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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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sie allerdings las, konnte sie sich nicht erklären. War es Gelassenheit oder kalte Wut? Stummer Schmerz? Bittere Enttäuschung? Oder eine Mischung aus allem? Aber da war noch etwas anderes, das ihr mehr zusetzte, als sie sich eingestehen wollte.
    Er beschämte sie nicht damit, ihre Nacktheit anzustarren. Stattdessen blickte er ihr tief in die Augen und stellte eine stumme Frage, als suche er eine Antwort, die Felicity ihm nicht geben durfte und wollte.
    „Ich sagte dir einmal, wir könnten uns nicht aussuchen, wer uns Zuneigung schenkt.“ Er klang nicht wirklich wütend … nur sehr bestimmt. „Ich verlange nichts von dir, Felicity, und ich werde niemals etwas von dir annehmen. Aber du kannst meinem Herzen keine Vorschriften machen … genauso wenig wie ich es kann.“
    Er hätte jedes Recht, wütend auf sie zu sein, überlegte Felicity, und ein brennendes Schamgefühl stieg in ihr auf. Jedes Recht, das kostbare Geschenk zurückzunehmen, das sie gezwungen war zu verschmähen. Beinahe alle Menschen in ihrem Leben hatten sich von ihr abgewandt, weil Felicity nicht das tun oder sein konnte, was andere von ihr wünschten.
    Warum sollte ausgerechnet Hawthorn Greenwood anders sein?
    Weil er besonders ist, flüsterte ihr Herz. Weil er seine Liebe nicht leichtfertig verschenkte. Aber wenn er sie einmal verschenkte, waren seine Gefühle beständig wie die Natur im Wechsel der Jahreszeiten, zuweilen brachliegend, aber stets bereit, von Neuem zu erblühen.
    In diesem Augenblick wünschte Felicity sich nichts sehnlicher, als in seine Arme zu sinken und das anzunehmen, was er ihr bot.
    Aber sie hatte nicht mit der Übelkeit gerechnet, die in ihr hochstieg, so plötzlich und überwältigend wie nie zuvor. Sie wagte nicht zu sprechen, aus Angst, es könnte mehr als nur Worte aus ihr heraussprudeln, schlüpfte hastig ins Kleid und stieß Hawthorn beiseite.
    Eilig stürmte sie aus dem Zimmer, den Korridor entlang, die Treppe hinunter und durch die Hintertür ins Freie.
    Es war zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen außer vagen Umrissen und Schatten, dennoch wusste Felicity, dass die Stallungen in der Nähe waren. Der Geruch nach Pferdemist überwältigte sie, und sie konnte nicht mehr an sich halten.
    Anschließend fühlte sie sich nicht erleichtet, sondern verlassen und einsam. Die Leere in ihr glich der ihres Lebens, bevor Hawthorn Greenwood begonnen hatte, sie in seiner ruhigen Gelassenheit auszufüllen.
    Vielleicht, dachte Felicity und kauerte sich schlotternd gegen die Hauswand, musste sie ihre Zukunftspläne noch einmal überdenken – Pläne, in denen es keinen Platz gegeben hatte für einen Mann, schon gar nicht für den Vater ihres ungeborenen Kindes.
    Zunächst aber musste sie Abstand gewinnen, um in Ru he nachzudenken und zu einer Entscheidung zu gelangen. Nicht nur ihr eigenes Wohlergehen stand auf dem Spiel, es ging auch um die Zukunft ihres Kindes. Sie durfte nicht zulassen, dass der Sturm widersprüchlicher Gefühle, den Hawthorn in ihr entfacht hatte, ihre Pläne zunichtemachte.
    Sie durfte nicht riskieren, dass er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, da er darauf bestehen würde, sie aus Pflichtgefühl zu heiraten. Und wenn es etwas gab, das die Beständigkeit seiner Gefühle für sie vergiften würde, dann wäre es eine erzwungene Heirat.
    Sie verdiente Besseres. Ebenso ihr Kind. Und Hawthorn.
    Um ihrer aller willen musste sie Oliver umstimmen und zurückholen, sich danach zurückziehen, um nachzudenken und ihre Möglichkeiten abzuwägen. Sie konnte sich dann immer noch entschließen, es zu wagen, und ihr Herz an Hawthorn verschenken.
    Rasche Schritte näherten sich. Sie hatte gerade noch Zeit, sich aufzurappeln, bevor Hawthorn sie erreichte.
    „Felicity?“ Er stand breitbeinig vor ihr und nahm sie bei den Schultern, um ihr Halt zu geben. „Was tust du hier draußen? Wieso bist du weggelaufen?“
    Sie stieß ihn unsanft ins Haus zurück, um zu verhindern, dass er den säuerlichen Geruch des Erbrochenen bemerkte. „Und was tust du hier draußen in den nassen Sachen?“
    Er lachte leise. „Ich friere lieber, als unnötiges Aufsehen zu erregen, indem ich nackt durchs Haus spaziere.“ Er wurde wieder ernst. „Komm bitte ins Haus. Leg dich zu Bett. Ich verspreche dir, ich werde dich nicht belästigen. Wenn du willst, lasse ich dich allein.“
    „Thorn, ich …“
    Während sie nach Worten suchte, um ihr sonderbares Verhalten zu rechtfertigen, hörte Felicity wieder Schritte. Diesmal vom Hof her, begleitet von

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