Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
besorgen? Diese Ohnmachtsanfälle haben vielleicht etwas mit deinen augenscheinlich mangelnden Essgewohnheiten zu tun. Du musst eindeutig mehr essen.“ Er musterte mich eingehend, als würde er mein Körpergewicht schätzen.
Ich verdrehte genervt die Augen. „Du müsstest doch inzwischen wissen, dass ich allergisch auf Befehle jeder Art reagiere, auch wenn es gut gemeinte Tipps sind.“ Seine sofortige beschwichtigende Geste, die surreal an ihm wirkte, weil so ungewohnt defensiv, provozierte ein Lächeln auf meine Lippen. „Meinen Lieblingsfalaffelladen hast du mir ja jetzt verboten, also muss ich mir erst noch was Neues suchen.“ Ich runzelte die Stirn, weil David mich mit einem seltsamen Lächeln ansah. „Was ist?“
„Das ist das erste Mal, dass ich dich habe lächeln sehen. Und dann galt es auch noch mir.“ Er legte seine rechte flache Hand in gespielter Fassungslosigkeit an die Brust.
„Mir war in letzter Zeit eben nicht gerade viel zum Lachen zumute.“
„Wegen mir?“, fragte David behutsam.
Ich nickte zögerlich . „Auch, ja. Dann dieser finstere Typ, der mir ständig aufzulauern scheint.“ Ich beschloss, mich David gegenüber ein wenig zu öffnen. Immerhin hatte er sich mir gegenüber eben auch aufrichtig gezeigt. „Das erste Aufeinandertreffen tat ich als Großstadterlebnis ab, aber als es wieder passierte und dann auch noch ein Wagen auftauchte, aus dem mich ein Mann anherrschte, einzusteigen, da war es um mein Vertrauen in die Welt geschehen. Dann du und dein undurchsichtiges Verhalten mir und meiner Schwester gegenüber, und über all dem das immer wiederkehrende seltsame Gefühl, beobachtet zu werden.“
David fuhr sich nachdenklich mit einer Hand über sein glatt rasiertes Kinn. „Der Typ führt wahrlich nichts Gutes im Schilde, deswegen habe ich dich damals auch vielleicht etwas zu harsch aufgefordert, schnell in mein Auto zu steigen. Ich hätte wissen müssen, dass dich das noch misstrauischer stimmt.“
„Also kennst du ihn?“ Ich bemühte mich, nicht anklagend zu klingen.
Er zog unwillig die Stirn kraus. Anscheinend war er immer noch nicht bereit, über seine Bekanntschaft mit dem Kerl zu reden. „Ich hatte, nachdem du weggerannt warst, eine Unterhaltung mit ihm“, gab er stattdessen zu. Wobei er das Wort „Unterhaltung“ seltsam aussprach, so dass ich daran zweifelte, dass allzu viele Worte gewechselt worden waren.
„Ein Rec htsanwalt der gewalttätig wird?“ Ich konnte mir David nicht in einer Schlägerei vorstellen. Nicht mit seinem feinen Anzug und seinem üblichen aristokratischen Verhalten.
David verzog missmutig seine Miene. „Ich vermutete, dass er dich wieder angehen würde, bekäme er die Chance dazu. Deswegen habe ich ihm gesagt, dass du …“, er stockte und warf mir einen zögerlichen Blick zu, „…zu mir gehörst und er es mit mir zu tun bekommt, sollte er dir noch mal zu nahe kommen.“
„Anscheinend hat ihn das erst recht gereizt, mir aufzulauern.“
„Hmm . Irgendetwas scheint ihn auf jeden Fall immens an dir zu reizen.“
Mir hallte das gefauchte „Sie gehört mir“ des finsteren Typen noch allzu deutlich in den Ohren. Es hatte tatsächlich wie eine Erwiderung auf eine unausgesprochene Aussage geklungen und ich hatte die leise Vermutung, dass David im Gespräch mit dem Typen ebenfalls das Wörtchen „zu“ in dem „sie gehört zu mir“ weggelassen hatte. Was ein mulmiges Gefühl in mir auslöste. Doch vorerst wollte ich nicht darauf eingehen, wer hier wem gehörte.
Davids nächste Frage riss mich aus meinen Gedanken. „Als du heute gesagt hast, du könntest nicht auf deinen gesunden Menschenverstand zählen, was meintest du damit?“
Mein Puls stieg unwillkürlich an. Diesen Part meiner seltsamen Empfindungen wollte ich David definitiv nicht anvertrauen. Also wich ich aus. „Ich fühle mich verfolgt, beobachtet und meine, mich vor dir schützen zu müssen. Das ist schon alles sehr verwirrend.“ Einen Moment befürchtete ich, David würde mir das nicht abnehmen. Er wartete ein wenig zu lange mit seiner Antwort und ein Aufblitzen in seinen Augen zeigte mir, dass er misstrauisch war.
„Es ist faszinierend, dass du so empfindest. Faszinierend für mich“, fügte er nach einem missmutigen Blick von mir schnell hinzu. „Ich habe noch nie einen Menschen wie dich getroffen.“
„Du meinst, ein weibliches Wesen, das dir nicht bedingungslos zu Füßen liegt?“, rutschte es mir leicht bissig heraus.
David überging meinen Kommentar.
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