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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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wollte.“
    Er erwähnte nicht, wie sehr er gegen den Wunsch angekämpft hatte, sich neben ihr auf dem schmalen Bett auszustrecken. Hätte sie ihn beim Erwachen neben sich vorgefunden, vermutlich wäre eine schallende Ohrfeige ihre Antwort gewesen.
    Sein milder Ton schien Felicitys Zorn zu kühlen. Sie rieb sich die Augen, streckte sich und knöpfte die Jacke ihres Reisekostüms zu. Seine Finger kribbelten beim Gedanken daran, wie er ihre nackten Brüste liebkost hatte.
    Er lockerte sein Seidentuch um den Hals, das ihm plötzlich zu eng geworden war.
    Felicity fixierte ihn mit einem Blick, in dem nun eine Mischung aus Zärtlichkeit des ersten Erwachens und dem strafenden smaragdgrünen Funkeln im Moment des Erkennens lag. „Haben Sie den jugendlichen Verbrecher hinter Schloss und Riegel gebracht?“
    „Wie man’s nimmt.“ Hawthorn machte sich auf einen weiteren Streit gefasst, für den er sich allerdings zu kraftlos fühlte. „Haben Sie sich den Strolch genauer angesehen? Ein Milchbart. Und seine Pistole war nicht einmal geladen.“
    „Haben Sie ihn etwa laufen lassen?“ Felicity blinzelte, als frage sie sich, ob sie träume.
    „Natürlich nicht.“ Wie konnte sie so etwas nur von ihm denken? „Dieser Dummkopf hat das schwere Verbrechen begangen, Reisende auszurauben und in Todesangst zu versetzen. Trotzdem habe ich es nicht über mich gebracht, ihn dafür hängen zu lassen.“
    „Was haben Sie getan?“
    „In Berkeley ist ein Regiment stationiert, das Soldaten rekrutiert. Ich stellte den jungen Taugenichts vor die Wahl, entweder im Gefängnis zu landen, oder sich von der Königlichen Infanterie anwerben zu lassen. Die Armee braucht jeden Mann, wenn General Wellington diesen machthungri gen Bonaparte ein für alle Mal in seine Schranken weisen will. Der Bursche war so vernünftig, sich für die Armee zu entscheiden.“
    Felicity sprang vom Bett und stürzte sich auf Hawthorn, der bereits in Deckung ging.
    Aber was war das? Statt der erwarteten trommelnden Faustschläge, schlang sie ihre Arme um seinen Hals und presste ihre Lippen auf seinen Mund in einem Kuss, der sich von allen bisherigen Küssen unterschied.
    Sie waren leicht und neckend, tief und sinnlich oder leidenschaftlich und fiebernd gewesen – aber immer hatten sie zu ihrem Liebespiel gehört. Dieser Kuss war voller Unschuld und Dankbarkeit, und Hawthorn spürte dahinter eine tiefere Empfindung.
    Eine süße Wärme durchspülte ihn von Kopf bis Fuß, als würde nach eisigen grauen Wochen voller Schnee und Eis das erste Mal die Sonne wieder auf ihn scheinen.
    Als Felicity sich schließlich von ihm löste, beinahe so schockiert über ihr Tun wie er, dauerte es eine Weile, bis Hawthorn wieder zu Atem kam. „Wofür zum Teufel war das?“
    „Das …“ Sie stellte sich auf Zehenspitzen und hauchte ihm einen keuschen Kuss auf die Stirn. „ … ist die Belohnung, weil Sie ein kluger und mitfühlender Mann sind.“
    Wäre er nur so halb so klug gewesen, wie Felicity anzunehmen schien, hätte er jetzt den Mund gehalten. Aber er stellte die Frage, die ihm seit Tagen keine Ruhe ließ.
    „Wenn ich ein solcher Ausbund an Tugend bin, warum waren Sie dann so versessen darauf, mir den Laufpass zu geben?“
    Felicity zuckte erschrocken zusammen und wirkte plötzlich so verletzlich, wie er sie nie zuvor gesehen hatte. Ein Schatten von Wehmut und Bedauern verdunkelte ihre Augen, und er hätte sich ohrfeigen können, diese Frage gestellt zu haben.
    Andererseits brauchte er Gewissheit, und dies war vielleicht die einzige Gelegenheit, eine aufrichtige Antwort von ihr zu erhalten. „Ich dachte, wir beide hätten eine Abmachung getroffen. Es schien wunderbar zu funktionieren.
    Doch plötzlich aus dem Nichts erhielt ich Ihren Brief, mit dem Sie alles beendeten. Verdiene ich nicht wenigstens eine Erklärung?“
    „Sie verdienen mehr als das, Hawthorn, aber mehr kann ich Ihnen nicht geben.“ Felicitys Stimme schwankte unsicher. Sie presste die Lippen aufeinander und holte tief Atem, bevor sie weitersprach. „Meine Entscheidung hat nichts mit Ihnen zu tun. Ich hätte mir größere Mühe geben müssen, Ihnen das in meinen Zeilen zu erklären.“
    Ihr sanfter, mitleidvoller Ton ärgerte ihn. „Ich bin kein Kind, Felicity! Sie müssen nicht lügen, nur um meine Gefühle zu schonen.“
    „Männer!“, zischte sie entrüstet. „Ihr seid alle gleich. Ständig denkt ihr, alles müsse sich um euch drehen.“
    „Wenn ich nicht das Problem bin, was dann?“ In einer

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