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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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kann unterwegs Bernie auftreiben.«
    »Warte!«, sagte Garvey. Für einen Sekundenbruchteil verzog er grotesk das Gesicht. »Es ist nicht nötig, nach Bernie zu suchen.« Seine Züge kehrten wieder zurück in die Position, die jeder kannte. »Ich habe ihn schon. Er ist auf dem Weg zur Einsatzzentrale.«
    Paul Garvey war ein Telepath. Wenn er, wie jetzt, seine Kräfte einsetzte, war es kein schöner Anblick. Dafür musste er sich konzentrieren. »Es hängt alles davon ab, wie man sich auf die Lippen beißt«, hatte Garvey oftmals erklärt, allerdings nie im Scherz.
    Er war hoch gewachsen, gut gebaut und trotz seiner mittlerweile sechsundfünfzig Jahre noch immer schlank wie ein Sportler. Früher, bevor er es mit dem Nekromanten Johnny Found zu tun bekam, einem von Harry Keoghs gefährlichsten Widersachern, und den größten Teil seiner linken Gesichtshälfte einbüßte, hatte er einmal ganz gut ausgesehen. Das war nun über zwanzig Jahre her. Damals und auch später hatten sich bei mehreren Gelegenheiten die besten Chirurgen Englands an Paul zu schaffen gemacht, bis er wieder halbwegs anständig aussah – aber ein wirkliches Gesicht besteht nun mal aus mehr als nur aus von allen möglichen Körperstellen zusammengeklaubtem Fleisch. Seine Züge waren zwar aus lebendem Gewebe wiederhergestellt worden, aber die Muskeln der linken Gesichtsseite reagierten anders als die der rechten, und auch nach all den Jahren war das Zusammenspiel der Nerven nicht gerade besonders. Mit seiner rechten Gesichtshälfte konnte Paul lächeln, nicht jedoch mit der linken. Obwohl die übrigen ESPer sich mittlerweile daran gewöhnt hatten, vermied er es darum, überhaupt zu lächeln ... und verzichtete im Allgemeinen auch auf jede andere Gesichtsregung.
    Als sie in der Einsatzzentrale anlangten, befand Bernie Fletcher sich bereits dort. Er war ein stämmiger Rotschopf von knapp über einssiebzig, ein intuitiver Lokalisierer, dessen Talent ihn zum idealen Ziel für jeden Talentspürer machte, weil es nämlich in beide Richtungen funktionierte: Er war ein Lokalisierer, konnte aber auch jederzeit selbst lokalisiert werden. Telepathisch begabte Angehörige des E-Dezernats – im Grunde alle unter Trasks ESPern – hatten keinerlei Schwierigkeiten, sich auf Bernie auszurichten; seine Gedankenaktivität wirkte auf sie wie ein Magnet, und die Telepathen konnten ihm sogar einfache Anweisungen senden, die in Bernies Geist für gewöhnlich als unwiderstehlicher »Drang« ankamen. Hin und wieder konnte er den Absender ausmachen, dann befolgte er die »Suggestion« in der Regel wie selbstverständlich, selbst wenn er keine Ahnung davon hatte, was vor sich ging. So wie jetzt.
    »Was liegt an?« Stirnrunzelnd kniff er seine grünen Augen zusammen, als Trask mit den übrigen ESPern die Einsatzzentrale betrat.
    »Ihre Beförderung«, sagte Trask. »Dafür werde ich Sie nämlich vorschlagen, wenn Sie das hier schaffen.«
    »Äh?« Bernie blinzelte wie eine Eule. »Was ist los, Chef? Was soll ich hier?« Den anderen war klar, wovon Trask sprach, nur Fletcher war noch nicht auf dem Laufenden.
    »Karten«, sagte Trask, indem er einen Blick auf den riesigen Bildschirm an der Wand warf. »Landkarten von Griechenland. Mit dem größtmöglichen Maßstab, den wir haben.«
    Doch David Chung unterbrach ihn. »Sir?« Der Lokalisierer hatte die Angewohnheit, Trask vor Dezernatsangehörigen, die noch nicht so lange dabei waren, zu siezen, noch immer nicht abgelegt.
    »Ja?« Trask blickte ihn an.
    »Weshalb gehen wir nicht drei Türen weiter? Sie baten Ian und mich doch, ein eigenes Kartenzimmer einzurichten. Das haben wir getan, einen großen Bildschirm haben wir auch aufgestellt. Und dort herrscht nicht so ein Kommen und Gehen.«
    »Sie gehen voran«, sagte Trask.
    Als die Tür zur Einsatzzentrale sich hinter ihnen schloss, blickten eine Handvoll ESPer und Techniker, die dort arbeiteten, auf, warfen einander achselzuckend Blicke zu und wandten sich wieder ihrer Arbeit zu.
    Draußen vor der Tür trat Paul Garvey neben Trask. »Ben«, sagte er, »diese rudimentäre Besetzung, von der du sprachst? Hier in der Zentrale, meine ich? Da würde ich gerne dazugehören.«
    Trask wusste, was er meinte. Es war erst zwei Jahre her, dass Garvey den Schritt ins Eheleben gewagt hatte. Seine Frau war jünger als er und hochschwanger. Überdies war sie blind, was die beiden zu einem idealen Paar machte. Da sie für seine telepathischen Fähigkeiten empfänglich war, hatte sie durch Paul

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