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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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zu einem glänzenden Schwarz wurde, verstummte er stockend und wich einen Schritt zurück.
    Noch immer in der von der Erinnerung an sein Erwachen hervorgerufenen Erregung befangen, neigte Castellano sich auf die ihm eigene, sonderbar bedrohliche Art knapp dem Boten zu. Anschließend machte er auf dem Absatz kehrt und befahl Garzia: »Kümmere dich doch bitte um unseren Besucher, diesen ... ›Herrn aus Russland‹! Durchsuche ihn nach Waffen, und dann begleite ihn herein. Aber, Garzia, sieh zu, dass er aus eigenem, freiem Willen eintritt.«

ZWÖLFTES KAPITEL
    TOTENSTILLE … NATASCHA ... TOD EINES RUSSISCHEN GENTLEMAN
    Vierundzwanzig Stunden zuvor hatte Jake Cutter in Marseille, unterstützt von dem körperlosen Geist oder Wiedergänger Koraths, einstmals Hirnsknecht, oder vielmehr von dessen bösartiger Essenz, versucht, mit den Toten zu reden. Beziehungsweise, um genauer zu sein, zum ersten Mal hatte er den Versuch unternommen, im Wachzustand Kontakt zu einem von ihnen aufzunehmen – und zwar zu einem Franzosen namens Jean Daniel, dem ersten Opfer seines Rachefeldzugs gegen den Drogenboss Luigi Castellano.
    »Hier starb der dürre Bastard«, erklärte Jake Korath, »direkt hier, in dieser Gasse. Wenn ich ihn irgendwo finden sollte, dann also höchstwahrscheinlich hier.« Und da die Totensprache oft mehr vermittelt als das, was tatsächlich gesagt wird, sah Korath in Jakes Geist und Erinnerung in lebhaften Bildern vor sich, wie es geschehen war:
    Eine regnerische Nacht vor zweieinhalb Jahren; ein hochgewachsener, bleicher, dürrer Mann mit schütterem, nach hinten gekämmtem Haar, der in den frühen Morgenstunden eine Bar verließ und in seinen Wagen stieg; er schlug die Tür zu ... und Jake, der keine fünfundzwanzig Meter entfernt in einer dunklen Ecke stand, zuckte leicht zusammen. Doch die Erschütterung durch die Wagentür reichte nicht aus – was Jake ganz recht war, denn er wollte, dass Jean Daniel wusste, was los war und wem er dies zu verdanken hatte.
    Dann kam Jake in Sicht. Als die Scheinwerfer des Wagens aufflammten, trat er hinaus, stellte sich, die Beine leicht gespreizt, mitten auf die glänzende, regennasse Straße; wie ein Revolvermann aus dem Wilden Westen stand er da, als die Scheinwerfer seine kantige Gestalt erfassten. Es war eine Herausforderung. Allerdings war Jake kein Revolverheld und die einzige Waffe der Wagen selbst ...
    … Träge fegten die Scheibenwischer die Regentropfen von der Windschutzscheibe, und Jean Daniel beugte sich vor, um durch die Frontscheibe zu spähen. Er zuckte zusammen, als er Jake sah. Er hatte ihn erkannt! Denn Jake winkte ihm zu und begann lässig auf ihn zuzugehen, direkt auf den Wagen zu.
    Im nächsten Augenblick drehte der Franzose den Schlüssel im Zündschloss … und Jake wusste exakt, was er dabei dachte: nämlich dass er diesen verdammten englischen Idioten über den Haufen fahren würde. Dachte er! Jake warf sich auf den Boden, als die Explosion das Dunkel zerriss und Glassplitter über ihn hinwegfegten.
    Jean Daniel saß noch immer in seinem qualmenden Wagen, von der Lenksäule an die Rückenlehne seines Sitzes gespießt – knapp hundert Gramm Plastiksprengstoff hatten sie ihm geradewegs durch den Bauch getrieben; und wahrscheinlich begriff er allmählich, dass der entsetzliche Schmerz, den er fühlte, den Tod bedeutete. Den Tod in Gestalt von Jake Cutter, der ihn nun durch die von der Druckwelle zerschmetterte Windschutzscheibe hindurch anblickte.
    Dem Franzosen blieb der Mund offen stehen, Blut tropfte daraus hervor, als Jake ihm ins Gedächtnis rief, was er selbst einst gesagt hatte:
    »Jetzt weißt du, wer am härtesten zuschlägt ...«
    »Gott!«, stöhnte Jake. Ihm war übel und schwindlig zugleich. Orientierungslos streckte er die Hand aus und lehnte sich an eine Wand in der Gasse. »Mein Gott. Ich habe es getan. Es bringt nichts, mir länger vorzumachen, es wäre bloß ein Albtraum gewesen. Ich habe es wirklich getan – das und noch Schlimmeres. Und jetzt bin ich dabei, noch mehr davon zu planen!«
    Hervorragend!, meinte Korath. Welch passende Strafe. Der Vergewaltiger aufgespießt, durchbohrt von einem einzigen Stoß eines äußerst eindrucksvollen Rammspießes. Hm, ich glaube, selbst ich hätte für so einen Kerl kein – ha! – ›ironischeres‹ Ende ersinnen können. Schade nur, dass er nicht lange genug lebte, um seine Untaten zu bereuen.
    Und das von einem Vampir!, dachte Jake. Laut hingegen sagte er, nun wieder etwas gefasster: »Oh,

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