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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Die Sonne geht gerade erst unter.«
    »Offenkundig«, erwiderte sie. »Ich weiß. Sonst wäre ich ja nicht hier – nicht anders als du. Du bist mir vielleicht ein Frühaufsteher, Nephran Malinari.« (Schwang da in ihrer Stimme noch etwas anderes mit? Ein misstrauischer Unterton womöglich?)
    Abermals hob er die Schultern – spürte, wie ihre Gedanken forschend die seinen streiften, und verstärkte seine Abschirmung. »Ich habe schlecht geträumt.«
    »Ich auch«, entgegnete sie. »Wie es scheint, machen mir einige der Geschichten, die du mir erzähltest – von deinem Versagen in Australien und von den Leuten, die dich aus deiner luftigen Kuppelfeste vertrieben – zu schaffen. Ich träumte sogar, sie seien hier. Kannst du dir so etwas vorstellen?«
    Malinari heuchelte Überraschung. »Tatsächlich?«
    »Ja! Und meine Träume waren derart lebendig, dass ich trotz der Wächter, die ich in den Seehäfen habe, heute Abend einige meiner Frauen losschicken werde, damit sie hier in der Umgebung die Augen offen halten.«
    Mittlerweile waren Vavaras Gedanken weniger forschend als vielmehr aggressiv und Malinari hatte genug. »Hoffen wir, dass sie nichts finden«, meinte er kurz angebunden und tat, als strebe er der offenen Falltür zu.
    Augenblicklich vertrat Vavara ihm den Weg. »Findest du das denn nicht sonderbar? Du musst mir doch beipflichten, dass es schon recht eigenartig ist, Nephran – angesichts meiner Träume höchst merkwürdig –, dich in der Dämmerung hier draußen anzutreffen, wie du völlig nervös und missgelaunt deine Gedanken schweifen lässt!«
    »Missgelaunt?« Er hob eine Augenbraue. »Ich und meine Gedanken schweifen lassen? Nun, Lady, ich ...«
    »Oh, nein!«, schnarrte Vavara, indem sie sich mit einem Mal vorbeugte, um an ihm zu schnüffeln. Gleichzeitig fiel allmählich ihre Maske von ihr ab. Das tat sie mit Absicht – aus Effekthascherei, nahm er an. Innerhalb eines Lidschlags glomm in ihren Augen ein Feuer, sie wirkten wie zwei brodelnde Kessel voller Blut, während ihre ledrigen Fledermausnüstern sich erst kräuselten, dann rümpften und immer größer wurden, als sie seinen Geruch in sich einsaugte. »Ich bin keine Lady, Lord Malinari! Nenne mich nie wieder so! Ich weiß nur zu gut, was ich bin, und auch, was du bist! Wenn ich von Verrat träume und davon, hintergangen zu werden, und dann aufwache und auf der Suche nach einer Antwort dich hier oben auf dem Dach vorfinde, wie du deine Gedanken durch die Nacht schweifen lässt … ist es da nicht verständlich, wenn ich mich frage, weshalb du das wohl tust?«
    »Verrat?« Drohend ragte er über ihr auf, bemüht, die Wut, die sie in ihm entfachte, niederzuringen. Mit blutroten Augen begegnete er ihrem lodernden Blick. »Ich und dich verraten, Vavara? Niemals, weder mit Taten noch mit Worten! Wie kannst du so etwas nur denken? Und was das Hintergehen betrifft: Was wirfst du mir eigentlich vor? Wie wäre es dir ohne mich denn auf dieser Insel, in diesem Kloster, ergangen? Wo hättest du denn deine Saat ausgesät? Nein, wenn hier jemand hintergangen wurde, dann doch ich, Nephran Malinari! Mit meinem sauer erworbenen Geld habe ich den düsteren, feuchten Palataki erstanden, damit du dort deine Massen züchten kannst – zu denen du mir den Zutritt verwehrst!«
    Vavara schien kein Wort von dem, was er sagte, zu hören. Stattdessen kam sie noch näher, um ihn mit ihrer faltigen, gewundenen Schnauze gründlicher zu beschnüffeln.
    »Du stinkst! «, grunzte sie. Ihre hübsche Larve war mittlerweile fast völlig verschwunden und enthüllte die darunter befindliche verschrumpelte, alte Hexe; allerdings eine Hexe, die es mit drei ausgewachsenen, kräftigen Männern aufnehmen konnte. Ihre Haut war ledrig, ihre Zähne und Klauen wirkten wie Messer. »Du stinkst nach Fleischeslust – zweifellos mit einer der meinen – und insbesondere nach Lügen. Außerdem noch nach … was wohl, Beklommenheit? Furcht? Hast du etwa Angst vor mir, Malinari? Nein, ich glaube nicht – obwohl du dich in Acht nehmen solltest! Wonach stinkst du noch? Nach etwas da draußen in der Nacht womöglich, das du mit deinem viel gepriesenen Mentalismus gespürt hast?«
    Am liebsten hätte er ihr einen Hieb versetzt, um ihr die Schnauze zu zerschmettern oder ihr die dolchartigen Zähne einzuschlagen, doch Vavaras Schultertuch war von ihrem rechten Arm gerutscht und er sah, dass sie einen Kampfhandschuh trug. Es war der Kampfhandschuh einer Lady – »filigraner« als der Handschuh

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