ENTWEIHT
knochentrocken ist, dürfte die Feuerwehr ohnehin in Bereitschaft sein.«
Das war sie auch, und während Jake noch eine Zeit lang stehen blieb, um sein Werk zu begutachten – während überraschte Menschen in Schlafanzügen auf die Straße liefen und allmählich Sirenen laut wurden, machte Korath sich bereit, die Möbiusgleichungen heraufzubeschwören.
Als schließlich mit lautem Geheul die ersten Löschfahrzeuge eintrafen, stahl Jake sich von der Menge weg in die Düsternis und verschwand ...
Wieder in Paris, rief er erneut die Nummer in Bagheria an und kam tatsächlich durch. Im Knistern und Knacken statischen Rauschens hörte er, wie jemand den Hörer abnahm und eine raue Stimme fragte: »Wer ist da?« Allerdings war es nicht Luigi Castellano.
»Ich will mit dem Kerl sprechen, der den Laden schmeißt«, sagte Jake, »und nicht mit einem Schwachkopf wie dir. Also zieh los und hol ihn – und zwar schnell, solange die Leitung noch steht.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Weiteres Knistern und Knacken. Schließlich meldete sich eine Stimme, die Jake auf Anhieb erkannte, ein tiefes, grollendes Schnurren, das er zeitlebens – und angesichts dessen, was er mittlerweile alles erfahren hatte, auch nach seinem Tod – niemals vergessen würde: »Wer bist du und was willst du?«
»Ich will dich, Castellano«, antwortete Jake. »Und wer ich bin, das weißt du bereits. Ich habe dein Anwesen in Marseille in die Luft gejagt und deine kleine Goldmine unter der Madonie ebenfalls und vor ein paar Minuten das ›Frankie’s Franchise‹ in Genua.«
»Jake Cutter«, sagte Castellano. Nun lag in seiner Stimme kein Schnurren mehr, sondern ein Brummen, ein leises Knurren, das an sich bereits eine Drohung darstellte und Schlimmeres verhieß als jede Beschimpfung. Eine düstere Stimme aus grauer Vorzeit, und wenn sie sagte »Jake Cutter«, dann hieß dies: »Du bist ein toter Mann!«
»Ganz recht, Cutter!«, erwiderte Jake. »Cut heißt schneiden und ich habe ein paar hübsche Einschnitte in deine Organisation gemacht, in deine lausigen Rattenlöcher. Und als Nächstes werde ich mir dich vorknöpfen.«
»Was?«, fragte Castellano. »All dies bloß wegen dieser kleinen Fotze Natascha? Wegen einer Schlampe, die Drogen vertickte und sich von jedem Moskauer Gangsterboss flachlegen ließ? Ist es das wirklich wert, für sie zu sterben?«
»Sag’ du’s mir, du Bastard!«, zischte Jake. »Du wirst nämlich derjenige sein, der das hier nicht überlebt.«
Mit einem Mal wurde das atmosphärische Rauschen schlimmer denn je, in der Tat so schlimm, dass Jake die Erwiderung des anderen kaum mitbekam: »Du kannst ruhig kommen, Jake, ich bin bereit. Nur wir beide, du und ich, alles oder nichts. Und, sei versichert, ich kriege dich! Ich werde deine Eier in einem Einmachglas aufbewahren, bis sie verrottet sind, damit ich dich nie mehr vergesse und mich in alle Ewigkeit an deine Schreie erinnern kann, jedes Mal, bevor ich schlafen gehe. An deine Schreie und an Nataschas Schluchzen … was für ein Duett! Weißt du, genau das Richtige zum Einschlafen für mich. Also versprich mir bitte, dass du mich nicht allzu lange warten lässt!«
»Ich werde früher da sein, als du denkst«, sagte Jake –
– und dann war nur noch ein Rauschen zu hören und vielleicht noch das scheppernde Geräusch, mit dem in Bagheria der Hörer auf die Gabel geknallt wurde ...
Korath war in Jakes Kopf dabei gewesen und hatte alles mitbekommen. Weißt du, meinte er, dieser Luigi Castellano hätte ebenso gut ein Wamphyri sein können. Wie er dich verhöhnt hat … Genau das Gleiche habe ich auf der Sternseite schon gehört. Erzählte ich dir nichts davon? Wie Erzrivalen sich vor einem Kampf gegenseitig zu verhöhnen pflegten, um sich gegenseitig in Rage zu versetzen, bis sie vor lauter Wut außer sich waren? Ich denke, Castellano hat ebendies versucht. Und mir will scheinen, er hatte Erfolg damit!
Jake hörte kaum hin. Wütend, mit grimmig entschlossenem Gesicht, die Hände zu Fäusten geballt, schritt er auf und ab. »Dieser niederträchtige Bastard!«, murmelte er. »Du hast recht, er will mich auf die Palme bringen. Aber wenn er wüsste, was ich habe, wäre er nicht so verdammt aufgeblasen.«
Andererseits wissen wir auch nicht, was er hat, gab Korath weise zu bedenken. Dieses Anwesen in Bagheria: Ist das nicht seine Hochburg, von seinen besten Männern bewacht? Vielleicht solltest lieber du derjenige sein, der sich nicht zu viel einbildet!
»Sie verfügen
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