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Entscheidungen

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Titel: Entscheidungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hoehne
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so ernst, so alt.
    Ich hoffte inständig, dass er heute Abend noch auftauchen würde.
    Sam war gegen Morgen aufgebrochen, zurück zu Jona.
    Ich verzog das Gesicht. Dass er ausgerechnet Unterschlupf bei einer Vampirdame gefunden hatte, passte mir ganz und gar nicht. Wahrscheinlich war sie ein heißer Feger mit Superkräften. Waren nicht alle Vampire gutaussehend und unwiderstehlich? Ich dachte an die drei Gestalten, die mich am vergangenen Abend fast getötet hätte: Der große Kerl mit dem Mantel, der Blonde und der Bibliothekars-Verschnitt mit der Nickelbrille. Nein, unwiderstehlich waren die ganz sicher nicht gewesen. Eher das totale Gegenteil. Trotzdem hatten sie eine ungeheure Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Das war wirklich unfair!
    Doch bestimmt war Jona eine heiße Blondine, die schon seit Jahrhunderten über diesen Planeten schwebte und allen Vampiren und Nicht-Vampiren den Kopf verdrehte. Ich hatte es irgendwie im Gefühl.
    "Du bist sooooo doof, Lily", rief ich mich selbst zurecht, während ich versuchte, meine Zimmertür aufzuschließen. Noch ehe ich jedoch den Schlüssel umdrehen konnte, öffnete sie sich bereits und mir glitt der Käfig gefährlich aus den Fingern. In letzter Sekunde fing ich ihn auf und schüttelte leise fluchend meine schmerzende Hand.
    "Tut mir leid." Mike sah mich mit großen Augen entschuldigend an. Er war wieder ganz in schwarz gekleidet. Selbst tagsüber trug er einen dicken Lidstrich um die Augen herum, er schien mehr Make-Up zu benutzen als ich.
    Er lächelte schüchtern, und ich konnte nicht umhin, ihn zu mögen. Immerhin war er in Vanessa verliebt, das musste ihn doch zu einem guten Menschen machen, auch wenn er einen leicht ausgeprägten Vampirtick hatte. Aber ich hatte ja auch gut reden.
    "Schon ok", murmelte ich und zwang mich zu einem Lächeln.
    "Kann ich dir was abnehmen?"
    "Geht schon, danke." Ich zwängte mich an ihm vorbei durch die Tür und stellte den Käfig auf die kleine Kommode. Erwartungsvoll sah ich mich um.
    Vanessa stand vor dem großen Spiegel und begutachtete sich von oben bis unten. Sie trug ein langes schwarzes Kleid, was mich stark an eines ihrer Outfits aus der High School erinnerte. Hatte sie die Phase nicht eigentlich schon hinter sich gebracht?
    "Wir wollen heute Abend ins 'Darkness'. Willst du mit?" Sie drehte sich einmal um ihre eigene Achse und strahlte mich dann an.
    "Ich kann nicht." Ich schüttelte den Kopf und dachte unwillkürlich an Xander.
    "Wieso nicht?"
    "Sam." Ich zuckte entschuldigend die Achseln und fühlte mich augenblicklich mies. Wieso log ich sie an? Doch Xander hatte auf mich einen so verstörten Eindruck hinterlassen, dass ich erst einmal allein mit ihm reden wollte. Außerdem hatte es einmal eine Zeit gegeben, in der Vanessa ihn sehr gerne gehabt hatte. Ich wollte nicht, dass ihre alten Gefühle wieder hochkamen, jetzt, wo sie so glücklich mit Mike war. Aber war das wirklich die Wahrheit? Wollte ich Xander vielleicht für mich allein haben?
    Unsere letzte Begegnung war so voller Abscheu und Hass gewesen, dass es noch immer schmerzte, wenn ich nur daran dachte.
    Ich wollte das alles ungeschehen machen. Ich wollte, dass alles wieder so war, wie es einmal gewesen war. Doch ich wusste, dass das eine Illusion war. Zwischen Sam und Xander war etwas zerbrochen. Dabei waren sie sich einmal so nahe gewesen. Xander hatte ihn verwandelt, doch dies zählte nun nicht mehr.
    "Was macht ihr?" Vanessa beugte sich vor und zog sich konzentriert die Lippen nach. Ihr dunkler Bob wippte dabei langsam vor und zurück. Sie sah aus, wie ein Wesen aus einer anderen Zeit, sehr hübsch, aber auch irgendwie antiquiert.
    "Rumhängen." Was anderes fiel mir nicht ein.
    "Ich übernachte heute bei Mike. Ihr habt also sturmfrei." Sie zwinkerte mir zu, und ich spürte, dass ich rot wurde.
    "Nichts, wofür man sich schämen muss." Sie lachte, und ich sah unwillkürlich zu Mike hinüber, der mit einem Mal ebenfalls auffällig viel Farbe im Gesicht hatte.
    "Ich schäme mich nicht… dafür", wehrte ich ab. "Ich bin nur diskret."
    "Oh ja, das habe ich gehört." Vanessa lachte laut.
    "Was meinst du?" Alarmiert sah ich sie an.
    "Alles gut, Mike hat eine eigene Wohnung, ich werde… nicht mehr unerwartet nach Hause kommen."
    Nun war mir heiß. Hatte Vanessa Sam und mich etwa…?!
    Ich fächelte mir hektisch etwas Luft zu.
    "Du kannst dich beruhigen, Schatz. Das ist alles ganz natürlich." Sie umarmte mich kurz und küsste mich flüchtig auf die Wange. "Wie gehen

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