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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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folgen können, selbst, wenn er gewollt hätte.
    Aber er machte nicht einmal den Versuch. Niedergeschlagen, verkrampft und vielleicht zum ersten Mal im Leben aus Schmerz den Tränen nahe, sah er dem Quorrl nach, bis seine Gestalt zu einem goldenen Blitz im niederströmenden Grau geworden war, ehe er sein Pferd herumdrehte und langsam an Kiinas Seite zurückritt.
Ist das deine Rache, Bruder?
dachte er.
Zerstörst du jetzt das einzige, was mir bisher noch die Kraft gegeben hat, dir zu widerstehen?
    Die Stimme in seinem Inneren schwieg.

I rgendwie schaffte er es, bis zum Abend durchzuhalten. Skar wußte nicht wie — wenn er versuchte, sich an den Tag zurückzuerinnern, dann war in seinen Gedanken nur ein wüstes Durcheinander von Schmerz und Fieber und Durst und Alpträumen, die ihn plagten, obwohl er nicht einmal schlief. Einmal hatte er geglaubt, den
Daij-Djan
zu sehen — er war neben Kiina geritten und hatte irgend etwas zu ihr gesagt, woraufhin sie sich zu ihm herumdrehte und antwortete, aber unter der schwarzen Kapuze des Quorrl-Mantels war nicht Kiinas Gesicht gewesen, sondern die grinsende Fratze der Sternenbestie, und um ein Haar hätte er sie geschlagen. Er bemerkte seinen Irrtum rechtzeitig, aber von diesem Moment an mied auch sie seine unmittelbare Nähe. Sie rasteten nicht unmittelbar am Fuß der Berge, wie Skar gehofft hatte, sondern ritten noch fast eine Stunde weiter, obwohl das Licht bald so schwach wurde, daß jeder Schritt auf dem rissigen, geröllübersäten Boden zu einem lebensgefährlichen Risiko wurde. Titch ließ eine kleine Anzahl seiner Krieger zurück, um ihren Rücken zu decken, aber die Hauptmacht des Heeres
    - während des ganzen Tages waren mehr oder weniger große Gruppen von Deserteuren zu ihnen gestoßen, so daß ihre Zahl nun auf über siebenhundert angewachsen war — quälte sich weiter, bis Caran zu einem gigantischen Schatten vor ihnen geworden war, der fast den gesamten Horizont ausfüllte, wie ein dreieckiges schwarzes Loch, das aus der Nacht ausgestanzt worden war.
    Schließlich erreichten sie ein kleines Felsplateau, und Titch gab das Zeichen zum Anhalten. Die Krieger stiegen aus den Sätteln und begannen unverzüglich ein Lager aufzuschlagen — die Skar schon sattsam bekannten kleinen, schmuddeligweißen Zelte und zu seiner Überraschung auch eine große Anzahl mit Stein eingefaßter Feuerstellen. Aber er begriff auch fast im gleichen Moment, wie lächerlich seine Befürchtungen waren. Die Nacht würde kalt werden, und sie waren einfach zu viele, um auch nur den Versuch zu unternehmen, sich zu verstecken. Ganz davon abgesehen, daß es zum Caran hin so gut wie keine Deckung gab, mußten auch ihre Verfolger ganz genau wissen, wo sie zu finden waren. Titch hatte ihm erklärt, daß es nur diesen einen Weg zum Berg hinauf gab.
    Müde und so ungeschickt, daß er fast stürzte, kletterte er vom Pferd und ließ sich schwer auf einen Felsen sinken. Seine Schultern schienen Zentner zu wiegen, und das Schwert zerrte wie eine Tonnenlast an seiner Hüfte. Ihm war übel.
    »Hier«, sagte eine Stimme neben ihm. »Trink das.«
    Skar sah auf und blinzelte wie durch einen Nebel aus Schwäche in Titchs Gesicht. Der Quorrl hatte wenig mit ihm geredet, seit ihrem Gespräch vom Mittag, aber er war ihm auch nicht direkt ausgewichen, wie Kiina es getan hatte. Mit zitternden Händen griff Skar nach der Schale, die der Quorrl ihm hinhielt, setzte sie an und stellte erleichtert fest, daß sie keine von Titchs Zaubertränken enthielt, sondern ganz ordinäres, aber eiskaltes Wasser. Er leerte sie mit großen, fast gierigen Schlucken.
    »Hast du Hunger?« erkundigte sich Titch.
    Skar
hatte
Hunger — er hatte seit zwei Tagen so gut wie nichts mehr gegessen, und wo sein Magen sein sollte, befand sich ein harter Klumpen, der im Rhythmus seines Herzschlages pulsierte. Aber allein der Gedanke an Essen machte ihn gleichzeitig fast krank.
    »Ja«, antwortete er. »Aber ich kann nichts essen.«
    Die Besorgnis in Titchs Blick wurde ein ganz kleines bißchen tiefer. Aber er ging mit keinem Wort auf Skars Antwort ein, sondern trat einen Schritt zurück und streckte die Hand aus, um ihm aufzuhelfen.
    Skar schwindelte. Titch mußte fester zugreifen, um ein abermaliges Straucheln zu verhindern. »Bist du sicher, daß du gehen kannst?« fragte er.
    »Gehen?« Alles in Skars Kopf drehte sich. Er hatte Mühe, den Sinn von Titchs Worten zu begreifen.
    »Die Höhlen«, erinnerte Titch geduldig. »Es ist nicht mehr

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