Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
schüttelte den Kopf, und für einen Moment, einen winzigen, unendlich kostbaren Moment, sprach er wieder mit Skar, nicht mit dem
Ding,
in das er sich verwandelt hatte, und für die gleiche Zeitspanne war er wieder Titch, sein Freund, nicht Titch, der Führer des Quorrl-Heeres, der nur Skars Befehlen gehorchte. »Das Schicksal hat es so gewollt, daß unsere beiden Kämpfe zu einem wurden«, sagte er, »aber das ist Zufall, nicht mehr und nicht weniger. Wir werden zusammen siegen oder zusammen untergehen, aber wir kämpfen aus verschiedenen Gründen, Satai.«
    »Und ich dachte —«
    »Daß wir
dir
folgen?« Titch lachte. »Das ganze Volk der Quorrl für einen Menschen? Sei kein Narr, Skar. Ich weiß nicht, was du bist, aber ich weiß, was du
nicht
bist — nämlich ein Gott.
    So wenig wie Ennart und die anderen.«
    Etwas… geschah. In Skars Seele und drüben, auf den Inseln.
    Skar spürte es, wenn auch nur auf einer tieferen, seinem direkten Begreifen nicht zugänglichen Ebene seines Bewußtseins, aber er spürte zumindest, daß sich etwas ändert — im gleichen Moment, in dem ihm klar wurde, wie sehr er sich getäuscht hatte.
    Es war so etwas wie der letzte Schritt, der sich in seinem Innern vollzog. Bei Titch — und in gewissem Maße auch bei Rowl
    - hatte dieser Prozeß schon stattgefunden, aber nun vollzog er sich bei jedem einzelnen dieser über dreitausend Quorrl-Krieger in seiner Nähe: er akzeptierte endgültig, daß die Quorrl keine Werkzeuge waren, keine…
Dinge,
die er nach Belieben einsetzen und wie Figuren auf einem Brett herumschieben konnte, sondern lebende, denkende,
fühlende
Wesen, jedes einzelne dieser wandel-den Gebirge aus Schuppen und Muskeln und Knochen ein lebendes Wesen wie er, mit einem Schicksal, mit Gedanken, Gefühlen, Zorn und Haß, so wichtig oder unwichtig wie er selbst, wie Kiina und Titch und alle anderen, denen er bisher Menschlichkeit zugebilligt hatte. Er hatte die Quorrl benutzt, um sich den Weg zu ebnen, aber Titch hatte recht — es war niemals
ihr
Kampf gewesen. Er hatte kein Recht, auch nur ein einziges weiteres Leben zu opfern, um an sein Ziel zu gelangen.
    Und es war, als würde etwas tief, tief drinnen in seinem Innern auf diese Erkenntnis reagieren. Er hatte kein Recht, auch nur noch ein einziges Leben von Titch zu fordern. Er hatte es nie gehabt.
    »Was hast du?« fragte Titch. Es klang alarmiert; erschrocken.
    Skar fuhr zusammen. Für die Dauer eines Herzschlages blickte er den Quorrl irritiert an, erst dann wurde ihm klar, daß seine Gedanken Besitz von seinem Gesicht ergriffen und es zur Grimasse hatten werden lassen.
    »Nichts«, sagte er hastig. »Ich… irgend etwas geschieht.« »Etwas?« Titchs Augen wurden schmal.
    Skar drehte sich abrupt um und sah zum Fluß hinüber. Die Inseln lagen wie eine schwarze Masse aus geronnener Nacht in der Mitte des zwei Meilen breiten Bandes, fast unsichtbar, wären die Kuppeln und Dächer aus Gold nicht gewesen, auf denen sich dann und wann ein verräterischer Lichtstrahl brach.
    »Dort drüben?«- Titch trat neben ihn. »Glaubst du, sie werden —«
    Der Fluß bewegte sich.
    Skar spürte es, den Bruchteil einer Sekunde vor Titch, aber der Quorrl
sah
es früher als er, denn er brach mit einem erschrok-kenen Laut mitten im Wort ab und hob die Hand.
    Es war keine Täuschung: der Fluß
bewegte
sich — genauer gesagt:
etwas
im Fluß bewegte sich, wenn auch nichts Konkretes, Faßbares. Skar spürte es, und Titch
sah
es, aber weder er noch der Quorrl konnten wirklich erkennen, was es war.
Es
war, als… als wäre ein Teil des Wassers zu… etwas anderem geworden, etwas zugleich Körperlosem wie ungeheuer Mächtigem, das einen Teil der schäumenden, dahinschießenden Fluten in Bewegung brachte.
    Und sie waren nicht die einzigen, die es merkten: mehr und mehr Quorrl hielten in ihrer Arbeit inne, starrten auf den Fluß hinaus oder begannen sich unruhig zu bewegen; einige Krieger flohen vor dem Ufer, über dem plötzlich etwas Unheimliches, Drohendes zu hängen schien, andere standen wie gelähmt.
    »Was ist das?« flüsterte Titch.
    In das Tosen des Sturzes und das seidige Rauschen der Strömung mischte sich ein neuer Klang; ein Laut, den sie mehr mit den Körpern als mit dem Gehör aufnahmen; wie das Vibrieren eines Erdbebens, kurz, bevor der Schall sein Ziel erreichte. Der Boden zitterte
nicht,
aber es war ein Gefühl, als schüttelte sich die Wirklichkeit in Entsetzen vor dem, was der Fluß gebar. Etwas
kam.
    Dann sahen sie

Weitere Kostenlose Bücher