Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Skar ungläubig. »Wie meinst du das?«
    »So, wie ich es gesagt habe, Skar. Du hast sie für meine Wächter oder Freunde oder sonst etwas gehalten, aber das ist nicht die Wahrheit, obwohl ich dich in dem Glauben ließ. Sie sind mein Eigentum. Das Volk von Cosh hat sie mir geschenkt.« Sie stockte, lächelte und gab ein kleines, schwer zu deutendes Geräusch von sich. »Aber so, wie es aussieht, bist du jetzt ihr Herr.«
    »Unsinn«, widersprach Skar. »Ich habe niemals —«
    »Du bist ein Teil von ihnen, ob es dir gefällt oder nicht«, fiel ihm Gowenna ins Wort. »Natürlich würden sie dich immer noch in Stücke reißen, wenn ich es ihnen befehlen würde, aber das besagt nichts. Sie gehören dir. Und du hast damit auch die Verantwortung über ihr Leben. Wenn ich ... diesen Ritt nicht überleben sollte, dann gib auf sie acht, ja?« Damit wandte sie sich um und ging zu den Pferden hinüber, ohne ihm Gelegenheit zu weiteren Fragen zu geben.
    Zehn Minuten später brachen sie auf. Die Sumpfleute hatten ihr Gepäck — das im Laufe der letzten Tage ohnehin auf das Allernotwendigste zusammengeschrumpft war — gleichmäßig auf die fünf verbleibenden Pferde verteilt, so daß die einzelnen Tiere kaum etwas von dem zusätzlichen Gewicht spürten. Trotzdem waren ihre Schritte schleppend und mühsam, und ihr Atem ging so laut, daß Skar sich einbildete, das Geräusch müsse meilenweit zu hören sein, obwohl der Sturm noch immer mit unverminderter Wucht tobte.
    Erneut verlor er das Gefühl für Raum und Zeit. Der Sturm wob sie in einen Mantel von Lärm und Kälte ein, und irgendwo über ihnen, jenseits der kochenden Decke aus grauweißem Chaos, zogen die Sterne unbeeindruckt ihre Bahn, aber Skar selbst schien auf magische Weise aus diesem Verstreichen der Zeit ausgeklammert zu sein, ein Automat, der nicht mehr dachte, nicht mehr fühlte, sondern nur stur und unfähig, von der einzigen Aufgabe, für die er geschaffen war, abzuweichen, einen Fuß vor den anderen setzte. Nach einiger Zeit begann er selbst die Kälte nicht mehr so deutlich zu fühlen; die Schmerzen in seinen Fingern und Zehen sanken zu einem dumpfen, auf ihre Weise beinahe wohltuenden Druck herab, und die Atemzüge waren nicht mehr wie Glas, das seine Kehle zerschnitt. Die Nacht war voller Geräusche, und nicht alle hatten ihre Ursache im Sturm. Er glaubte ein Lachen zu hören, oder wenigstens etwas wie ein Lachen, ein hohes, spöttisches Keckern wie die Laute der Feuerkinder Combats, dann wieder ein dumpfes Poltern, das den Boden unter seinen Füßen unmerklich vibrieren ließ, und von Zeit zu Zeit huschten winzige blaue Elmsfeuer über den Horizont im Süden, blaustrahlende Brüder der Wächter Combats. Vielleicht war es aber auch nur Illusion, die Rache seiner überanstrengten Nerven. Aber er wehrte sich nicht dagegen, gab sich einfach der Müdigkeit und Trance hin und gönnte seinem Geist die Ruhe, die sein Körper nicht annehmen wollte.
    Nach einer Ewigkeit, vielleicht aber auch nur nach Augenblik-ken, riß die Wolkendecke über ihren Köpfen auf, und das erste Grau der Dämmerung schickte schattige Finger über die Ebene. El-tra blieb stehen, hob in einer Bewegung, die nun nicht nur müde wirkte, sondern es auch war, die Hand und deutete nach vorn. Skar trat neben ihn, löste die verkrampften Finger vom Zügel seines Pferdes und blickte in die Richtung, in die der Sumpfmann deutete.
    Vor ihnen lag die Hellgor. Und es war keine Schlucht, es war eine Klippe.
    Die Lücke in der Wolkendecke schloß sich wieder, aber die Sonne war aufgegangen, und das Licht reichte auch so dazu aus, daß man die gewaltige Kluft vor ihnen erkennen konnte. Sie waren näher, als Skar vermutet hatte; der dünne, graue Strich, den sie am Abend zuvor erblickt hatten, war nicht die Schlucht selber gewesen, sondern ihr gegenüberliegender Rand — er und ein Teil des Felsens, der senkrecht und so glatt, als wäre er mit einem gewaltigen Messer geschnitten und hinterher sorgsam poliert worden, in die Tiefe stürzte. Der jenseitige Rand der Kluft lag aller-höchstens noch anderthalb Meilen entfernt.
    »Bei allen Göttern!« keuchte Gowenna. Ihre Stimme bebte.
    Skar konnte sehen, daß sie vergeblich versuchte, den Anblick zu verarbeiten und sich gegen die Gewaltigkeit der Erscheinung zu wappnen. Ein grauer, halb durchsichtiger Nebel hing wie eine Decke über der Schlucht, seltsamerweise war es unberührt vom Toben des Sturmes, und die Luft auf der anderen Seite schien zu flimmern,

Weitere Kostenlose Bücher