Entscheidung im Palast des Prinzen
geschah mit ihm? Durfte er es zulassen, dass eine Frau ihm so unter die Haut ging?
Nein, und es gab nur eine Lösung für dieses Dilemma: Er musste weg von ihr. Er würde Paige im Palast zurücklassen und dafür sorgen, dass es ihr an nichts fehlte. Hier sollte sie ihr Kind austragen. Er würde von Moskau aus seine Geschäfte führen und das Firmenimperium erweitern. Von Zeit zu Zeit wollte er Paige besuchen, um sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging, aber er würde nicht bleiben. Und er würde sie nie wieder anfassen.
Weil er Angst hatte, dann nie mehr damit aufhören zu können.
„Ich muss geschäftlich nach Moskau.“
Paiges Kopf schoss hoch. Sie hatte einen Spaziergang auf dem weitläufigen Palastgelände gemacht und eine Steinbank in einer Laube entdeckt. Hier war es friedlich und schön. Die Laube lag in einem geschützten Winkel, sodass die zartrosa Blüten einer Kletterrose schon wasserfallartig herabhingen und die Luft mit ihrem zarten Duft erfüllten. Auch die Umgebung sah ganz anders aus als bei ihrem ersten Besuch. Aus dem Winterwunderland war ein Frühlingsgarten geworden.
Allerdings war die Luft noch kühl, und obwohl Paige einen Pullover trug, fröstelte sie. Doch jetzt, als Alexej vor ihr stand, wurde ihr unwillkürlich warm. Wie sehr sie auch versuchte zu vergessen, sie musste immer daran denken, wie sie seinen wunderbar muskulösen Oberkörper gestreichelt und er ihre Liebkosungen erwidert hatte. Jetzt steckten seine Hände in den Hosentaschen, und sein Gesichtsausdruck wirkte undurchsichtig und verschlossen.
„Hallo, Alexej.“
„Ich werde ein paar Tage weg sein.“
„Ein paar Tage?“, fragte Paige mit klopfendem Herzen. Sie hatte damit gerechnet, dass er hin und wieder geschäftlich fortmusste, aber dass es bereits wenige Stunden nach ihrer Ankunft geschehen würde, hatte sie nicht erwartet. Alexej war der einzige Mensch, den sie hier kannte. Mit wem sollte sie reden, wenn er sie allein ließ? Was sollte sie den ganzen Tag machen? Sie war es gewohnt zu arbeiten und für sich selbst zu sorgen. Da konnte sie doch nicht auf einmal nichts tun!
Paige hatte das Gefühl, vom Regen in die Traufe geraten zu sein. Zuerst war es in ihrem Leben nur um die Bedürfnisse ihrer Schwester gegangen, jetzt war sie von den Launen eines Mannes abhängig, dem es nur um das Kind ging, das sie von ihm bekam. Alles, was sie jemals für sich hätte haben wollen – jeden Traum –, hatte er zerstört und ihr auch das letzte bisschen Unabhängigkeit genommen. Und nun ließ er sie hier zurück.
„Die Pflicht ruft“, erklärte Alexej schulterzuckend. „Du hast hier alles, was du brauchst. Und wenn es dir an etwas fehlt, sag Wassili Bescheid.“
„Kannst du nicht für ein paar Tage von hier aus arbeiten? Wir sind doch gerade erst angekommen.“
„Du verstehst nicht, welcher geschäftliche Druck auf mir lastet.“
„So, meinst du?“ Sie richtete sich auf. „Ich habe zwei Jahre lang im Energiesektor gearbeitet. Ich weiß, wie groß der Druck ist, der auf einem Firmenchef lastet. Ich habe für einen gearbeitet, weißt du noch?“
„Ja, aber für einen schlechten.“
Sie biss die Zähne zusammen. Das war wieder typisch für Alexej, ganz nebenbei ihren Exchef runterzumachen. „Ich mag Chad. Er war immer gut zu mir. Er hat mich sehr gut bezahlt, und er liebt meine Schwester.“
„Dann hast du also vergessen, wie er dich behandelt hat?“
„Was meinst du damit? Er hat mich nie schlecht behandelt. Das habe ich dir doch schon ein paar Mal erklärt. Wenn ich es mir recht überlege, hat er mich besser behandelt, als du es tust.“
Alexej kam einen Schritt auf sie zu und sah sie böse an. „Er hat dir nicht gesagt, dass er eine Affäre mit deiner Schwester hat. Wenn ich mich recht erinnere, haben sie in diesem Punkt beide gelogen. Und du hast dich wegen ihrer Lügen in Gefahr gebracht.“
„Das habe ich nicht gemeint“, sagte Paige mit neuerlichem Herzklopfen.
„Nein, natürlich nicht. Du hast vergessen, dass dich diese Männer vergewaltigt hätten, wenn ich dir nicht geholfen hätte. Aber natürlich bin ich derjenige, der dich schlecht behandelt hat.“
Paige strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Alexejs Blick schien einen Moment auf ihren Lippen zu verweilen, bevor er wegsah.
„Ich habe mich in jener Nacht für deine Hilfe bedankt, Alexej. Aber seitdem hast du nichts mehr getan, das zu meinem Wohl gewesen wäre, sondern nur noch Dinge, die gut für dich waren.“
Ruckartig wandte
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