Enwor 2 - Die brennende Stadt
Wahnsinn im Inneren des Treppenschachtes und den Feuerkindern. Sie hatten sie weiter begleitet, durch den Tempel, über die Steinallee bis hin zu jenem großen, halbmondförmigen Platz, auf dessen Seite der Eingang des unterirdischen Ganges lag, hatten aber nicht wieder angegriffen, sondern nur noch ein loderndes, kichern-des Spalier gebildet, Tausende und Abertausende der kleinen, flinken Wesen, von denen Skar jetzt sicher war, daß sie lebten, auf eine unbegreifliche, erschreckende Weise dachten und zu gezieltem Handeln fähig waren. Vor ihnen hatte sie der Stein geschützt.
Nicht so vor der Hitze.
Der Rückmarsch war die Hölle gewesen. Sie hatten mehr als zwei Stunden gebraucht, um die wenigen hundert Schritt bis zum Tunneleingang zurückzulegen, und jede Sekunde hatte ihnen neue Schmerzen und neue Todesangst gebracht. Tantors Salbe schützte sie kaum noch, und sie hatten immer wieder zurückgehen und große Umwege in Kauf nehmen müssen, um Feuerbarrieren, die sie auf dem Hinweg ohne zu zögern durchschritten hatten, zu umgehen und unsichtbaren Hitzewolken und flammenden Geysiren auszuweichen. Und der Weg durch das unterirdische Labyrinth war kaum weniger schlimm gewesen.
Aber irgendwie hatten sie es geschafft, obwohl sich Skar mit jedem Schritt mehr fragte, wie sie die Schmerzen, die kochende Luft in ihren Lungen und die unerträglichen Strapazen aushaken konnten.
Er war der letzte, der aus dem senkrechten Schacht emporstieg. Ohne das Seil, das er mitgenommen hatte, hätten sie es nicht geschafft. Keiner von ihnen hatte noch die Kraft gehabt, an den Schachtwänden emporzusteigen, zumindest keiner außer den beiden Sumpfmännern. Sie waren als erste hinaufgestiegen und hatten Arsan, Gowenna und ihn mit übermenschlicher Kraft hinaufgezogen, obwohl sie von allen vielleicht diejenigen waren, die am meisten gelitten hatten. Skar empfand ein leises Gefühl der Dankbarkeit, das aber beinahe sofort in dem Ozean aus Schmerzen und Müdigkeit wieder ertrank, der über ihm zusammenschlug. Er hatte kaum die Kraft, das Seil von seiner Hüfte zu lösen und aufzustehen, und er wäre gestürzt, wenn El-tra nicht rasch zugegriffen und ihn gestützt hätte.
»Danke«, murmelte er leise.
Der Sumpfmann nickte. Für einen Moment schien ein Lächeln durch die wirbelnden Schwaden unter seiner Kapuze zu blitzen, aber Skar war sich nicht sicher. Etwas in seinem Verhältnis zu den beiden Chamäleonmännern hatte sich geändert, etwas Wichtiges und Großes, obwohl er noch nicht in der Lage war, es zu begreifen. Es war, als hätten die beiden bizarren Wesen nicht nur die Form seines Körpers, sondern auch etwas von seiner Seele in sich aufgenommen. Aber er war zu müde, um darüber nachzudenken.
Er streifte El-tras Hand ab, blieb einen Herzschlag lang schwankend stehen und sah sich nach Arsan und Gowenna um. Keiner von ihnen war ohne schwere Verbrennungen davongekommen, und Skar begriff mit plötzlichem Erschrecken, daß sie nur scheinbar außer Gefahr waren, daß ihnen Combats Fluch noch lange anhaften und sie vielleicht — vielleicht sogar alle drei — sterben würden. Arsans Rücken schien eine einzige blutende Wunde zu sein, und sein linker Arm hing in seltsam verkrümmter Haltung herab. Sein Gesicht war unter einer starren Maske aus Schmutz, Ruß, Blut und eingetrocknetem Schweiß verborgen, aber in seinen Augen lag ein Ausdruck unerträglicher Qual. Skar fragte sich unwillkürlich, woher dieser kleine, dürre Mann die Kraft nahm, sich noch auf den Beinen zu halten.
»Wir müssen… weiter«, flüsterte Gowenna. Es waren die ersten Worte, die sie sprach, seit sie den Altarraum unter der Kuppel des Tempels verlassen hatten, und ihre Stimme klang fremd und verzerrt in Skars Ohren. Ihre Lippen waren aufgeplatzt und starr von verkrustetem Blut; sie hatte Mühe, überhaupt zu sprechen.
Skars Hand fuhr zum hundertsten Male unter den Harnisch. Er hatte den Stein zu seinem Vorrat an Leben in den Lederbeutel gesteckt. Er spürte ihn durch das dünne Leder hindurch — ein hartes, kaltes Etwas, das gleichermaßen Leben wie millionenfachen Tod bedeutete. Seltsamerweise ließ ihn der Gedanke an die Macht, die er mit sich trug, kalt. Er hatte niemals nach Macht gestrebt, obwohl er sie ein dutzendmal hätte haben können, und er erlag ihrer Verlockung auch jetzt nicht. Gerrions Tod war ihm Warnung genug.
Sie stolperten kraftlos auf das schwarze Gebäude zu. Unter ihren Füßen wirbelten kleine, heiße Staubwolken auf, und der Wind
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