Envy-[Neid]
darin, ihn vorzeitig aufzuregen. Trotzdem war es keine leichte Aufgabe, ständig so zu tun, als sei alles normal.
Inzwischen beobachtete er sie eindringlich mit dem ihm eigenen Instinkt, der sie sehr nervös machte. Unter diesen unverwandten Blicken gelassen zu bleiben, war schwierig.
»Also, Pa, was hältst du davon?«
»Von diesem Buch? Ich finde es sehr gut. Als Verleger würde ich den Autor antreiben, es fertig zu schreiben.«
»Dann bin ich auch schon weg.« Sie stand auf und begann, ihren Regenmantel anzuziehen.
»Und was hält Noah davon?«
»Er hat es noch nicht gelesen.«
»Maris, damit meine ich nicht das Manuskript. Was hält er davon, dass du fortfährst, um noch mehr Zeit mit diesem Schriftsteller zu verbringen?«
»Ich benötige seine Erlaubnis nicht.« Als sie sah, wie sehr ihn ihr scharfer Ton erstaunte, beschwichtigte sie.
»Entschuldige, Pa, ich wollte dich nicht anherrschen.«
»Entschuldigung angenommen. Ich maße mir keinerlei Einmischung in dein Privatleben an. Es ist nur, dass…«
»Brich jetzt nicht ab. Jetzt bist du schon so weit.«
Er griff nach ihrer Hand. »Es ist nur so, dass ich mich noch gut erinnere, wie du dich zuerst in ein Buch und dann in den Autor verliebt hast.«
Sie lächelte ihn matt an. »Das denkst du also? Dass ich mich wie ein Schulmädchen in diesen Schriftsteller verknallt habe?«
»Es wäre nicht das erste Mal.«
»Inzwischen bin ich älter und klüger.« Und habe meine Lektion gelernt, hätte sie beinahe noch hinzugefügt.
»Dieses Buch, dieser Autor haben nichts mit Noah und unserer Ehe zu tun. Nicht das geringste.«
Dies entsprach der Wahrheit. Ihre Ehe war vorbei, ob sie Parker Evans je wiedersah, oder nicht. Auch wenn sie nie etwas über Parker oder Neid erfahren hätte, wäre ihre Ehe zu Ende. Weil ihr Ehemann ein falsches Spiel spielte, und ihre Ehe eine Farce war.
»Also ist Noah damit einverstanden, dass du gehst?« Anscheinend waren Daniel Noahs Gefühle in dieser Sache sehr wichtig, was sich aber ändern würde, wenn er die ganze Geschichte kannte. Sie war versucht, die Ärmel aufzukrempeln und ihm die blauen Flecken auf ihren Armen zu zeigen, die nach einer Woche noch nicht verblasst waren. Sie konnte ihm erzählen, wie sie eine Stunde lang Blut gespuckt hatte, nachdem sie sich in die Zunge gebissen hatte. Was wäre, wenn sie Noahs bittere Drohungen wiederholte und dabei denselben finsteren Tonfall anschlüge, der fast noch alarmierender gewesen war als die Worte an sich? Ihr Vater würde ebenso entsetzt wie sie reagieren. Auf der Stelle würde er Noah aufsuchen und ihn eigenhändig bestrafen.
Und genau deshalb würde sie Noah nicht jetzt vor ihm entlarven. Das würde sie sich für einen Tag aufsparen, bis zu dem sie mehr Ordnung in ihr Innenleben gebracht hatte. Wenn sie nicht gerade dabei war, die Stadt zu verlassen. Wenn sie für Matherly Press und für ihr Privatleben einen gut funktionierenden Plan ausgearbeitet hatte. Bis sie keine endgültigen Antworten parat hatte, würde sie ihrem Vater keinen ausführlichen Bericht über ihre Probleme geben.
Stattdessen schaute sie ihm unverwandt in die Augen und log ihn zum ersten Mal in ihrem Leben an. »Ja, er ist einverstanden.«
Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und küsste sie links und rechts auf die Wange. »Wann geht dein Flug?«
»Ich werde es gerade noch schaffen.« Unter heftigen Gewissensbissen wegen ihrer Lüge umarmte sie ihn innig. Als sie die Augen zusammenpresste, war sie nicht überrascht, Tränen zu spüren. »Pa, du bist mein bester Freund. Ich liebe dich sehr.«
»Und ich liebe dich, Maris.« Er hielt sie von sich, um ihr in die Augen schauen zu können. »Mehr als du je wissen kannst.«
Kapitel 25
Parker öffnete selbst die Tür. Mehrere Augenblicke schaute er sie verblüfft an. Schließlich sagte er: »Hast du etwas vergessen?«
»Nette Idee.«
»Danke schön.«
»Möchtest du mich hereinbitten?«
Er zögerte, als dächte er darüber nach, dann schob er seinen Rollstuhl rückwärts in die Eingangshalle und machte ihr Platz. »Wo ist Mike?«
»Er ist aufs Festland. Wegen Lebensmitteln, Toilettenpapier und solchem Zeug.«
»Und hat dich hier allein gelassen?«
»Ich bin nicht hilflos.« Seine Bemerkung glich einem Knurren. »Ich habe hier schon allein gelebt, bevor Mike dazustieß. Außerdem bin ich nicht allein.«
Er hatte eine Frau bei sich.
Erst jetzt merkte Maris, dass alles darauf hindeutete: Mike war fort. Parkers Hemd stand offen, und seine Haare
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