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Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph D'Lacey
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das konnte er riechen; zumindest glaubte er das. Plastikplanen sollten es innerhalb der Deponie austrittsicher einschließen. Doch er gab keinen Pfifferling darauf, dass dieses Sickerwasser nicht doch ins Grundwasser austrat.
    In jenem Frühjahr kam er dank des launischen, ständig wechselnden Windes außergewöhnlich häufig in den Genuss dieser Gerüche. Er hatte das unbestimmte Gefühl, noch etwas anderes wahrzunehmen, eine Resonanz, die nicht hierhergehörte. Oder lag es bloß daran, dass dieser Frühling so viel ungeduldiger war als die meisten, an die er sich erinnern konnte? Vielleicht war es dessen drängelnde Ungeduld, die in der Luft lag und die er roch. Die dräuende Jahreszeit versprach eine ungewöhnlich fruchtbare zu werden. Der zu erwartende Ernteüberschuss verhieß reichlich Eingekochtes und Eingelegtes. So viel, dass es sogar noch für die Armentafel reichen würde. Im Augenblick konnte er jedenfalls ganz gut von dem leben, was das verbliebene Wintergemüse hergab.
    Er erntete Saubohnen und Knoblauch, Kartoffeln und Lauch. Er säte Möhren und Pastinaken. Er pflanzte empfindlichen Brokkoli und Rosenkohlsprossen in geordneten Reihen. Sein Salatbeet bestand aus Radieschen, Zwiebeln, Roter Beete, Sellerie und Kopfsalat. Rhabarber wuchs – um möglichst viel Süße zu entwickeln – unter Pappkartons. Die Kürbisse und Zucchini hatten ihre eigene Ecke, wo sie ausreichend Platz fanden, sich zu entfalten. An seinen Obstbäumen öffneten sich die Knospen, wie Unmengen winziger weißer Satellitenschüsseln, um ihre Insektenhelfer einzuweisen.
    Mason schuftete im Schweiße seines Angesichts, Tag für Tag, ganz gleich, wie kalt es auch war, und sein Salz netzte den Boden.
     
    Der Sturm war wild und entschlossen. Kein Wunder, dass die Alten glaubten, in ihm manifestiere sich der Zorn der Götter. In dieser Nacht waren sie rasend vor Wut. Einem Riesen gleich, der voller Rachedurst die Kontinente durchquert, näherte er sich aus der Ferne. Mason sah ihn kommen.
    Am frühen Nachmittag begannen sich weiße Wolken am Horizont zu stapeln. Wie dunstiger Laich. Aufsteigende Pilzballons. Das Weiß dieser Wolken war so pur, dass sie das Licht komplett reflektierten, wenn die Sonne sie erfasste. Mason beschirmte seine Augen. Sie dräuten, ballten, schichteten sich auf. Ganze Gebirgszüge lösten sich vom Boden. Ihr Erscheinen mit einem Nicken quittierend, wendete Mason seine Aufmerksamkeit einmal mehr dem Boden zu und begann die Steine aus einem seiner Beete zu harken. Jedes Mal, wenn er aufblickte, türmten sich die Wolken höher. Er blieb stehen, um ihnen dabei zuzusehen, aber es wollte ihm nicht gelingen, den Moment der Bewegung zu erfassen. Die Veränderung vollzog sich zu langsam für den Verstand und zu schnell fürs Auge.
    Die Sturmfront schob sich über das Land.
    Innerhalb einer Stunde verhüllte das Wolkengebirge die halbe Kuppel des Frühlingshimmels. Sein höchster Gipfel war flach wie ein Amboss, und das gesamte Himmelsmassiv schob sich geradewegs auf Masons Haus zu. Das gleißende Weiß war einem massigen grauen Panzer gewichen, der das Sonnenlicht nicht länger reflektierte, sondern schluckte. Die Wolkendecke wurde immer dichter und dunkler, dehnte sich beständig weiter aus. Lautlos kam sie kalt lächelnd näher.
    Mason legte die Arbeit nieder, verstaute seine Werkzeuge und beobachtete, wie das Monster heranwalzte. Erste Schatten krochen über ihn und seinen Garten hinweg, gaben ihm zu verstehen, wie winzig er war, wie mühelos ihn der Sturm unter den Absätzen seiner Stiefel zertreten könnte. Ebenso, wie Mason jeden Tag trotz aller Vorsicht Insekten unter seinen eigenen Sohlen zerquetschte. Selbst als die ersten Wolken sich hoch über seinem Kopf auftürmten, lag das Zentrum des Sturms noch weit hinter dem Horizont. Seine schiere Größe nötigte ihn zu einer primitiven Reaktion. Er wich vom Schuppen zur Hintertür seines Hauses zurück, bereit, jeden Moment ins Innere zu flüchten.
    Den ganzen Tag über hatte ein kräftiger Wind geweht, der Mason ins Gesicht blies, sobald er von der Arbeit aufblickte. Jetzt erstarb er, als hätte dieser Sturm dem Wind höchstselbst den Atem geraubt. Seit Stunden hatte er sich die Lungen damit gefüllt und war dabei gewachsen und gewachsen, jetzt hielt er inne. Mason roch Ozon in der Luft: einen trockenen, staubigen, statisch geladenen Geruch. Weit hinter dem Horizont und kaum vernehmbar knisterte papierner Donner über den Himmel. Auf Masons Armen und Beinen

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