ENTWEIHT
suchen?«
Lardis schüttelte den Kopf. »Die Antwort darauf weiß ich nicht.«
»Ich auch nicht«, sagte Trask. »Noch nicht. Aber falls dieser Vladi Ferengi über die Fähigkeit verfügt, seltsame Orte, wie er sie nennt, aufzuspüren, Orte, an denen in grauer Vorzeit die Wamphyri von der Sternseite hierher gelangten, oder auch Orte, an denen sie sich in unserer Welt etablierten ... könnte es dann nicht sein, dass er ihre Gegenwart auch im Hier und Jetzt zu spüren vermag?«
»So langsam fange ich an zu begreifen, worauf du hinaus willst«, brummte Lardis.
»Und sagte er nicht, dass ihn sein Riecher diesmal im Stich gelassen habe? Das kann doch nur heißen, dass er mit seinen Leuten in – ich weiß nicht – in einer Art Mission unterwegs war, vielleicht auf der Suche nach etwas?«
»Nach etwas – oder nach jemandem«, meinte Lardis. »Aye, jemand ... obwohl ich dir recht gebe. Auch ich sage lieber etwas dazu! Etwas ... das womöglich erst vor Kurzem hier angekommen ist?«
»Genau!«, nickte Trask.
»Huh!« , machte Lardis. Und: »Bin ich blind? Weshalb habe ich diesen Zusammenhang denn nicht gesehen?«
»Du kanntest nicht alle Fakten«, hielt Trask ihm entgegen. »Außerdem denken zwei Köpfe besser als einer.« Er richtete sich in seinem Sessel auf. »Und vier oder fünf sind noch besser. Morgen werde ich unsere Experten zusammentrommeln. Gut, dann kann ich ihnen etwas geben, worüber sie sich den Kopf zerbrechen können. Aber im Moment ...« Er hielt inne, um ein Gähnen zu unterdrücken.
»Du bist müde, Ben«, sagte Lardis, »und ich ebenfalls. Ich glaube, das liegt an diesem guten Branntwein hier.«
»Nein.« Trask schüttelte den Kopf. »Das mag bei dir der Fall sein, aber bei mir ist es der Job. Ich muss mich endlich einmal ordentlich ausschlafen und den Dingen, die mir durch den Kopf gehen, Zeit geben, sich zu setzen, während mein Körper ruht. Heute Nacht ist es sowieso zu spät, noch irgendetwas zu unternehmen. Ich kann es zwar kaum abwarten, glaube aber nicht, dass wir jetzt noch irgendetwas zustande bringen, was morgen früh nicht innerhalb einer einzigen Stunde erledigt wäre.«
»Dann mache ich mich mal auf den Weg«, sagte Lardis, indem er sich mit knirschenden Knochen aus seinem Sessel erhob.
»Warte!«, hielt Trask ihn mit einem Stirnrunzeln zurück.
»Oh?«
»Du erwähntest noch etwas, das ich nirgendwo einordnen kann.«
»Hilf mir auf die Sprünge!«
»Etwas über Barmherzige Schwestern? Dein Aufpasser zählte sie zu den Schwierigkeiten, die die Zigeuner hatten, als er versuchte, Vladi dazu zu bewegen, dich fertigzumachen. Wer waren diese Schwestern? Nonnen? Aber wer beschwert sich schon über Nonnen, die ›ihre Nase in alles stecken‹? Ich meine, in was können die ihre Nasen wohl gesteckt haben?«
»Mir blieb keine Zeit, weitere Fragen zu stellen«, erklärte Lardis reumütig. »Denn, wie gesagt, sie hatten es ziemlich eilig, mich rauszuwerfen!«
Trask zuckte die Achseln. »Nun mach dir bloß keine Sorgen deshalb. In Griechenland gibt es viele Klöster. Betrachtet man die Zigeuner als armes, fahrendes Volk, dann wollten die Barmherzigen Schwestern ihnen vielleicht nur irgendwie ... helfen. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht damit sie über ihre Trauer hinwegkommen?«
»Vielleicht«, sagte Lardis. »Aber alle Szgany, die ich je kannte, machten das lieber mit sich selbst aus. Wenn sie trauern mussten, taten sie das allein. Aye, auf der Sonnseite gab es damals nämlich – und nach allem, was ich weiß, wahrscheinlich auch jetzt – keinen anderen Weg dazu ...«
Nachdem Lardis gegangen war, ließ Trask sich alles noch ein paar Minuten lang durch den Kopf gehen, bis ihm einfiel, dass er noch den Zuständigen Minister anrufen musste. Mittlerweile war es schon weit nach elf.
Egal, dachte er, während er nach dem Telefon griff. Weshalb soll ich der Einzige sein, der so lange arbeitet?
Dabei war Trask keineswegs der Einzige, der Überstunden machte.
In ihrer einstweilig geheimen Unterkunft direkt neben Jake Cutters Zimmer wartete Liz Merrick darauf, dass Jake von seinem nicht genehmigten Ausflug mit Lardis und Lissa Lidesci zurückkehrte, und war dabei eingeschlafen. Vor fünfundvierzig Minuten war sie aufgewacht, als er die Tür zuschlug und sich dann zum Schlafengehen bereitmachte – hin und wieder hatte er etwas vor sich hin gemurmelt, dann ging die Toilettenspülung, das Rauschen der Dusche und schließlich das leise Summen des Föns. Sie durfte natürlich keinen Fön
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