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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bedeuteten, oder der Umstand, daß der Quorrl wahrhaftig anzunehmen schien,
er allein
hätte dieses Massaker unter den Kriegern angerichtet.
    Vielleicht hatte er es ja.
    Er verscheuchte den Gedanken und wandte sich mit einem fragenden Blick an Cron. »Ich fürchte, ich… verstehe nicht, was du meinst«, sagte er unsicher. »Ich habe —«
    Cron unterbrach ihn mit einer abgehackt wirkenden Handbewegung. »Ich weiß nicht, wer du bist, Satai«, sagte er. »Ich weiß nicht,
was
du bist. Aber ich weiß, was du getan hast. Und du weißt, was es bedeutet. Spiel nicht mit mir. Ich bin es müde, zu lügen.« Wie um seine Worte zu unterstreichen, ließ er sich schwer gegen die geschnitzte Rückenlehne des Sessels fallen und seufzte; ein lang anhaltender, schmerzerfüllter Laut, der seine Erschöpfung deutlicher machte als alle Worte. »Ich habe gelogen, so lange ich denken kann, Satai«, flüsterte er, mit geschlossenen Augen und einer Stimme, die voller Bitterkeit und Schmerz war. »Mein ganzes Leben war eine Lüge.
Ich
bin eine Lüge.«
    »Was soll das bedeuten?«
    Cron öffnete mühsam die Augen und lachte. »Frag deinen Freund, Satai. Er kann es dir erklären. Er weiß es. Ich glaube, er weiß es schon lange. Nicht wahr, Titch?«
    Titch nickte. »Schon als ich dich das erste Mal sah. Schon vorher.«
    »Und trotzdem hast du geschwiegen?«
    Titch wollte antworten, aber Cron machte eine Handbewegung, zu schweigen, und drehte sich wieder zu Skar um. »Die Zeit der Lügen ist vorbei, Satai. Sie werden kommen und mich töten, mich und alle anderen. Dein Freund hat recht — in ein paar Tagen wird es diesen Hof nicht mehr geben, und an Cron wird nur noch eine verbrannte Ruine erinnern; und vielleicht die Narben, die ich ihnen schlagen werde, ehe sie mich töten.
    Aber es spielt keine Rolle mehr. Es ist gut so, wie es gekommen ist. Vielleicht haben die Götter dich zu mir geschickt, vielleicht der Teufel. Du bist nun einmal da, und was du getan hast, ist getan worden. Vielleicht wurdest du gesandt, um das zu tun, wozu ich zu feige war.«
    »Was zu tun?« fragte Titch betont.
    »Ihn zu erschlagen!« antwortete Cron mit unerwarteter Heftigkeit. »Diesen verdammten Tyrannen in Ninga seinen Kopf zu schicken, als die Antwort, die ihnen gebührt.«
    Skar sah überrascht zu Titch, aber auch dem Quorrl schien der Sinn dieser Worte nicht ganz klar. Er deutete ein Achselzuk-ken an und machte eine fast hilflose Handbewegung, ehe er sich wieder an Cron wandte: »Du meinst den —«
    »Den
Bestimmer!«
antwortete Cron heftig. Er spie das Wort aus wie eine Beschimpfung. »Dieser verdammte Tyrann, der sich als Gott dünkt. Mein Leben lang habe ich unter ihm gelitten, wie alle anderen. Aber ich war zu feige, mich zu wehren. Ihr glaubt, ihr hättet mein Leben zerstört? Das habt ihr nicht. Ihr habt nur getan, wozu ich nicht den Mut hatte. Wenn ich sterbe, dann ist es die gerechte Strafe der Götter für meine Feigheit.« »Sie sind nicht gerecht«, sagte Skar. Titch fuhr abermals zusammen, und diesmal war in seinem Blick viel mehr Zorn als Warnung, aber Cron schien die Bemerkung überhört zu haben. »Krieger!« stieß er hervor. »Weißt du, was er von mir verlangt hat? Er wollte
Krieger!
Die Brut eines Jahres, damit sie ihr verdammtes Heer auffrischen können. Wir brauchen Männer und Frauen, die auf den Feldern arbeiten. Die Häuser bauen und Krankheiten heilen und das Vieh hüten, und sie wollen Krieger. Immer nur Krieger!«
    Skar verstand nicht ein Wort. Sein Blick irrte verstört zwischen Cron und Titchs Gesicht hin und her, und was er auf den Zügen des Quorrl-Kriegers las, steigerte seine Verwirrung noch mehr. Titch wirkte erschrocken, ja, fast entsetzt, und plötzlich erinnerte sich Skar wieder einer Bemerkung, die Titch irgendwann einmal gemacht hatte, ohne daß er ihren wahren Sinn — oder zumindest ihre Tragweite — wirklich begriffen hatte:
Wir werden als Krieger gezeugt, Skar.
    »Krieger!« sagte Cron noch einmal. »Unser Volk blutet aus. Unsere Kinder hungern, weil nicht genug Männer und Frauen da sind, um die Felder zu bestellen, und aus den eisigen Bergen des Nordens rücken die Ungeheuer näher, weil es keine Jäger mehr gibt, sie im Zaum zu halten. Krankheiten breiten sich aus, weil unsere Heiler sterben, aber es gibt keine neuen. Und sie wollen Krieger von mir!«
    »Aber der
Bestimmer
 —«, begann Titch, um sofort wieder von Cron unterbrochen zu werden.
    »Der
Bestimmer!«
brüllte der Quorrl. »Ich habe gefleht,

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