ENTWEIHT
Feuerwehrautos zu ihnen drang.
Kurz vor dem Verlassen der Fähre hatte Manolis »eine Verkleidung« angelegt; ein falscher Schnurrbart, dessen Enden bis zu seinem Kinn herabhingen, veränderte sein Aussehen völlig, und die bläulich-schwarzen Bartstoppeln, die er seit seinem »Unfall« sprießen ließ, überwucherten allmählich die blauen Flecken in seinem Gesicht. Da er ohnehin wie ein Bilderbuch-Grieche aussah, hätte man ihn nun ohne Weiteres als dunklen, wenn nicht dunkelhäutigen, gut aussehenden Typen beschreiben können.
Während er »seinen« Trupp an den Rand der Anlegestelle dirigierte, weg vom Gedränge der von Bord gehenden Passagiere und dem hektischen Durcheinander des Verkehrs, fragte er Goodly: »Wohin gehen wir? Wo sollen wir Ben Trask treffen?«
»Ben hat uns eine Unterkunft bei sich und Chung in Skala Astris besorgt«, erwiderte der Hellseher, der bislang alle drei Stunden in telefonischem Kontakt mit London gestanden hatte. »Das ist ein kleines Fischerdorf zwischen ...«
»Ich kenne den Ort«, fiel Manolis ihm ins Wort. Anschließend redete er in rasend schnellem Griechisch auf einen seiner Männer ein. Der Mann verschwand, um mit dem Fahrer eines der deutschen Reisebusse zu sprechen. »Andreas versucht, uns eine Mitfahrgelegenheit nach Limari an der Ostküste der Insel zu verschaffen«, erklärte Manolis. »Unterwegs lassen wir uns absetzen. Das ist nicht ganz so auffällig wie ein Taxi. In einer Minute werden wir mehr wissen, aber ich glaube, es geht in Ordnung. Andreas kann sehr … überzeugend sein. – Seht ihr den Rauch da drüben?« Besorgt schüttelte er den Kopf. »Falls das bedeutet, was ich annehme ...«
»Und was nimmst du an?«, fragte Liz.
»Auf der Fahrt durch Krassos werden wir daran vorbeikommen«, murmelte Manolis und blieb schweigend in sich gekehrt, bis Andreas zurückkam.
Andreas hatte es geschafft, den Busfahrer dazu zu überreden, sie mitzunehmen; der Bus war ohnehin kaum mehr als halb voll. Nachdem die deutschen Touristen ihre Plätze eingenommen hatten, durften Manolis und seine Gefährten ihr Gepäck in den Fächern unten am Bus verstauen und einsteigen. Sie suchten sich ihre Sitzplätze ganz hinten, wo alles leer war.
Als sie losfuhren, ging Manolis nach vorn, um sich mit dem Fahrer zu unterhalten. Als er wieder zurückkam, sagte er: »Unterwegs werden wir ein paarmal halten. Es dauert ungefähr eine Stunde, bis wir in Skala Astris sind. Bis dahin sollten wir – huh! – ›die Aussicht genießen‹. Nun, um der Wahrheit die Ehre zu geben, es gibt jede Menge wunderschöner Dörfer, Buchten und Strände auf Krassos. Wo das Gebirge zum Meer hin abfällt, schlängelt sich die Straße in großer Höhe an den Felsen entlang und ist stellenweise ziemlich gefährlich! Wenn einer das weiß, dann ich! Wenn ihr nachher nach rechts aus dem Fenster schaut, werdet ihr den Eindruck haben, in der Luft zu schweben! Natürlich erst, nachdem wir die Stadt hinter uns haben. Aber fürs Erste, seht mal da drüben!«
Links von der in östlicher Richtung aus der Stadt führenden Hauptverkehrsstraße stand ein Löschfahrzeug – dessen Sirene nun ausgeschaltet war – und pumpte Wasser auf einen rauchgeschwärzten, noch immer qualmenden, ausgebrannten Trümmerhaufen, der einst ein kleines Hotel gewesen sein mochte. »Oh?«, meinte Goodly. »Und was sehen wir uns da gerade an?«
»Ich glaube, jemand ist dabei, wichtige Beweismittel zu vernichten«, sagte Manolis mit finsterer Miene. »Dieses Gebäude war eine Eisfabrik. Dort wurde Eis hergestellt für die Hotels der Insel, für die Tavernen und Fischhändler. Ja, aber ich benutzte es auch als Kühlraum für den verstümmelten Leichnam einer Frau, der vom Meer angespült wurde. Ah! – Sie hatte einen Egel in der Kehle!«
»Lebte das Ding etwa noch?« Liz’ Augen waren in morbider Faszination geweitet. »Hast du es gesehen?«
»Ja«, nickte Manolis, »das habe ich.« Ihn überlief ein Schauder. »Aber lebendig? Nein, es war tot – Gott sei Dank! Ich habe es verbrannt.«
»Und jetzt hat jemand dasselbe mit ihr angestellt«, sagte Goodly. »Und ich glaube nicht, dass es Ben Trask war. Er hätte sich mit einer ganz gewöhnlichen Einäscherung zufriedengegeben.«
»Nein, mit Trask hat das nichts zu tun«, pflichtete Manolis ihm bei. »Zumindest hoffe ich das; denn falls doch, würde dies bedeuten, sie wissen, dass er hier ist!«
»Das ist nicht sehr wahrscheinlich«, sagte der Hellseher. »Dies ist Vavaras Werk, zugegeben, aber
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