Entscheidungen
hat mir das Leben gerettet", gab ich schließlich widerstrebend zu.
"Er hat was?"
"Er hat mich gerettet."
"Wann?"
"Gestern." Zerknirscht sah ich ihn an.
"Ach, deswegen warst du so… seltsam." Er blieb stehen und musterte mich eindringlich. Seine schwarze Augen blitzten angriffslustig.
Ich fühlte mich unwohl unter seinem Blick.
"Ich war nicht seltsam", erwiderte ich empört.
"Wieso verschweigst du mir das, Lily?" Das Blitzen verschwand und mit einem Mal sah er verletzt aus.
"Weil… weil ich Angst vor deiner Reaktion hatte. Vor dieser Reaktion."
"Und das hat keinen anderen Grund?" Er suchte erneut meinen Blick. Täuschte ich mich oder wirkte er mit einem Mal sogar fast ein wenig unsicher?
"Welchen anderen Grund sollte es denn geben?" Ich machte einen vorsichtigen Schritt auf ihn zu.
"Ich habe Angst, dich zu verlieren." Seine Stimme klang mit einem Mal rau.
"Das wirst du nicht. Niemals." Nicht, so lange ich auf dieser Erde bin, dachte ich den Satz zu Ende. In Vampirjahren war das allerdings nicht besonders lang. Der Gedanke war bitter, doch ich schob ihn entschlossen zur Seite und zog Sam an mich, um ihn zu küssen. "Er ist nur ein Freund und er hat mich beschützt."
Er entspannte sich ein wenig. "Bitte verschweige mir so etwas nicht. Nie wieder."
"Das verspreche ich. Es tut mir leid, das war dumm von mir."
"Ich verschweige dir auch nichts." Er küsste mich.
War das wirklich wahr? Ich war mir dessen ehrlich gesagt nicht ganz so sicher. Immerhin wusste er, mit wem Xander sich herumtrieb, doch ich wollte keinen weiteren Streit vom Zaun brechen.
"Und nun erzähl mir bitte genau, was passiert ist." Er presste seine Lippen auf meine Stirn. Ich schloss die Augen, als er die Arme um mich legte.
5. KAPITEL
I ch hatte erneut gelogen.
Doch was sollte ich tun? Sam hatte mir das Versprechen abgenommen, mich nicht mehr mit Xander zu treffen, doch wie sollte das gehen?
Ich fühlte mich mies, weil ich es hasste, Geheimnisse vor ihm zu haben. Aber ließ er mir eine Wahl? Ich musste Xander sehen. Er war mein Freund und er brauchte ganz eindeutig Hilfe. Außerdem hatte Sam mir auch nicht die Wahrheit gesagt. Er wusste, was Xander für ein Problem hatte, doch er zog es vor, darüber nicht zu reden. Wie immer. Ich fragte mich, wann er endlich verstand, dass er mich nicht vor allem beschützen konnte?
"Er zwingt mich ja quasi dazu, mich mit Xander zu treffen", murmelte ich leise vor mich hin, während ich die Straße entlanglief. Es war kurz vor acht Uhr. Es dämmerte bereits. Den ganzen Tag über hatte ich damit verbracht, Vanessa aus dem Weg zu gehen. Sie ahnte, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, doch ich konnte es ihr nicht sagen. Noch nicht. Glücklicherweise war sie so sehr mit Mike beschäftigt, dass sie ziemlich schnell aufgab und mich schließlich in Ruhe ließ.
Nun war es also soweit. Würde ich heute Abend erfahren, was tatsächlich mit Xander los war?
"Lily."
Ich hörte seine Stimme, noch bevor ich ihn sah.
"Komm." Er griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich her, in den Park hinein, bei Dämmerung. Mein Herz begann schneller zu klopfen. Ich vertraute ihm. Das tat ich doch, oder?
Schweigend liefen wir einige Meter nebeneinander her, bis Xander plötzlich abrupt stehen blieb. Unsanft prallte ich gegen seine Schulter.
"Tut mir leid", sagte er leise und sah mich besorgt an. "Ist alles ok?"
Ich nickte, nicht sicher, was mehr weh tat, meine Wange, mit der ich gegen ihn gestoßen war oder mein schlechtes Gewissen Sam gegenüber.
"Es ist schön dich zu sehen." Er zwang sich zu einem Lächeln.
"Ja." Wir sahen uns an.
"Hattest du einen guten Tag…?"
"Xander, hör auf damit", unterbrach ich ihn ungeduldig. "Ich will kein Smalltalk, ich will wissen, was los ist."
Er seufzte. "Weiß Sam, dass du hier bist?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Aber er weiß, dass wir uns gesehen haben, oder?"
"Ja, er hat dich gerochen."
"Hab ich geahnt." Xander ließ meine Hand los und setzte sich auf einen Stein. Von unserem Platz aus konnte man den Hauptweg nicht mehr einsehen. Büsche und Bäume versperrten mir den Blick und ich fühlte mich unbehaglich. Trotzdem ging ich zögernd neben ihm in die Knie.
"Ich arbeite für Raphael", sagte Xander schließlich, ohne mich anzusehen.
Ich nickte. So viel hatte ich bereits verstanden.
"Du kennst Raphael?" Er hob den Kopf und unsere Blicke trafen sich.
"Nein."
"Sam hat gute Gründe, dich von mir fern zu halten. Er ist gefährlich. Er kontrolliert alles, jeden. Die
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