Envy-[Neid]
für ihn entworfen hatte. Trotzdem wollte er es lieber nicht einsetzen, es sei denn, er hätte keine andere Wahl. Vom juristischen Standpunkt aus konnte dieses Dokument zu heiklen Verwicklungen führen, was er bei rechtlichen Dingen lieber vermied. Und doch lag es in seinem Safe, als Rückversicherungsschein, ein Notnagel, den man im Fall der Fälle einsetzen könnte.
Mit frisch gestärkter Zuversicht und dem Gefühl, erneut unbesiegbar zu sein, traf er kurz nach sechs vor Nadias Wohnung in Chelsea ein. Er hatte Lust auf einen kalten Drink und eine kühle Dusche, gekrönt von heißem, aggressivem Sex.
Pfeifend trabte er die Treppe hoch. Beim Aufsperren der Wohnung allerdings erstarb dieses abrupt.
Aus dem Schlafzimmer tauchte soeben ein muskelbepackter junger Mann in einem hautengen schwarzen T-Shirt und Freizeithose auf und band sich seine Armbanduhr um. Anschließend schulterte er seine Sporttasche und schlenderte auf dem Weg zur Wohnungstür ungerührt an Noah vorbei. Ein lässiges Nicken war sein einziger Kommentar zu dessen Anwesenheit.
Mehrere Minuten, nachdem der junge Mann gegangen war, stand Noah immer noch wie angewurzelt auf der Schwelle und kochte vor Wut – eine Brennkammer im feinsten Hugo-Boss-Outfit. Er knöpfte seine Manschettenknöpfe mit dem Monogramm zu, strich sich die Haare glatt und wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. Alles geschah ganz bewusst, um seine Hände zu beschäftigen. Sonst hätte er damit irgendetwas zerfetzt, zertrümmert oder sonstwie zerstört, ob lebendig oder nicht. In solchen Momenten war er nicht wählerisch.
Als er sich schließlich einigermaßen unter Kontrolle hatte, ging er auf das Schlafzimmer zu und stieß die Tür sacht auf. Lautlos schwang sie zurück. Nadia lag auf dem Bett. Zwischen feuchten, zerknüllten Laken. Nackt. Mit feuchten, zerzausten Haaren. Nur ihre Haut war kaum mehr feucht.
Bei seinem Anblick regte sie sich und lächelte schläfrig.
»Noah, Liebling, ist es schon sechs? Ich habe jedes Zeitgefühl verloren.«
Obwohl es in seinen Schläfen fast schmerzhaft pochte, blieb seine Stimme ruhig. »Wer war dieser Mann?«
»Ach, bist du Frankie begegnet? Er arbeitet als Privattrainer in meinem Fitnessstudio.«
»Was hatte er hier zu suchen?«
Sie stützte sich auf einen Ellbogen. Lediglich ein verschlagenes Lächeln milderte den boshaften Blick, mit dem sie ihn bedachte. »Noah, das ist eine unglaublich dumme Frage.«
Daniel Matherly las die letzte Manuskriptseite. Während er die Blätter fein säuberlich mit den Kanten aufeinander stapelte, sagte er: »Ist das alles, was du bisher hast?«
Maris nickte. »Seit meiner Rückkehr habe ich nichts mehr von ihm bekommen. Obwohl ich ihn mehrmals angerufen habe, um ihn anzufeuern, hatte ich immer nur seinen Berater am Apparat, Mike. Er sagt, P…, der Autor, schreibt momentan nicht besonders intensiv.«
»Woran liegt das wohl?«
»Er schmollt.«
»Seine Muse ist davongeflogen.«
»Nichts so Geheimnisvolles. Er ist lediglich von Haus aus ein störrisches Muli. Und muss, wie alle Mulis, angeschoben werden.« Zögernd fügte sie hinzu: »Also fahre ich wieder hin.«
»Wirklich? Wann?«
»Ich bin bereits auf dem Weg zum Flughafen.«
»Verstehe.«
»Ich habe nur noch rasch angehalten, um nach dir zu sehen, mich von dir zu verabschieden und zu hören, was du von deiner bisherigen Lektüre hältst.«
Eine Woche hatte sie ihre Abreise aufgeschoben. Nachdem sie Noah in Nadia Schullers Wohnung erwischt hatte, stand ihre Rückkehr nach Georgia jedoch fest. Sie würde Parker wiedersehen.
Die Affäre ihres Mannes hatte ihr grünes Licht gegeben, ihre zweideutigen und widersprüchlichen Gefühle zu Parker zu überprüfen. Aber aus Fairness ihm und sich selbst gegenüber hatte sie die Reise so lange aufgeschoben, bis sie die Sache aus jedem Blickwinkel durchdacht hatte. Denn eines sollte ihre Rückkehr nicht werden: eine Kurzschlussreaktion auf eine ganze Reihe von Veränderungen in ihrem Leben, die urplötzlich über sie hereingebrochen waren. Die Reaktion einer zornigen und rachsüchtigen Ehefrau sollte es nicht sein. Sie wollte stattdessen einen bewussten Schritt tun, nach tagelanger intensiver Bedenkzeit.
Die letzten sieben Tage hatte sie an kaum etwas anderes gedacht.
Am Morgen ihrer Abreise war sie schrecklich wütend auf Parker gewesen. Trotzdem hatte sie in Wahrheit gar nicht fortgehen wollen. Inzwischen konnte sie das zugeben. Und seitdem hatte sie nur einen einzigen Wunsch gehabt:
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