Entscheidung im Palast des Prinzen
so gut Russisch spricht?“
„Ich dachte, er hätte es auf dem College gelernt“, antwortete sie spontan und sah dann wie gebannt auf ihre gefalteten Hände. Als ob es an der Tagesordnung wäre, in amerikanischen Colleges Russisch zu lernen! Gab es eigentlich irgendeinen Punkt, in dem Chad sie nicht getäuscht hatte?
„Er hat es von seiner Mutter gelernt, genauso wie sie ihm beigebracht hat, uns zu verabscheuen.“
„Aber warum denn?“
Alexejs Gesichtszüge erstarrten. „Die Familie meines Vaters hielt seine Verbindung mit meiner Mutter für nicht standesgemäß, und das hat uns gewissermaßen entzweit. Als mein Vater starb, hat sich meine Großmutter deutlich gegen uns ausgesprochen. Sie hatte damals Beziehungen, die es ihr ermöglichten, meiner Mutter das Leben schwerer zu machen als nötig.“
Wie konnte sich eine Frau ihren Enkeln gegenüber so verhalten, selbst wenn sie ihre Schwiegertochter nicht leiden konnte? Das war doch grausam und eigentlich unvorstellbar.
„Und welche Rolle spielte Chads Vater dabei?“, fragte sie.
„Als Tim Russell mit der Perestroika sein Geschäft auf die ehemalige Sowjetunion ausdehnen wollte, schlug seine Frau, meine Tante Elena, ihm vor, meiner Mutter das Stück Land abzuluchsen, das mein Vater ihr vererbt hatte.“
„Ich fürchte, ich verstehe den Zusammenhang nicht“, sagte Paige kopfschüttelnd.
„Wir hatten doch nur dieses Stück Land, Paige.“ Alexej fuhr sich durchs Haar. „Und Russell hat es meiner Mutter abgeschwatzt. Er hat ihr leere Versprechungen gemacht und behauptet, dass er sie an seinen Profiten beteiligen würde, wenn er erst einmal in Russland Fuß gefasst hätte. Natürlich war das später alles vergessen.“
„Aber er hat euch doch Geld für das Grundstück bezahlt?“
Alexej schnaubte verächtlich. „Ja, aber viel weniger, als es wert war. Als er dort dann auch noch auf Öl stieß, weigerte er sich erst recht, meine Mutter an den Gewinnen zu beteiligen. Sie ist einfach zu vertrauensselig gewesen, und am Ende hatten wir nichts mehr.“
Paige verstand jetzt, warum Alexej die Russells nicht leiden konnte. Aber so erfolgreich, wie er inzwischen war, brauchte er doch keinen derartigen Rachefeldzug. Immerhin lag das alles zwanzig Jahre zurück, Tim Russell war längst tot und Alexej inzwischen Milliardär. Was seiner Familie geschehen war, tat ihr leid, aber ihr tat auch Chad leid. Alexej und er waren beide Opfer eines geldgierigen Mannes geworden und hatten noch mehr Gemeinsamkeiten. Im Grunde waren sie sich ziemlich ähnlich.
„Könntet Chad und du die Vergangenheit nicht begraben? Ihr seid immerhin verwandt!“
„Niemals!“, stieß Alexej hervor. „Chad und seine Mutter bedeuten mir gar nichts“, fügte er noch hinzu und überlegte, warum er ihr von seiner Familiengeschichte erzählt hatte. Eigentlich hatte er ihr nur mitteilen wollen, dass der Hubschrauber bereitstand. Aber jetzt sah sie ihn mit diesen großen Augen an und verstand seine Beweggründe nicht wirklich. Wie auch? Dazu müsste er ihr erzählen, was mit Katherina geschehen war. Dann würde Paige vielleicht sogar auf ihn zukommen und ihn in die Arme nehmen.
Aber er konnte es ihr nicht erzählen. Er durfte nicht zulassen, dass Paige ihn berührte. Und er konnte auch nicht laut aussprechen, was Katherina zugestoßen war. Das hatte er noch keinem Menschen erzählt. Niemand wusste, dass er in Dallas um ihr Leben gebettelt hatte. Niemand wusste, dass Tim Russell ihm ins Gesicht gelacht hatte, um ihn dann hinauszuwerfen. Das Ganze war zu demütigend gewesen, um es in Worte zu fassen.
„Es ist nicht ganz so einfach, wie es klingt“, meinte er schließlich nur.
„Aber was hat dir Chad denn getan? Dir persönlich, meine ich?“
Paige sah ihn hoffnungsvoll an. Als ob sie ihn dazu bringen wollte zu erkennen, dass er falsch gehandelt hatte, damit er sich mit dem letzten noch lebenden Zweig seiner Familie versöhnte. Das war typisch Paige. Immer versuchte sie, es allen recht zu machen, aber das ging nun einmal nicht.
„Chad hat zusammen mit Russell Tech auch die Antipathie mir gegenüber geerbt. Ich kann dir versichern, Paige, dass ich jetzt in seiner Lage wäre, wenn er den Walischnikow-Deal abgeschlossen hätte.“
„Das glaube ich sogar, aber es muss zwischen euch doch nicht so bleiben. Nur einer von euch müsste sein Verhalten ändern. Du solltest zu ihm gehen, mit ihm sprechen …“
„Aufhören“, befahl er mit rauer Stimme, und sie hörte ihm an, wie sehr er die
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