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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Höhleneingang und winkte mit der Hand. »Schrei nicht so«, sagte er übellaunig. »Ich bin schließlich nicht taub. Und andere auch nicht.«
    »Was ist da oben los?« fragte Skar.
    »Nichts. Das heißt… komm rauf und sieh es dir selbst an. Und beeilt euch.« Er trat vom Eingang zurück, hantierte eine Zeitlang im Dunkeln herum und erschien dann wieder unter der Tunnelöffnung. »Vorsicht da unten. Tretet ein Stück zurück!« Er holte aus, warf das Seil zu ihnen herab und zog es so weit wieder hoch, daß das Ende einen halben Meter über dem Boden pendelte. »Los jetzt«, befahl er. »Der erste! Und beeilt euch.« In seiner Stimme war ein leiser, nervöser Unterton, unhörbar für die anderen, aber für Skar Signal genug, ihn davon zu überzeugen, daß da oben längst nicht alles so in Ordnung war, wie Del sie glauben machen wollte. Er fingerte nervös an seinem Schwert und trat beiseite, als Coar nach dem Seil griff und sich das Ende ein paarmal um die Handgelenke wickelte.
    »Sei vorsichtig«, mahnte er.
    Sie nickte, stemmte den rechten Fuß in die Wand und begann sich langsam am Seil emporzuziehen. Die dünne Leine straffte sich und begann zu vibrieren, als Coar auch den anderen Fuß vom Boden löste und für einen Moment scheinbar frei in der Luft hing. Eine Lawine kleiner Steine und losen Erdreiches polterte von oben herab und überschüttete sie mit Staub. Del keuchte vor Anstrengung; ein Laut, der trotz der großen Höhe noch deutlich zu vernehmen war.
    »Hilf ihm«, sagte Skar hastig. »Er kann dich nicht allein hinaufziehen. Du mußt klettern.« Er sah, wie sich Coars Gesicht vor Anstrengung verzerrte. Aber sie gehorchte, beugte sich weiter hintenüber und stemmte mühsam einen Fuß vor den anderen in die Wand, um langsam nach oben zu steigen.
    »Das schafft er nicht«, sagte Bernec nervös. »Kein Mensch hat soviel Kraft.« Er begann unruhig auf der Stelle zu treten und mit den Händen zu ringen. »Wenn ich wüßte, —wie sicher diese Dinger sind«, murmelte er mit einem Blick auf den schwarzen Strang, an dem Del nach oben gestiegen war, »könnte ich hinaufklettern und ihm helfen…«
    »Er schafft es schon«, versuchte
ihn
Skar zu beruhigen. »Coar wiegt nicht viel. Wenn sie oben ist und ihm helfen kann, ist es leichter. Und jetzt hör auf, uns alle nervös zu machen«, fügte er etwas schärfer hinzu.
    Bernec zuckte zusammen und sah ihn einen Herzschlag lang wütend an. Dann senkte er den Blick und nickte unmerklich. Skar konnte seine Gefühle nur zu gut verstehen. Er hatte zuviel hinnehmen müssen, um nun auch noch Coar zu verlieren. Aber wenn es in ihrer Situation überhaupt noch etwas gab, was ihnen helfen konnte, dann nur Ruhe.
    Coar brauchte nur wenige Minuten, um mit Dels Hilfe an der senkrechten Wand emporzusteigen und den Stollen zu erreichen, aber Skar und den anderen erschien es, als vergingen Stunden, bis Del sie endlich an den Handgelenken ergreifen und mit einem letzten Ruck zu sich heraufziehen konnte.
    Das Licht über ihnen begann zu flackern. Für einen Moment hörten sie gedämpfte Stimmen, ohne die Worte zu verstehen, dann fiel das Seil ein zweites Mal zu ihnen herab und pendelte lose an der Wand.
    »Skar — jetzt du.«
    Skar griff nach dem dünnen Lederriemen, zögerte aber noch einen Moment. »Du solltest dich einen Augenblick ausruhen!« rief er hinauf. »Ich bin schwerer als Coar, weißt du.«
    »Hör auf, blöd rumzuquatschen, und komm endlich!« brüllte Del. Diesmal war die Angst in seiner Stimme nicht mehr zu überhören. Skar zog das Seil straff, stemmte den Fuß in das lockere Erdreich der Wand und begann rasch und sicher hinaufzusteigen. Das Seil zitterte in seinen Händen. Er wußte, daß sein Gewicht und die grausamen Rucke Del halbwegs die Arme aus den Gelenken reißen mußten. Trotzdem stieg er so schnell wie möglich weiter. Auch Dels Kräften waren Grenzen gesetzt, und Coar würde ihm kaum viel helfen können.
    Er brauchte nur wenig mehr als eine Minute, um die fünfzehn Meter hinaufzusteigen und den Stolleneingang zu erreichen. Dels Hand erschien über der zerbröckelten Kante und tastete nach seinen Fingern. Skar ergriff sie, zog sich mit einer letzten, verzweifelten Anstrengung hinauf und blieb keuchend auf Händen und Knien hocken. Neben
ihm
brach Del mit einem wimmernden Schmerzlaut zusammen. Sein Körper glänzte vor Schweiß, und die dünne rote Narbe an seiner Schulter schien wild im Rhythmus seines Herzschlages zu pulsieren. Seine Hände waren blutig,

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