste lächeln. „Das klingt, als hättest du alles im Griff.“
„Bis auf den Papierkram. Aber dabei wird mir Mrs. Dewhurst helfen.“
Er kannte die Frau. Helene Dewhurst gehörte zum alten Geldadel und schlug ihre manikürten Klauen in alles, was in Camelot von Bedeutung war. „Wird es als Studienleistung anerkannt, wenn sie dir hilft?“
„Es ist nicht fürs College, ich tue es für Dad“, antwortete sie. „Du weißt ja, wie gern er die alten Hybriden gezüchtet hat, die man nirgendwo mehr sieht. Und wie du auch weißt, war er immer der Ansicht, dass man sein Wissen weitergeben soll.“
Von ihm hatte Addie den tiefen Respekt vor allem Alten und Ehrwürdigen geerbt, genau wie die Liebe zur Erde und den Wundern, die ihr entwuchsen. Außerdem hatte er ihr mehr über ProfiFootball beigebracht, als eine Frau nach Gabes Meinung darüber wissen sollte.
Ihre Stimme wurde noch sanfter. „Es würde ihm gefallen, dass seine Arbeit dazu beiträgt, etwas wieder zu erschaffen, das den Menschen Freude bereitet“, sagte sie mit einem wehmütigen Lächeln.
„Wie weit bist du mit deinen Nachforschungen?“
Ihre Schaufel schlug gegen den Rand des Eimers, als sie weiterging. „Ich hoffe, dass ich alles zusammenhabe, bevor ich aufs College zurückkehre.“
Also im Januar. „Wenn du es früher schaffst, gib mir deine Unterlagen, und ich werde dafür sorgen, dass der Antrag schnell bearbeitet wird.“
Addies Augen strahlten, als sie den Kopf hob. „Das würdest du tun?“
„Natürlich.“
Sie wehrte sich gegen die Euphorie, die in ihr aufstieg, denn sie war zu einem realistischen Menschen erzogen worden. „Ich schicke sie dir, sobald ich kann.“
„Sag meiner Sekretärin vorher Bescheid, damit sie nicht in der Post untergehen.“
„Das werde ich“, erwiderte sie und dankte ihm.
Sein Lächeln zog ihren Blick an. Sein Mund war auf unverschämte Weise sinnlich, das Kinn so markant und entschlossen wie er selbst. Das Grau seiner Augen glich der Farbe alten Zinns, und das dunkle Haar war sehr dicht und perfekt frisiert.
Er war ein attraktiver Mann, zudem noch groß, mächtig und unglaublich wohlhabend. Natürlich hatte er das Interesse jeder Frau im Landkreis geweckt, die insgeheim davon träumte, als Aschenputtel ihren Prinzen zu finden. Sein Anstand und seine Intelligenz hatten ihm den Respekt seiner Parteifreunde und Wähler und den Neid seiner politischen Gegner eingebracht. All das wusste Addie. Dennoch sah sie in ihm nur einen persönlichen Freund. Nicht, dass sie das jemandem erzählen würde. Schon als Kind war ihr bewusst gewesen, dass er und sie in verschiedenen gesellschaftlichen Sphären lebten.
Wie ihre Mutter und der Vater, den sie noch immer vermisste, war sie nur eine Angestellte der Kendricks. Und vom Personal wurde erwartet, dass es am Rand des Geschehens blieb und sich so unauffällig wie möglich benahm.
Das war Addie nie schwer gefallen. Sie war knapp einssechzig, schmal wie ein Schössling und in etwa so wohlgeformt und glich eher einem Mädchen als einer Frau von fünfundzwanzig Jahren. Die meisten der Menschen sahen durch sie hindurch, genau wie die vier manikürten, pedikürten und sehr aufwendig frisierten Frauen, die gerade auf Gabe zukamen.
„Der Garten ist prächtig, Tante Katherine“, hörte sie eine der jungen Ladys sagen. „Die Hochzeit wird wunderschön werden.“
„Das ist lieb von dir, Sydney“, antwortete Gabes goldblonde und elegante Mutter ihrer Nichte. In einer cremefarbenen Seidenbluse und grauer Hose sah Katherine Theresa Sophia von Luzandria – die jetzt eine Kendrick war – wie die Königin aus, die sie geworden wäre, wenn sie Gabes Vater nicht geheiratet hätte. Ihre zwei Töchter und die Nichte waren genau wie sie. Blond, edel und kultiviert.
„Ich hoffe nur, dass das Wetter nicht umschlägt“, fuhr Mrs. Kendrick fort. „Das Essen soll im Zelt auf dem Westrasen stattfinden, und ich würde die Trauung ungern ins Haus verlegen. Ich weiß wirklich nicht, warum wir nicht die Kathedrale in der Stadt genommen haben.“
„Weil ich zu Hause heiraten will“, erinnerte die strahlende Braut sie. „Und wir werden nichts nach drinnen verlegen müssen. Am Himmel ist keine einzige Wolke, und die
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