Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Titel: Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Louka
Vom Netzwerk:
„ Wie erklärst du dir diese intuitive Schutzfunktion?“
    Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich wusste bis heute ja nicht mal, vor was genau ich mich schützen sollte. Und so richtig sicher bin ich mir da jetzt auch noch nicht.“
    David seufzte. „Du weißt immer noch nicht auf welcher Seite d u mich einordnen sollst, oder?“ Er wirkte gekränkt.
    „Nein“, ga b ich ehrlich zurück.
    David seufzte erneut. „Also gut. Dann i st es vielleicht an der Zeit, dass du die Fragen stellst.“ Erwartungsvoll lehnte er sich lässig zurück.
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Misstrauisch musterte ich ihn. Er wirkte ruhig. Gelassen. Frei von Arroganz, dennoch nahm ich ihm seine Nonchalance nicht ganz ab. „Wie machst du das genau mit dem Gedankenlesen? Musst du dem anderen dafür in die Augen sehen?“ Das war ein Test. Würde er jetzt zurückweichen, wüsste ich, dass er sein Angebot nicht ernst meinte.
    Doch David blieb relaxt. „Nein“, gab er knapp zurück, beließ es aber bei dieser Antwort.
    „Das heißt, du kannst über gewisse Entfernungen in die Gedanken eines Menschen eindringen, ohne direkt vor ihm stehen zu müssen?“
    „Ja “, antwortete er wieder äußerst knapp.
    Ich durfte eindeutig keine Fragen mehr stellen , auf die er nur mit „ja“ oder „nein“ antworten konnte. „Wie nimmst du über die Entfernung Kontakt zu einer gewünschten Person auf?“
    David warf mir einen Blick zu, als würde er mir dazu gratulieren, dass ich es endlich kapiert hatte, ihm offene Fragen zu stellen. „Das ist schwer zu erklären. Aber wenn ich einmal in einem Menschen gelesen habe, kann ich ihn auch weiter entfernt eindeutig identifizieren.“
    Ich runzelte die Stirn, fuhr aber fort mit meinen Fragen. „Was für Gedanken kannst du d enn wahrnehmen? Nur die aktuellen oder auch vergangene?“
    Diese Frage schien David zu amüsieren. „Ich kann nur Gedanken zum Zeitpunkt meines Lesens wahrnehmen.“
    „Was ist daran amüsant?“
    David warf mir ein gespielt leidvolles Grinsen zu. „Stell dir vor, ich könnte alle Gedanken lesen, die ein Mensch jemals gehabt hat. Herr im Himmel, das wäre ja furchtbar.“
    „Ich finde es furchtbar , überhaupt irgendwelche Gedanken anderer Menschen lesen zu können.“
    Davids Grinsen verging und er starrte mit bitterer Miene in die Ferne. „Ja, es ist Fluch und Segen zugleich. Die viel gerühmten zwei Seiten der Medaille.“
    „Musst du sie denn lesen?“ Die Frage klang vielleicht naiv, aber anscheinend konnte David ja auch entscheiden, meine Gedanken nicht zu lesen, also konnte er es doch allgemein einfach bleiben lassen, oder? Doch der wachsame, durchdringende Blick, den David mir zuwarf, verdeutlichte mir augenblicklich, dass hinter Davids „Gabe“ mehr steckte.
    Ein kalter Schauer lief über meinen Rücken. Jetzt wirkte David wieder unheimlich und prompt ging mein innerer Alarm los. Es war, als hielt jemand in meinem Kopf ein Warnschild hoch und meine innere Navigationsstimme wiederholte eindringlich „Wenn möglich, bitte wenden“. Ich musste David entsprechend ängstlich angesehen haben, denn sein Gesichtsausdruck wurde sofort wieder weicher.
    „Du hast Recht, theoretisch habe ich eine Wahl. Ich kann mich dazu entscheiden, nicht hinzuhören. Aber das ist ungefähr so, wie wenn ein hartgesottener Raucher sich von heute auf morgen vornimmt, mit dem Rauchen aufzuhören. Es ist eine Sucht. Und Süchte haben einen meistens fest im Griff.“ David machte einen Gesichtsausdruck, als würde er gerade fürchterlich leiden.
    „ Soll das heißen, sobald ich hier draußen bin, rennst du los und suchst dir den erstbesten Menschen, den du aushorchen kannst?“ Das sollte ironisch rüberkommen, aber David sah mich an, als hätte ich etwas sehr Wahres gesagt und mir lief ein erneuter eiskalter Schauer den Rücken hinunter.
    „Kommen wir auf dein Gefühl des Beobachtetwerdens zurück“, lenkte er schnell ab, wahrscheinlich weil ich einen entsetzten Ausdruck im Gesicht hatte und er verhindern wollte, dass ich tiefer in das Thema seiner „Sucht“ drang. „Wie genau äußert sich das? Wie spürst du mich?“
    Ich zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich kann es nicht erklären. Es ist wie ein Kribbeln im Nacken, eben das Gefühl, beobachtet zu werden.“
    „Und wie kommst du darauf, dass dieses Gefühl mit mir zusammenhängt?“
    Irgendetwas an seiner Stimmlage machte mich misstrauisch. Es klang, als erwartete er ein ganz bestimmtes Geständnis von mir. „Ich

Weitere Kostenlose Bücher