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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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als koche sie vor Hitze. Was dahinter lag, war nicht zu erkennen.
    »Das ist... gewaltig«, sagte Gowenna stockend. Sie hatte ihre Fassung wiedergefunden, aber der Ausdruck in ihrer Stimme sagte Skar, daß es in ihrem Inneren immer noch kochte.
    Müde schüttelte er den Kopf. »Ich kann das Wort gewaltig nicht mehr hören«, murrte er. »Seit wir dieses Land betreten haben, beginne ich mir allmählich wie ein Zwerg vorzukommen.
    Hast du eine Idee, wie wir dort hinüberkommen sollen?«
    »Es muß einen Weg geben«, sagte Gowenna schnell. Zu schnell, fand Skar. »Vela und ihre Männer sind hier entlanggeritten. Es muß eine Brücke geben, einen Steg, oder ...« Sie verstummte, als sie Skars Blick begegnete. Der Anblick der Schlucht ließ jeden Gedanken an eine Brücke schlichtweg lächerlich klingen.
    »Vielleicht sind sie auch geflogen«, knurrte Skar. »Wenn sie überhaupt jemals hier waren.«
    »Sie waren hier«, mischte sich El-tra ein.
    Skar fuhr mit einem Ruck herum. »So?« sagte er aufgebracht.
    »Und woher willst du das wissen?« Er deutete mit einem abfälligen Grinsen auf den Boden und stampfte zur Demonstration mit dem Fuß auf. »Erzähl mir nicht, daß du auf diesem Grund Spuren erkennen kannst. Hier kann eine Armee vorbeiziehen, ohne auch nur einen Kratzer zu hinterlassen.«
    »Das stimmt«, sagte El-tra ungerührt. »Aber es gibt andere Spuren als die, die du mit dem Auge siehst, Bruder. Sie waren hier —der Drache und acht Reiter, vielleicht auch zehn. Und es ist noch nicht sehr lange her. Nicht länger als drei Tage.«
    »So!« sagte Skar noch einmal. »Und wohin sind sie?«
    El-tra deutete auf die Schlucht und folgte der Linie des Felsabbruches mit der Hand. »Dorthin. Sie sind geritten, sehr schnell. Schneller als jemand, der noch eine weite Strecke vor sich hat und sein Pferd schonen muß. Es kann nicht mehr weit sein.«
    »Nicht mehr weit...« Skars Blick folgte dem Monstrum von Canyon, bis er sich irgendwo im Südosten im Grau der Dämmerung verlor. Selbst auf diese große Entfernung glaubte er den Sog der Tiefe zu spüren, den dumpfen, verlockenden Ruf, der aus der Höllenkluft emporwehte. Vielleicht, dachte er, wäre es das Beste: einen Schritt zu machen, sich fallen zu lassen und auf den Aufprall zu warten.
    Er verscheuchte den Gedanken mit einem wütenden Knurren, ging zu seinem Pferd zurück und schwang sich in den Sattel. Das Tier scheute, und einen Moment lang mußte er all seine Kraft und Geschicklichkeit aufwenden, um nicht wieder zu Boden zu stürzen.
    »Wenn es nicht mehr weit ist, dann laßt uns reiten.«
    El-tra zögerte sichtlich. »Wir sollten bis zum Abend ausruhen«, sagte er. »Wenn es eine Brücke gibt, wird sie bewacht sein. Wir werden kämpfen müssen.«
    Skar starrte ihn finster an. »Und?« fragte er. »Dazu habt ihr mich doch mitgenommen, oder?«

D ie Brücke war unmöglich, aber sie existierte. Sie tauchte irgendwann um die Mittagszeit aus dem Dunst der Ebene auf, ein dünnes, mit Schatten gemaltes Filigran, das mit jedem Hufschlag der Pferde an Substanz — aber nicht an Glaubwürdigkeit — gewann. Ihre Stützen zogen sich in einem kühnen, weit geschwungenen Bogen über die Schlucht; ein doppeltes, sichelförmiges Geländer, das sich irgendwo auf der anderen Seite in wehenden Nebel aufzulösen schien, kurz bevor es den Boden berührte. Die ganze Konstruktion schien zu beben und im Rhythmus des Windes über dem Nichts zu tanzen; eine optische Täuschung, bedingt durch die Entfernung und die schlechten Sichtverhältnisse, aber trotzdem eindrucksvoll.
    Sie hielten, noch immer in respektvollem Abstand von der Felskante, nebeneinander an und starrten das bizarre Bauwerk stumm und lange an, und selbst Skar, der geglaubt hatte, gegen alles gewappnet zu sein und sich von keinem auch noch so gewaltigen Anblick mehr beeindrucken zu lassen, rang lange und vergeblich nach Worten. Es war nicht die Größe der Brücke allein — das Goldene Tor von Kohon, das die Zufahrt des Kriegshafens überspannte, war nahezu ebenso lang wie diese Brücke, und seine steinernen Stützpfeiler mußten ebenso hoch, wenn nicht höher in die Luft ragen, aber dem Goldenen Tor fehlte — wie eigentlich jedem Bauwerk, an das er sich erinnern konnte — die graziöse Leichtigkeit, die dieser Steg trotz seiner ungeheuren Abmessungen ausstrahlte. Der Bogen, in dem er sich über das Nichts spannte, spottete der Schwerkraft und den Naturgesetzen, jeder einzelne Pfeiler, jede Stütze, war ein Triumph

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