ENTWEIHT
blieb der Mund offen stehen. »Ich weiß, was Sie da eben getan haben! Das Gleiche wie die arme Zek und Trevor Jordan. Die beiden waren ebenfalls ...«
»Telepathen, ja«, fiel Liz ihm ins Wort. »Aber versuchen Sie nicht, das Thema zu wechseln. Sie wurden gebeten, sich rauszuhalten, Inspektor. Sie dürften gar nicht hier sein. Dass Sie ein ungebetener Gast sind, sah ich in Ihrem Geist: Sie überlegten, wie Sie Ben Trask erklären sollen, was Sie hier tun.«
Papastamos kniff die Augen zusammen, kaute auf seiner Unterlippe. Nach einer Weile sagte er: »Na, wenn schon? Dies hier ist Griechenland, und ich bin Grieche. Außerdem können meine Männer und ich durchaus von Nutzen sein. Wir haben spezielle Waffen. Aber warum sagen wir nicht Du zueinander? Nennt mich doch bitte Manolis.« Abermals wandte er sich an Goodly:
»Lardis verfügt also über Wissen ... er weiß, wie der Feind vorgeht, und Liz kann Gedanken lesen. Und was ist mit dir?«
»Ich kann in die Zukunft blicken – hin und wieder«, sagte der Hellseher und fuhr, während Manolis Anstalten machte, in seine Tasche zu greifen, fort: »Zum Beispiel habe ich nicht vor, den Alkohol anzunehmen, den du mir gleich anbieten wirst. Wenn überhaupt, dann trinke ich einen Schluck Scotch, keinen Brandy – andererseits«, meinte Goodly, als Manolis einen Flachmann hervorzog, »würde Lardis bestimmt nicht nein sagen.« Über seine Lippen huschte ein warmherziges Lächeln, das in merkwürdigem Gegensatz zu seiner hageren Erscheinung und seiner Blässe stand, die ihm das Aussehen eines Leichenbestatters verlieh.
Manolis war beeindruckt. Ungläubig den Kopf schüttelnd, blickte er auf den Flachmann in seiner Hand. »Fantastisch!«
»Wie es aussieht, können wir einander also vertrauen«, meinte Liz mit einem Blick auf den Hellseher.
»Auf lange Sicht«, erwiderte dieser, »kann unsere Zusammenarbeit beiden Seiten nur zum Vorteil gereichen.«
»Ja!«, sagte Lardis, indem er sich nach einem tiefen Schluck aus Manolis’ Flachmann den Mund abwischte. »Dieser Meinung bin ich auch!« Und zu Manolis: »Was für ein Zeug ist das?«
»Metaxa! Ein ganz besonderer Branntwein. Aber den kennst du doch bestimmt?«
»In deiner Welt … äh, deinem Land, meine ich … gibt es vieles, was ich noch nicht kenne«, entgegnete Lardis. »Aber an dieses Zeug könnte ich mich gewöhnen!«
»Ah, ihr vom E-Dezernat!«, sagte Manolis kopfschüttelnd. »Ihr versetzt einen doch immer wieder in Erstaunen!« Doch dann legte er die Stirn in Falten. »Aber … ihr seid Bens Back-up-Team? Bloß ihr drei?«
»Fürs Erste, ja«, erwiderte Goodly. »Ben möchte seine Streitmacht langsam aufbauen.«
»Vorausgesetzt, dass genügend Zeit dazu bleibt«, sagte Manolis düster. Darauf vermochte der Hellseher lediglich mit einem Achselzucken zu antworten.
»Na gut«, meinte Manolis mit einem entschlossenen Nicken. »Jetzt sind wir zu sechst. Ben kann sich von mir aus auf den Kopf stellen, aber Tatsache bleibt, dass ich nun mal Grieche und in Griechenland zu Hause bin, und ich werde es nicht zulassen, dass sich auf meinen Inseln Vrykoulakas herumtreiben!« Er deutete auf die in den Lounge-Bereich führende Luke. »Wir sollten reingehen, einen Eistee trinken und uns ordentlich miteinander bekannt machen. Bis Krassos sind es nur noch zwanzig Minuten; nicht mehr lange, dann sind wir auf feindlichem Territorium.«
Zwanzig Minuten später befanden sie sich in Feindesland …
Krassos war eine typisch griechische Hafenstadt: Ihr Hochseehafen war eine gut hundert Meter breite Front von Anlegestellen vor einem hässlichen, betonierten Platz mit Pollern, Winden und Stapeln schwerer Taue. An den Molen hingen Traktorreifen, um die Wucht der sich träge in der öligen Dünung wiegenden Schiffe abzufangen. Jenseits der diversen Landungsstege zog sich eine breite, staubige Zufahrtsstraße dahin, die zugleich Hauptverkehrsader der Stadt war; und dahinter wiederum lagen die Läden und Tavernen, zwischen denen weitere Straßen und Sträßchen ins schattige Herz der Stadt führten.
Als die Mannschaft des E-Dezernats und Manolis’ Truppe mit ihrem Gepäck von Bord gingen, bemerkten sie im Osten der Stadt, keinen halben Kilometer entfernt, eine Rauchwolke. Am östlichsten Ende des Hafens war ein antiquiertes Löschfahrzeug im Begriff, Meerwasser aufzunehmen, während aus derselben Richtung – wahrscheinlich vom Schauplatz des Brandes her – das schrille, auf- und abschwellende Tatü-tata eines weiteren
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