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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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jede Vernunft und wider jede Vorsicht, die einem Krieger in einer vollkommen fremden Situation mehr als angeraten war.
    Wenn dieses
Etwas
glaubte ihn in der Hand zu haben, hatte es sich getäuscht. Vielleicht konnte es ihn mühelos töten, so wie er gedankenlos eine Fliege zerquetschen konnte. Vielleicht waren die dunklen Flecken auf seinen Armen und Beinen eine Warnung, die Schwäche, die ihn gestern fast niedergerungen hatte, nichts als Sendboten einer fremden Macht, gedacht ihn daran zu erinnern, dass ihn jederzeit der Strudel der Vernichtung mit hinabziehen konnte. Aber die Drohung zog nicht. Der Tod hatte schon Jahre vor seinem Ableben den Schrecken für ihn verloren, ja, war ihm sogar als milder Freund erschienen im Vergleich zu dem, was der böse Bruder aus ihm gemacht hatte, der
Wächter,
der sich in ihm eingenistet hatte und den er nicht anders losgeworden war als durch seinen eigenen Tod, durch diese Verzweiflungsaktion Dels, der ihn in einem wahnsinnigen Kampf mit vorbestimmtem Ende geradezu zerfleischt hatte.
    Nur, damit er jetzt wieder erweckt wurde, um einer unbekannten Macht zu dienen? Das war geradezu lächerlich. Nein, seine Stärke war nicht die eines Satai, sie war die Stärke eines wieder erwachten Toten, der seine Vernichtung nicht fürchtete, keinen Schmerz und kein Leid —denn all das waren ihm treue Weggefährten gewesen und würden es weiterhin sein, wenn es sein musste. Und wenn er jetzt innerlich verfaulte? Wenn diese dunklen Stellen so etwas wie Leichenflecken waren und er am lebendigen Leib verrottete?
    Er wischte den Gedanken mit einer ärgerlichen Handbewegung beiseite, öffnete die Tür und trat hinaus. Was er sah, gefiel ihm nicht: Dichte Nebelwolken hatten sich erstickend über die ärmlichen Häuser gelegt. Wie eine herabstürzende Wolke lag der Nebel auf dem Dorf, grau und wogend und von unheimlich flackerndem Leben erfüllt; selbst die Häuser auf der anderen Seite des Dorfplatzes waren nur als blasse Schemen erkennbar. Ein Schwall warmer, nach Feuchtigkeit und brennendem Holzfeuer riechender Luft schlug ihm entgegen und schien ihn ersticken zu wollen, ließ jeden Atemzug zur Qual werden.
    Aber das war nicht alles, was ihn beunruhigte. Mochte er auch Tod und Verletzung nicht fürchten, so verfügte er doch über die Reflexe und Instinkte des geborenen Kriegers, der keinen Vorteil aus der Hand gibt, wenn er nicht muss, und der eine Gefahr erspürt, bevor sie greifbar wird. Und
hier
war Gefahr, hier lauerte Tod und Verderben. Mit gespannten Sinnen trat Skar einen weiteren Schritt vor und lauschte in das graue, verschlingende Nichts hinein.
    Kein Zweifel: Das leise, kaum wahrnehmbare Geklirr, das nervöse Schnauben mehrerer Pferde, das fast unhörbare Geraune und Getrappel — im Schutz des Nebels braute sich etwas unheilvoll zusammen. Skar begriff, wie blind und hilflos die Menschen hier waren. Kein Krieger würde sinnlose Diskussionen mit Fremden führen, wenn er übermächtige Feinde in der Nähe weiß und sich selbst im Nebel gefangen sieht. Wenn er Roun und die Digger richtig einschätzte, würden sie es trotz der unheilvollen Witterung versäumen doppelte Wachen aufzustellen und kein Mensch würde hier auf die Idee kommen alles für einen Abwehrkampf vorzubereiten, Gräben zu ziehen, Barrikaden aufzubauen und Fallen zu errichten.
    Hinter ihm war etwas. Leise Schritte, die kaum den Boden zu berühren schienen. Skar wirbelte herum, die Hand auf den Griff seines
Tschekals,
bereit im gleichen Augenblick die fürchterliche Waffe aus geschliffenem Sternenstahl zu ziehen.
    »Habe ich dich erschreckt?«, fragte Esanna. Das Mädchen lächelte leicht, als mache ihr die Vorstellung Spaß den mächtigen Krieger bei einer Unvorsichtigkeit zu ertappen. »Wo ist dein Vater?«, fragte Skar barsch, und als Esanna nur verständnislos den Kopf schüttelte, fuhr er fort: »Bring mich sofort zu ihm!«
    »Warum?«, fragte Esanna. »Ist etwas passiert?«
    »Das kann man wohl sagen.« Skars Stimme bekam einen unangenehm metallischen Klang. »Wenn mich nicht alles täuscht, werden wir gleich Besuch bekommen. Ungebetenen Besuch.«
    »Woher willst du das denn wissen?«
    »Hörst du es nicht?«, fragte Skar leise. »Die vielen kleinen Geräusche? Wenn es nicht eure Leute sind, die dort im Nebel unterwegs sind, dann, fürchte ich, sind es Quorrl.« Esanna legte den Kopf schief und lauschte. »Da ist etwas«, sagte sie zögernd und mit einem Mal wirkte sie sehr ängstlich. »Es… da… ein

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