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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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wandte sie sich an Hawthorn, der sich in der Halle in einer Mischung aus Bewunderung und Verwirrung umsah. Diese Wirkung hatte Trentwell damals jedenfalls auf sie ausgeübt bei ihrer Ankunft als Percys Braut.
    Neben der breiten Mahagonitreppe, die in einem eleganten Schwung in die oberen Etagen führte, hing ein riesiges Porträt des ersten Lord Lyte, der mit finster umwölkter Stirn auf die Besucher herabblickte. „Ziemlich imposant, wie?“
    „Sehr sogar.“ Hawthorn schluckte. „Heartsease ist in meinen Augen ein grandioses Bauwerk, aber verglichen mit diesen Ausmaßen wirkt es wie ein Pförtnerhaus. Und wenn ich an unser bescheidenes altes Barnhill denke … es würde wohl fünfmal hier hineinpassen, und man hätte immer noch Platz genug.“
    „Ein solches Heim ist ja auch wesentlich vernünftiger.“ Felicity führte ihn zur Südgalerie. „Einen Palast dieser Größe kann man gar nicht besitzen. Vielmehr besitzt dieses Haus seine Bewohner.“
    Sie würde dieses Anwesen auf jeden Fall bald aufgeben, das schwor sie sich. Sobald die leidige Angelegenheit mit Oliver und Ivy geregelt war, wollte sie einen Käufer für diese feudale Monstrosität finden, ein hübsches kleines Land haus kaufen und ihr Kind darin großziehen – weit weg von Hawthorns Landgut in Buckinghamshire.
    „Und was hat es mit diesem Rajah Salon auf sich?“, fragte er auf dem Weg durch eine lange Galerie mit hohen Fenstern, in der weitere Porträts der Vorfahren von Percy Lyte hingen.
    Felicity blieb an einer offenen Doppeltür stehen. „ Dies ist der Rajah Salon. Percys Urgroßvater erwarb ein großes Vermögen durch seine Beteiligungen an der East India Company. In späteren Jahren sammelte er Kunstschätze und Kuriositäten aus Indien.“
    Sie hatte diesen mit Antiquitäten und Schätzen aus dem Orient überladenen Salon für die Teestunde gewählt, weil sein Inventar reichlich Gesprächsstoff bot, um kein beklemmendes Schweigen aufkommen zu lassen.
    Staunend schlenderte Hawthorn durch den Salon und stellte unpersönliche Fragen über die Tigerfelle auf dem Sofa, die geschnitzten Elefanten aus Elfenbein und die mehrarmigen Gottheiten, die in einem kunstvoll geschnitzten Kabinett aus Teakholz standen.
    „Und dieser Korb in der Ecke?“, fragte er schließlich. „Er ist zwar sehr schön geflochten, aber verglichen mit den anderen Schätzen wirkt er irgendwie fehl am Platz.“
    „Ach, der!“ Felicity lachte und fühlte sich ein wenig gelöster. Sie erklärte ihm alles mit solchem Eifer, dass sie beinahe vergaß, wie bald er für immer aus ihrem Leben verschwinden würde.
    „Percys Urgroßvater soll viele Jahre eine lebende Schlange in diesem Korb gehalten haben, bis sie eines Tages den Diener in die Hand biss, der sie füttern musste.“
    Hawthorn trat unwillkürlich einen Schritt zurück. „Für ein Haus, das so viel jünger ist als Barnhill, hat Trentwell eine Menge interessanter Geschichten zu erzählen.“
    Bevor Felicity eine weitere Anekdote zum Besten geben konnte, trat ein Diener mit einem Tablett in den Händen ein, das er auf einem niedrigen Tisch abstellte, dessen grün geäderte Marmorplatte von vier Elefanten aus grünem Terrakotta getragen wurde.
    Felicity lief das Wasser im Mund zusammen, so verführerisch köstlich dufteten der frisch gebrühte Tee und der aromatische Gewürzkuchen.
    Durch die offenen Türen des Salons nahm sie unvermutet eine Bewegung in der Galerie wahr, eine Männergestalt, die sich eilig entfernte.
    Schnell huschte sie an dem Diener vorbei und rief in die Galerie hinein: „Oliver? Komm bitte! Mr. Greenwood und ich haben etwas mit dir zu besprechen.“
    Jäh blieb der junge Mann stehen und drehte sich auf dem Absatz seiner glänzend polierten Reitstiefel um.
    Felicity blickte ihm lange ins Gesicht, ohne ihn zunächst zu erkennen. Sie wusste nur, dass das Gesicht nicht ihrem Neffen gehörte … und dann sah sie die Verletzungen. Drei blutige Kratzer zogen sich seine gebräunte Wange entlang, die andere Wange war stark geschwollen, als habe er heftige Zahnschmerzen. Außerdem hielt der junge Mann seine linke Hand merkwürdig abgewinkelt, als sei auch sie verletzt.
    „Rupert Norbury?“
    Den aufdringlichsten und frechsten der unehelichen Söhne ihres verstorbenen Ehemanns hatte Felicity nie zuvor in einem derart zerzausten Zustand gesehen. Söhne, deren Mütter behaupteten , Percy habe sie gezeugt, fügte sie im Stillen hinzu.
    „Was ist passiert? Und wieso bist du in Trentwell? Solltest du nicht

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