Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
still, als Skar dicht hinter dem Quorrl auf den Gang hinaustrat. Dann hörte er Geräusche: das Poltern von Schritten über ihren Köpfen und Stimmen, die durch eine nur halb geschlossene Tür drangen, aber all diese Laute klangen sonderbar unwirklich und düster, die Stille schien noch immer da zu sein, als wäre aus der bloßen Abwesenheit von Geräuschen etwas anderes geworden, das sich nicht mehr vertreiben ließ. Unbehaglich sah er sich um, und als sein Blick Titchs Gesicht streifte, wußte er, daß es keine Einbildung war. Auch der Quorrl spürte es.
    Sie fanden Cron in der großen Kammer, in der er auch das erste Mal mit ihnen gesprochen hatte, sogar in der gleichen Haltung auf dem geschnitzten Thron hockend, die mächtigen Hände auf den Knien aufgestützt und die Schultern leicht nach vorne gebeugt, so daß er wie eine zu groß geratene, schuppige Kröte aussah.
    Aber das war auch alles, was Skar an den Cron erinnerte, den er kennengelernt hatte.
    Der Quorrl hatte sich völlig verändert, so radikal, daß Skar ihn wirklich nur noch an seiner hünenhaften Gestalt erkannte.
    Der Quorrl, den er als Herrn dieses Hofes kennengelernt hatte, war ein Gigant gewesen, nicht nur körperlich. Er hatte Kraft und Entschlossenheit verströmt wie einen spürbaren Geruch, und es war längst nicht nur seine imposante Erscheinung gewesen, die Skar sich in seiner Nähe wie einen Zwerg hatte fühlen lassen.
    Nichts war davon geblieben. Was Titch und ihm jetzt gegenübersaß, das war ein gebrochener Mann, in dessen Augen sich Entsetzen breitgemacht hatte, das nie wieder völlig erlöschen sollte. Seine Bewegungen waren matt, und der Spott, der in seiner Stimme liegen sollte, klang einfach nur mitleiderregend.
    »Laß deine Waffe stecken«, sagte Cron, als Titch in einer instinktiven Geste die Hand auf das Schwert in seinem Gürtel legte. »Du brauchst sie nicht.«
    Titchs Hand löste sich tatsächlich wieder vom Schwert, aber seine Haltung blieb angespannt. Er trat einen halben Schritt zurück und machte mit der freien Hand eine Geste zu Skar, Cron nicht näher zu kommen. Der Quorrl bemerkte die Bewegung sehr wohl, aber er reagierte nicht darauf. Sein Blick war starr auf Skars Gesicht gerichtet, und es war ein Blick, unter dem Skar sich sofort unwohl zu fühlen begann, denn das Feuer darin, das Titch für Zorn oder gar Haß zu halten schien, war in Wirklichkeit Angst. Die Vorstellung, daß ein Wesen wie dieser gigantische Quorrl vor einem Menschen
Angst
haben sollte, erschien Skar im ersten Augenblick absurd. Aber es war so.
    »Ihr müßt fort«, sagte Cron unvermittelt. »Ihr könnt nicht… nicht hierbleiben.«
    Skar tauschte einen überraschten Blick mit Titch. Cron sprach schleppend; mühsam und mit jener übertriebenen Betonung, die verriet, wie sehr er sich anstrengen mußte, um überhaupt zu reden. Seine gewaltigen Pranken spannten sich um die Lehnen seines Thronsessels, daß das steinharte Holz knirschte. Als sich sein Blick endlich von dem Skars löste und er wieder Titch ansah, wirkte er wie ein Mann, der versuchte, aus einem tiefen Schlaf zu erwachen, aber große Schwierigkeiten damit hatte.
    »Hast du uns rufen lassen, um uns
das
zu sagen?« erkundigte sich Titch mißtrauisch.
    Cron lachte: ein düsterer, klirrender Laut, der tief aus seiner Kehle kam und Skar erschaudern ließ. Ohne daß er sich der Bewegung im ersten Moment selbst bewußt wurde, kroch seine Hand wie die Titchs zuvor zum Gürtel und schmiegte sich um die Waffe, die darin steckte. Von Cron ging eine spürbare Bedrohung aus; aber er war nicht sicher, ob sie wirklich Titch und ihm galt.
    »Ihr seid die, die sie suchen«, sagte Cron plötzlich.
    »Wovon sprichst du?« sagte Titch. Er warf Skar einen warnenden Blick zu, nichts Unbedachtes zu sagen, und Cron registrierte auch dies. Skar nickte fast unmerklich, wobei er sich abermals der Tatsache bewußt war, daß keine noch so winzige Einzelheit ihres stummen Zwiegespräches Cron entgehen konnte.
    »Spiel nicht mit mir«, sagte Cron ärgerlich.
    Titch sah ihn fragend an, und Cron erwachte nun auch körperlich aus seiner Starre und beugte sich in seinem Stuhl vor. Obwohl er saß, war er noch immer einen guten Kopf größer als Skar und wirkte selbst jetzt noch beeindruckender als Titch, der selbst für einen Quorrl ein Gigant war. Skar mußte sich beherrschen, um nicht unwillkürlich einen Schritt vor Cron zurückzuweichen.
    Etwas sagte ihm, daß vielleicht ihrer beider Leben davon abhing, daß er jetzt

Weitere Kostenlose Bücher