Entsetzliches Gleichmaß
raste in über ein Dutzend Soldaten.
Kira und Dakahna waren hinter ein paar Felsen gehechtet, von wo aus sie das Feuer erwiderten. Erst als sie weiterrannte, hatte Nerys gemerkt, dass Vaas nicht länger an ihrer Seite war.
Sie verdrängte die Erinnerung und schluckte ihre Tränen herunter. »Sagst du nicht immer, dass wir hier für eine Sache kämpfen, die wichtiger ist als unsere Leben?«
»Deswegen erwarte ich noch lange nicht, dass wir unsere Leben wegwerfen«, erwiderte Shakaar.
»Hab ich auch nicht.«
»Sicher?«
Kira widerstand dem Drang, ihm eine zu scheuern, nur mit Mühe. »Wie kannst du mich das fragen?«
Shakaar sah über seine Schulter. Einige der anderen starrten sie an, angelockt von ihrer Lautstärke. »Geht wieder an die Arbeit«, fuhr er sie an. »Mobara, der Skimmer ist hoffentlich bald startklar. Falls wir ohne ihn aufbrechen müssen, lass ich dich auch hier, verstanden?«
Mobara setzte sich hastig die Schutzbrille wieder auf und widmete sich der offenen Antriebsluke des Gefährts.
Shakaar signalisierte Kira, ihm in eine entlegenere Ecke der Höhlen zu folgen. »In Ordnung«, sagte er dann. »Lass mich dir eine Frage stellen. Wo siehst du dich, wenn die Cardassianer erst mal weg sind?«
»Was hat das mit …?«
»Hey, tu mir einfach den Gefallen. Es ist eine ganz einfache Frage.«
Kira schnaubte. »Was weiß ich? Momentan mache ich mir eher darüber Gedanken, die Cardassianer loszuwerden. Mir fehlt ein wenig die Zeit, an das Nachher zu denken.«
»Genau das meine ich«, argumentierte Shakaar. »Du lebst für den Kampf. Und das war’s dann. Weiter reicht deine Fantasie nicht. Du hast vergessen, warum du dich unserer Sache überhaupt angeschlossen hast. Für dich ist der Kampf zum Selbstzweck verkommen, und du kannst dir nicht vorstellen, dass es ein Danach gibt.«
»Das muss ich mir nicht anhören«, sagte Kira. Sie wollte sich schon abwenden, da ließ sein Tonfall sie erstarren.
»Ehrlich gesagt, musst du das sehr wohl, Nerys. Wir alle reden davon, was wir tun werden, wenn die Cardassianer fort sind. Mobara träumt von der Arbeit auf einem Raumschiff. Gantt möchte reisen. Bre’yel will Waisen helfen, neue Familien zu finden. Ich hätte gern meinen eigenen Bauernhof. Lupaza … Na ja, sie scheint ihre Meinung wöchentlich zu ändern, und Furel will, was immer Lupaza will. Aber wir alle leben für eine Zeit
nach
diesem Krieg. Alle außer dir.”
»Jetzt mach aber mal einen Punkt! Nur weil ich mich nicht irgendwelchen Tagträumen hingebe, irgendwann Äcker zu pflügen wie du, stimmt etwas nicht mit mir? Sehne ich mich nach dem Tod?«
»Vielleicht noch nicht«, lenkte Shakaar ein. »Aber du steuerst darauf zu, und das werde ich nicht zulassen. Bajor hat schon viel zu viele Märtyrer hervorgebracht. Wenn es das ist, was du willst, bist du in der falschen Zelle. Wir kämpfen, um zu leben, nicht um zu sterben.«
Kira hielt seinen Blick für einen langen Moment und wagte nicht, darüber nachzudenken, ob er mit seinen Worten recht hatte. Sie erinnerte sich an ihre jüngsten Einsätze, ihre Entscheidungen und die eingegangenen Risiken. Die Gefahren, denen sie nur mit Glück oder Prophetenwillen entkommen war. Hatte sie nach all den Jahren, die sie Shakaar nun schon durch diesen langen, harten Krieg um Bajors Freiheit folgte, wirklich aus den Augen verloren, warum der Kampf so bedeutsam war? Es war eine Sache, für ein Ende der cardassianischen Herrschaft zu kämpfen. Aber Pläne für die Zeit danach zu schmieden, stand auf einem ganz anderen Blatt. Kira lebte nach der Überzeugung, dass die Besatzung etwas Böses war, und das Böse durfte man nicht gewähren lassen, man musste es aufhalten. Sie dachte an all die Dinge, die sie im Namen ihres Ideals getan hatte – an ihre Träume, in denen Vaas unter feindlichem Beschuss fiel und Kiras Namen schrie, während die Cardassianer näher kamen und die anderen zum Rückzug zwangen. Konnte es überhaupt noch ein Danach geben, wenn
das
das Vorher war? Kira dachte nie an die Zukunft, denn ein Teil von ihr glaubte, sie verdiene keine. Nicht nach all den moralischen Kompromissen, den fürchterlichen Entscheidungen … nach all dem Blut an ihren Händen.
Wie konnten die Propheten ihr das je vergeben?
»Das ist es
nicht
, was ich will«, sagte sie zu Edon und wünschte sich, es wäre wahr.
»Das hoffe ich«, erwiderte er leise. »Wir brauchen dich.« Er wandte sich um und wirkte mit einem Mal verschämt. »Denk einfach mal über meine Worte nach,
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