Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
abgeschnittener oder herausgerissener Kabel und Geräte. Jetzt enthielt sie einen hohen Felssockel, auf dem eine weniger als anderthalb Meter hohe Statue aus grünlichem Stein stand.
    Titch keuchte, und Rowls Augen weiteten sich in jähem Entsetzen, als er die steinerne Figur erblickte.
    Skar trat neugierig näher. Er verstand den Grund für Titchs Schrecken nicht — die Skulptur zeigte keine der namenlosen Schrecken quorrlscher Dämonologie, keinen
Daij-Djan
oder
Ul-tha
oder andere Schreckensgestalten, sondern ein schlankes, echsenhaftes Wesen mit fein geschnittenen Zügen und fast zerbrechlichen Gliedern. Das Vorbild, nach dem es geschaffen worden war, konnte nicht viel größer als ein Kind gewesen sein, und auch nicht bedeutend kräftiger, wenn die nadelspitzen Fänge in dem halb geöffneten Maul und die schrecklichen Krallen an den Enden seiner Finger und Zehen auch seine Wehrhaftigkeit bewiesen. Es hatte einen Schwanz, wie die Reitechsen der
Errish,
und in den Augen, die kunstvoll aus rotem Kristall nachempfunden waren, stand eine große, noch nicht menschliche, aber auch ganz und gar nicht mehr tierische Klugheit.
    »Was ist das?« murmelte Skar verwirrt.
    »Wir«, antwortete der Priester. Skar hörte, wie er aufstand und sich stöhnend näherschleppte. Weder Titch noch der Bastard versuchten ihn daran zu hindern. »Das Volk, aus dem wir gemacht wurden, Satai. Unsere Vorfahren.«
    Skar besah sich die Statue noch einmal und genauer, und nach ein paar Sekunden begriff er, daß der Priester die Wahrheit sprach. Das kleine Echsenwesen hatte kaum Ähnlichkeit mit einem Quorrl, und doch schien alles, was die großen Schuppenkrieger ausmachte, schon vorhanden zu sein, wie etwas, das unter der Oberfläche des Sichtbaren schlummerte und nur darauf wartete, hervorzubrechen.
    »Ich habe ihn mir angesehen«, flüsterte der Priester. »Seit ich das erste Mal hier heruntergekommen bin, habe ich ihn betrachtet, Satai, Tag für Tag. Und ich habe getan, was ich tun mußte, damit wir nicht wieder zu
dem da
werden.« Plötzlich fuhr er herum, und Zorn flammte in seinen Augen auf, ein heiliger, lodernder Zorn, der selbst Titch einen halben Schritt zurückweichen ließ. »Du nennst es eine Maschine!« schrie er. »Und vielleicht ist sie das! Vielleicht hast du recht, und wir haben immer nur einen Gott aus Stahl angebetet! Aber er war das einzige, was zwischen uns und
ihm
stand!«
    Titch antwortete nicht, aber etwas in seinem Blick schien zu zerbrechen, und plötzlich wußte Skar, daß sein Haß auf den Priester und seine Brüder erloschen war. Vielleicht — sicher —würde er dem Quorrl niemals trauen, und vielleicht würde er ihn trotz allem töten, aber er verstand jetzt seine Gründe. Es war diese Statue, die Mahnung an das, woraus die Quorrl erschaffen worden waren, die den Priester und seine Vorgänger Tag für Tag, Jahrhundert für Jahrhundert, Jahrtausend für Jahrtausend daran erinnert hatten, wie wichtig ihr Tun war.
    »Wir werden wieder zu ihnen werden, wenn ihr die Maschine zerstört«, sagte der Priester. »Tötet mich. Vernichtet sie, und ohne das Wasser des Lebens wird
das da
aus euren Eiern schlüpfen!«
    »Du irrst dich, Priester«, sagte Skar. Er deutete auf Rowl. »Sie sind der Beweis. Ihr braucht diese Maschine nicht mehr. Vielleicht war euer Tun nötig, vor langer Zeit. Vielleicht mußte diese Maschine einmal sein, aber das ist vorbei. Die Bastarde haben es bewiesen, und alle anderen Quorrl, die ihre Kinder vor euch versteckt haben. Die Natur hat längst übernommen, was diese Maschine begonnen hat.«
    »Und die… die Ssirhaa?« flüsterte Rowl.
    Skar deutete mit einer Kopfbewegung auf den Priester. »Er hat es selbst gesagt, Rowl. Wahrscheinlich hat es sie nie gegeben.« »Aber wer waren sie dann?«
    »Sterbliche Wesen wie wir«, antwortete Titch an Skars Stelle.
    Er lachte bitter, aber in seinen Augen schimmerten Tränen. »Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es erkennen müssen, als Ennart zum zweiten Mal erschien. Es gibt nur ein Volk auf unserer Welt, das seine Gestalt nach Belieben ändern kann, Rowl.«
    Ja,
dachte Skar bitter.
So wie es nur einen Mann auf ihrer Welt gab, der zu einem Plan wie diesem fähig war.
Er hätte es wissen müssen. Er betrachtete den Priester, Rowl und Titch mit einem langen, fast melancholischen Blick, dann lächelte er zum Abschied, wandte sich um und blieb dann noch einmal stehen, um sich ein letztes, ein unwiderruflich allerletztes Mal an Titch zu

Weitere Kostenlose Bücher