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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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konnte, unterdrückte der junge Diener ein Gähnen.
    Plötzlich klangen Hawthorns Worte in ihr nach, so deutlich, als stünde er neben ihr und wiederhole sie.
    Auch Dienstboten verdienen Rücksichtnahme.
    Und später, als er von Merritt Temple gesprochen hatte: Seine Frau war der Meinung, sie habe das Recht, ihn wie einen Dienstboten herumzukommandieren.
    Sie blickte nun zu Ned hoch, der geduldig auf Antwort wartete.
    „Ja, bringe meinen Koffer bitte ins Haus. Und danach begibst du dich mit Mr. Hixon schleunigst in die Küche, und lasst euch von der Köchin starken Tee aufbrühen und eine ordentliche Mahlzeit vorsetzen.“
    Über das Dach des Wagens tauschten Stallmeister und Diener zufriedene Blicke.
    „Sehr wohl, Mylady“, antworteten beide im Chor.
    Felicity nickte und näherte sich dem Springbrunnen.
    „Schön, nicht wahr?“ Sie hielt den Blick auf die drei Marmorschwäne gerichtet. „Für die Gestaltung des Brunnens ließ Percys Urgroßvater einen berühmten Bildhauer aus Italien kommen.“
    „Ein wahrhaft großer Meister“, bestätigte Hawthorn zerstreut, als seien seine Gedanken woanders.
    Sie aber wollte seine ganze Aufmerksamkeit gewinnen und schalt sich gleichzeitig dafür.
    „Der Bildhauer hat auch lange genug gebraucht, um den Brunnen fertigzustellen.“ Sie zwang sich zu einem leichten Plauderton, obgleich ihr nicht danach zumute war. „Er blieb ewig, bis Percys Urgroßvater drohte, ihn nicht zu bezahlen, und behauptete, er habe so lange freie Kost und Logis genossen, dass diese Ausgaben die Summe für seine Arbeit längst überschritten hätten. Nun ja, diese Geschichte hat man mir jedenfalls erzählt, als ich zum ersten Mal nach Trentwell kam.“
    Sie warf Hawthorn einen flüchtigen Blick zu, um zu erfahren, ob er ihr überhaupt zuhörte. Und als er sie unverwandt ansah, geriet ihr Herz ins Stolpern.
    „Und dann?“, fragte er. „Hat der Meister sein Werk vollendet?“
    „Am nächsten Morgen war er verschwunden.“ Felicity genoss das pikante Ende der Anekdote. „Zusammen mit der ältesten Tochter seines Auftraggebers.“
    „Aha.“ Er verzog die Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln. „Für Kunstwerke werden ja bekanntlich hohe Summen bezahlt … aber eine Tochter? Ein wahrlich hoher Preis.“
    Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie die junge Dame sich mit ihrem Geliebten zu heimlichen Stelldicheins auf dem weitläufigen Anwesen getroffen hatte. Es gab viele Verstecke auf Trentwell, wie geschaffen für romantische Schäferstündchen.
    Ungebeten schossen ihr Bilder durch den Kopf, wie sie mit Hawthorn Zärtlichkeiten unter dichten, tief hängenden Zweigen alter Bäume tauschte.
    „Wir wollen ins Haus gehen“, platzte sie unvermittelt heraus, um ihre sündigen Gedanken zu verdrängen, „nehmen wir Erfrischungen zu uns und warten auf Oliver und Ivy!“
    Weitere Bilder stiegen in ihr hoch. Percys Großtante, die händeringend flehte, der Tag der Abreise ihres Geliebten möge nie kommen. Vermutlich hatte der Künstler sie überredet, mit ihm zu fliehen. Wie zerrissen sie gewesen sein musste, ihre Familie zu verlassen und ihr privilegiertes Leben aufzugeben für eine freie, allerdings ungewisse Zukunft mit dem Fremden, den sie liebte.
    „Nun, Lady Lyte … kommen Sie?“
    Sie riss sich aus ihren Gedanken und folgte Hawthorn, der bereits ein paar Schritte vorausgegangen war.
    „Ja, natürlich.“ Sie hatte ihn eingeholt, als ein Regentropfen ihre Wange benetzte. „Sonst werden wir noch nass.“
    Seite an Seite überquerten sie den Vorplatz und stiegen die breiten Marmorstufen hinauf. Felicity legte Handschuhe und Umhang ab und reichte sie dem Diener, der sie in der hohen Empfangshalle erwartete.
    „Soll ich ein paar Männer losschicken, um Master Oliver und seine Begleiterin zu suchen, Mylady?“
    Sie brachte es nicht über sich, die letzten vertraulichen Minuten mit Hawthorn vorzeitig zu beenden. „Wir wollen nichts überstürzen. Sie lassen gewiss nicht mehr lange auf sich warten. Es wird gleich heftiger regnen.“
    Der Diener verneigte sich höflich. „Kann ich noch etwas für Sie tun, Mylady?“
    „Oh ja. Mr. Greenwood und ich nehmen den Tee im Rajah Salon ein.“
    „Mr. Greenwood?“
    „Ja. Mr. Greenwood ist der Bruder der jungen Dame in Begleitung meines Neffen.“ Felicitys hoheitsvoller Ton verbot dem Diener, sich etwas Unschickliches dabei zu denken. „Sagen Sie der Köchin, wir beide seien vollkommen ausgehungert.“
    Nachdem der Diener sich zurückgezogen hatte,

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