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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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ratlosen Geste breitete er die Arme aus. „Sie sagten selbst, ich verdiente eine Erklärung. Also geben Sie mir eine, die einen Sinn ergibt.“
    Sie sah ihn lange schweigend an, bis er nahe daran war, die Geduld zu verlieren.
    Endlich redete sie. „Nun gut. Vielleicht sind Sie ja das Problem, aber nicht so, wie Sie meinen. Haben Sie je daran gedacht, dass Sie mir zu sehr ans Herz gewachsen sein könnten während unseres Zusammenseins?“
    Hawthorn fiel aus allen Wolken. An diese Möglichkeit hatte er allerdings nicht gedacht, und er hätte ihren Worten auch jetzt keinen Glauben geschenkt, wäre da nicht der liebevolle Glanz in ihren Augen gewesen, nicht das Prickeln ihres Kusses auf seinen Lippen.
    „Das begreife ich nicht.“ Sein müder Verstand hatte Mühe, den Sinn ihrer Worte aufzunehmen. „Wieso sollte das ein Problem sein?“
    Felicity schüttelte gereizt den Kopf. „Offenbar habe ich Ihre Klugheit überschätzt, Mr. Greenwood. Sagen Sie mir, wie fühlten Sie sich, nachdem Sie meinen Brief gelesen haben?“
    „Nun … ich …“, stotterte Hawthorn, der nicht eingehend über seine Gefühle nachzudenken pflegte, geschweige denn, darüber zu reden. Je tiefgründiger seine Empfindungen waren, desto schwerer fiel es ihm, sie in Worte zu fassen.
    „Waren Sie … froh darüber?“, hakte sie im Tonfall einer geduldigen Lehrerin nach, die einen begriffsstutzigen Zögling vor sich hatte.
    Und genau wie ein verlegener Schuljunge schüttelte Hawthorn verständnislos den Kopf.
    „Vielleicht werden Sie mir nicht glauben“, flüsterte sie. „Aber mir fiel es gewiss nicht leicht, Ihnen diese Zeilen zu schreiben.“
    Er wollte ihr nicht glauben, aber der wehmütige Anflug in ihrer Stimme überzeugte ihn beinahe.
    Felicity trat an das kleine Fenster und richtete den Blick auf das wellige grüne Tal von Berkeley. „Aber mir blieb keine andere Wahl. Wenn uns die Trennung jetzt schon zu schaffen macht, stellen Sie sich vor, wie schwer sie uns in einem Monat gefallen wäre, wenn wir die Affäre fortgesetzt hätten.“
    So gesehen ergab das jähe Ende einen gewissen Sinn, wobei Hawthorn sich hütete, diesen Gedanken laut auszusprechen.
    Er betrachtete Felicitys fein geschnittenes Profil, ihr brünettes Haar, das im Schein der Sonne aussah wie gesponnenes Kupfer, und fragte sich, aus welchem Grund sie sich je trennen sollten.
    Würde Hawthorn ihr glauben?, fragte Felicity sich, während sie über die sanft wogende Landschaft blickte, die sich der Mündung des Severn zuneigte.
    Warum nicht? Alles, was sie gesagt hatte, entsprach der Wahrheit.
    Es war ihr sehr schwergefallen, diesen Brief zu schreiben. Bei all ihren Bemühungen, die Affäre locker und unbeschwert zu gestalten, war ihr ernsthafter und diskreter Liebhaber ihr weit mehr ans Herz gewachsen, als sie erwartet oder sich gewünscht hätte.
    Und je länger sie ihn in ihrer Nähe duldete, desto schmerzlicher würde der Abschied für beide werden.
    Hawthorn Greenwood war kein Dummkopf. Er tat sich zwar nicht als besonders geistreich und genial hervor, aber er vertrat vernünftige Ansichten und beharrte nicht starr auf einer einmal gefassten Meinung. Er behauptete nicht, über jedes Thema Bescheid zu wissen, und gab auch nicht zu allem, was um ihn herum geschah, einen Kommentar ab. Andererseits gab es kaum etwas, das seinem wachen Blick entging.
    Wenn sie ihm also zu lange Zeit zum Überlegen ließe, würde er den Verdacht schöpfen, sie halte etwas zurück – etwas von großer Wichtigkeit.
    Felicity hielt sich alles, was für sie auf dem Spiel stand, vor Augen, atmete tief und straffte die Schultern. Die Zukunft würde ihr noch reichlich Gelegenheit bieten, in wehmütigen Erinnerungen zu schwelgen. Nun galt es, entschieden zu handeln.
    „Jetzt verstehen Sie also.“ Sie zwang sich, Hawthorn ins Gesicht zu sehen. „Wir beide sind erfahren und vernünftig genug, um zu erkennen, wann eine Romanze vorbei ist. Mein Neffe und Ihre Schwester sind zu jung und unerfahren, um zu erkennen, welche katastrophalen Folgen diese Flucht für beide nach sich ziehen könnte. Ich muss sie einholen, bevor sie Schottland erreichen. Da ich nun ausgeruht bin, ist es höchste Zeit zur Abreise.“
    „Einverstanden.“ Er kam mit steifen, ruckartigen Bewegungen auf die Beine. „Wie ich meine Schwester kenne, hat das Pärchen erst am späten Vormittag die Reise fortgesetzt. Der Vorsprung hat sich also vermutlich beträchtlich verkürzt. Wenn das Wetter anhält, können wir sie vielleicht

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