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Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph D'Lacey
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längst wieder verebbt und hatte sich weit, weit zurückgezogen.
    Die Rasur war gründlich danebengegangen.
    Er hatte von seinem Bart so viel er konnte mit der Schere abgeschnitten. Um den Job zu Ende zu bringen, hatte er auf das einzige Werkzeug im Haus zurückgegriffen, das scharf genug war: das Messer, welches er geschliffen hatte, um sich damit umzubringen. Auch wenn es ihr an Schärfe nicht mangelte, war die Klinge aufgrund ihrer Form denkbar ungeeignet, weshalb er sich mehrfach geschnitten hatte, was ihm jedes Mal ein erschrecktes Zucken und reichlich Blut abrang. Schließlich war es ihm, abgesehen von den langen Koteletten und einem kleinen Büschel direkt über dem rasiertechnisch riskanten Adamsapfel, tatsächlich gelungen, den größten Teil seines Gesichts von Haaren und Stoppeln zu befreien.
    Aufgrund seines Gewichtsverlusts saß der braune Anzug zu locker, und er hatte zusätzliche Löcher in den alten schwedischen Armeegürtel bohren müssen, mit dem er die Hose eng um die Hüfte zog. Er trug ein weißes Hemd und eine alte breite Krawatte. Er besaß keine guten Schuhe, also trug er seine ebenfalls braunen Schnürstiefel und bedeckte sie so gut es ging mit den Hosenschlägen.
    Als er vollständig angekleidet vor der Hintertür stand, kamen ihm auf einmal Zweifel an seiner Wahrnehmung. Er hatte sehr lange nichts mehr gegessen, weshalb ihm sein Hirn vielleicht den ein oder anderen Streich gespielt hatte. Ganz bestimmt hatte es ihn allerdings keineswegs seine moralischen Grundsätze vergessen lassen. Er hatte etwas Falsches – etwas furchtbar Falsches – getan und vor, es wiedergutzumachen, bevor sein Ende käme. Falls das überhaupt noch möglich war. Er war sich noch nicht sicher, was genau er tun würde, aber er spürte einen winzigen verbliebenen Rest Kraft, als hätte er einen letzten Kreuzzug entdeckt, der es wert war, ihn auszufechten.
    Er aß und trank nichts. Als die Sonne aufging, brannte sich ihr Licht sekundenlang in seine Augen, bevor er sich abdrehte. Irgendetwas veranlasste ihn, seine Schuhe auszuziehen. Ein paar Minuten lang stand er barfuß auf dem nackten Boden seines Gartens, bevor er sich die Füße säuberte und die Stiefel wieder anzog.
    Er verließ seine Vorstadteremitage zügigen Schritts.
     
    Die Strecke zurück zum Bluebell Way war ein einziger Hindernisparcours.
    Auf vielen Straßen hatten sich kleinere Unfälle ereignet, größtenteils, weil die Fahrer von den lebenden Abfallhaufen abgelenkt wurden, die durch sämtliche Straßen krochen. Doch einige Unglückliche waren anscheinend zu jung oder zu langsam oder vielleicht auch einfach zu neugierig gewesen. Kevin passierte ein Elektromobil, auf dem ein älterer Herr saß. Der Mann trug eine Schiebermütze und einen schmutzigen Mantel, aber sein Gesicht wurde von einer Kreatur bedeckt, die halb Karnickel und halb Hausmüll war. Offenbar hatte er versucht, um Hilfe zu schreien, als das Kaninchending eine Art künstliche Extremität ausgefahren und ihm durch den Gaumen gestoßen hatte. Jetzt starrte der alte Mann ins Leere, während das Karnickel sein betagtes Hirn studierte und sich weitere lahmende Schimären aus Fleisch und Schrott an ihm gütlich taten, ihn zerlegten und sich einverleibten.
    Zu sehr abgelenkt von dem tragischen Schicksal des Alten, hätte Kevin beinahe einen Radler angefahren, der Richtung Straßenmitte eierte. Er riss sich zusammen und konzentrierte sich wieder auf die Strecke. An der Einmündung einer Straße, in welche die Müllkreaturen geballt vorzudringen schienen, waren bewaffnete Polizisten eingetroffen. Er erinnerte sich daran, dass es in dieser Straße sowohl ein Altenheim als auch eine Tageskrippe gab. Er wollte anhalten, um zu helfen. Der bloße Gedanke daran, wie der Müll die Körper von Kindern ausschlachtete, die gerade mal alt genug waren, um stehen zu können, drehte ihm den Magen um und entfachte eine grenzenlose Wut in ihm. Aber was konnte er schon ausrichten?
    Er fuhr an den Bordstein, um die Polizeioperation zu beobachten. Ihm war sofort klar, dass die Polizisten der Situation trotz ihrer Ausbildung und Erfahrung nicht gewachsen waren. Die Einheit näherte sich einem riesigen Knäuel reanimierten Schrotts, und die Beamten legten ihre Pistolen und Gewehre darauf an. Sie warfen sich ungläubige Blicke zu und schüttelten die Köpfe. Jemand gab den Befehl, das Feuer zu eröffnen, und die Straße hallte vom ungewohnten Lärm eines Gefechts wider. Automatische Salven und einzelne Schüsse

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