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Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph D'Lacey
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einzigen Schluck genommen hatte, schlüpfte er barfuß in seine Gummistiefel und schlurfte raus zu den Stangenbohnen. Sein Hirn arbeitete hart daran, einen Sinn in das hineinzuinterpretieren, was er gesehen hatte, aber er fand einfach keinen stimmigen Kontext dafür. Was er schließlich erblickte – nur undeutlich, da von den unteren Blättern der Ranken verdeckt -, weckte in ihm Assoziationen an eine umgekippte Mülltonne, schlammiges Abwasser, den Schaum, der sich über einem Siel bildet, die Schimmelpilze im Keller. Er konnte es riechen, bevor er es erreicht hatte, und ihm war sofort klar, wo es herkam. Er blieb stehen. Seine Füße froren in den Gummistiefeln, die Teetasse verbrühte seine rechte Hand.
    Das Ding war ein Unfall. Es war eine Missgeburt. Und doch lebte es. Sein Körper erinnerte an eine große, aufgedunsene Kaulquappe. Es hatte entfernte Ähnlichkeit mit einem Embryo, Analogien zu einem Fötus, und doch war alles daran falsch: Plastik, Pappe, Glas und Papier waren nicht lebendig, konnten sich nicht bewegen. Seine Augen hatten ihm wohl einen Streich gespielt. Vermutlich war das, was er da sah, bloß ein Tier, das sich in achtlos entsorgten Abfällen verheddert hatte, oder – schlimmstenfalls – ein Neugeborenes. Möglicherweise hatte irgendein minderjähriges Mädchen heimlich ein Kind gekriegt und es dann ausgesetzt. Vielleicht hatte es überlebt.
    Er fühlte, wie ihm ein Schauder von Schuld über den Rücken lief. Es war sofort wieder vorbei. Er hatte nichts Falsches getan, niemandes Vertrauen missbraucht, keinerlei Tabus gebrochen. Er hatte hingesehen, den richtigen Moment abgewartet, die Fotos gemacht. Er hatte sich genauso professionell verhalten, wie er es in seinem früheren Leben gewesen war. Das war alles. Und das hier hatte nichts damit zu tun.
    Trotzdem fühlte er sich verantwortlich. Selbst wenn es nichts mit dem Mädchen zu tun hatte, hatte es etwas mit ihm zu tun – war es nicht so? Er wusste, dass es so war.
    Mason verließ sich auf seine Wahrnehmung. Er wusste, dass er seinen Augen trauen konnte. Das, was er da sah, was sich in der fruchtbaren Erde seines Gartens wand und krümmte, war weder tierisch noch menschlich. Es war etwas völlig anderes. Mehr als das. Er wusste nicht nur, wo es herkam, er wusste auch ganz genau, was es war. Mit einem Mal ergab die Stimme, deren Worte er mit dem Bleistift in Dutzenden von Blöcken festgehalten hatte, erst im Wald und danach gelegentlich nachts in seinem Camper, ergab all das einen Sinn. Das Blut, das Erdbeben, das Entstehen neuen Lebens. Das alles hatte er Jahre zuvor niedergeschrieben. Es war eine Botschaft über diese Zeit, diese Ära. Wenn er es auch bisher nicht hatte glauben wollen, so blieb ihm diesmal gar nichts anderes übrig.
    Im »Kopf« des Dings drehte sich etwas. Es war eine Murmel, in der sich regenbogenfarbige Wirbel kräuselten. Die Kugel war von einer Schicht transparenten Kunststoffs bedeckt: eine dieser Tüten, in denen man im Supermarkt sein Obst oder Gemüse abwog. Die Folie knisterte, als das Ding versuchte, zu ihm aufzusehen. Dann schwoll der winzige Körper an. In einer Hamburgerverpackung aus Styropor öffnete sich ein Schlitz unterhalb des Auges. Das Ding fiel in sich zusammen und gab dabei einen wimmernden Klagelaut von sich, voll des Leids und des Elends – herzerweichender als das Schreien eines Kindes.
    Er kniete nieder und streckte seine Arme danach aus.
     
    Nur einen Sekundenbruchteil, nachdem Tammy Doherty die Hintertür geöffnet hatte, schlug ihre Kaffeetasse auf der obersten Stufe auf und zerbrach in drei ungleiche Scherben. Ihr Schreien begann noch vor dem Aufschlag und endete lange danach, so dass das kurze scharfe Klirren des zerspringenden Porzellans davon geschluckt wurde.
     
    Kevin Doherty packte die Halsbänder mit festem Griff und zog die Hunde von dem Ding weg. Beide hatten sich festgebissen und zerrten es mit sich. Frustriert warfen Lemmy und Ozzy die Köpfe hin und her und versuchten, sich gegenseitig ihre Beute zu entreißen. Die schwarze Folie riss, spuckte Müll und dickflüssigen braunen Modder. Kevin stieg der Geruch von Scheiße in die Nase, und er wendete den Kopf ab.
    »Um Himmels willen … LASST SOFORT LOS!«
    Er zerrte die Hunde zurück, und schließlich ließen sie los. Sie spuckten aus, was ihnen noch an Müll zwischen den Zähnen hing, und leckten sich angeekelt die Lefzen, als würden sie gerade erst begreifen, was sie da taten. Die zerfetzte, aufgeplatzte Mülltüte rollte

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