Enwor 3 - Das tote Land
in ihm war wieder da, aber diesmal lähmte es ihn. Trotzdem stand er auf, warf sich noch einmal in den kreischenden Wind und eilte auf den Alptraumkrieger zu.
Er kam gerade noch zurecht, um zu sehen, wie El-tra unter einem fast spielerischen Hieb des Titanen zusammenbrach.
»Skar! Gib auf! Gib auf, oder der Sumpfmann stirbt.«
Wieder verstummte der Sturm für Sekunden. Die wirbelnden weißen Schwaden rissen auf, und hinter dem schwarzen Panzerriesen, hinter und neben ihm, wie ein Kind, das ängstlich die Nähe eines Erwachsenen sucht, dies aber nicht zugeben will, erschien eine kaum metergroße rotgekleidete Gestalt.
Skar erstarrte mitten in der Bewegung. El-tra lag reglos vor den Füßen des schwarzen Titanen, und etwas sagte Skar, daß Tantor diesmal keine leere Drohung ausstieß, daß seine Worte bitter ernst gemeint waren und er nicht zögern würde, die Bestie auf El-
tra loszulassen. Seine Hände sanken kraftlos herab.
»Du hast gewonnen«, sagte er. »Ich gebe auf.«
Tantor nickte. »Das ist vernünftig von dir. Ich will deinen Tod nicht, Skar, das solltest du wissen. Aber ich werde nicht zögern —« »Red dir keine Blasen an die Zunge«, unterbrach ihn Skar grob. »Was willst du?«
In Tantors Augen erschien ein amüsiertes Glitzern. »Noch immer der alte Satai, wie? Gleich zur Sache, ohne Umschweife.« Er schüttelte den Kopf, trat — noch immer zögernd — hinter der fast dreimal so großen schwarzen Höllenkreatur hervor und deutete über die Schlucht.
»Ihr wolltet zur toten Stadt, nicht?« fragte er. »Ich denke, es liegt in meiner Macht, euch diesen Wunsch zu erfüllen. Ihr werdet sogar schneller da sein, als ihr geglaubt habt. Geh.«
Skar sah zurück. Die Brücke war in kochenden weißen Schwaden verschwunden. Der Blick reichte nicht weiter als zwei, drei Schritte. »Und der Sturm?«
Tantor grinste. »Mach dir darum keine Sorgen. Du wirst sicher hinüberkommen.«
Skar sah auf. Der Himmel war noch immer von schwarzen Wolken bedeckt, aber noch während Skar hinsah, drehte sich der Wind und blies nun — zum ersten Mal seit mehr als einer Woche —nach Norden. Die Wolken begannen zu brodeln, liefen einen Moment wie ein Schiff, das von seinem eigenen Schwung vorwärts getrieben wird, gegen den Wind und setzten sich dann widerwillig in entgegengesetzte Richtung in Bewegung.
»Wie du siehst«, lächelte Tantor, »ist für eure Sicherheit gesorgt.«
»So wie du für unseren Empfang gesorgt hast, wie?« grollte Skar, ohne sich von der Stelle zu rühren. »Wie lange wußtest du es schon ?«
»Was?« fragte Tantor. »Daß ihr auf dem Weg hierher seid?
Vom ersten Moment an, Skar. Ihr habt nicht einen Schritt getan, über den ich nicht informiert gewesen wäre. Tuan mag tot sein, aber es hat trotzdem Augen. Du hättest auf meinen Rat hören und zurück nach Ikne reiten sollen.«
»Die Wächter«, sagte Skar müde. »Die sechs Männer im Turm
- warum das?«
»Warum was?« machte Tantor mit gespielter Überraschung.
»Ihr habt sie getötet, Skar, nicht ich.«
Skar machte eine unwillige Kopfbewegung. »Red keinen Unsinn, Tantor. Es wäre nicht nötig gewesen.«
»Vielleicht«, gestand Tantor. »Aber es ist nun einmal geschehen. Und wenn es dich beruhigt — sie wären so oder so gestorben. Was machen da ein paar Monate Unterschied? Und nun geh. Wir haben schon viel zuviel Zeit verloren. Vela erwartet euch.«
Skar starrte den Zwerg noch einen Moment finster an, drehte sich dann mit einem Ruck um und trat — zum dritten Mal — auf die Brücke über das Nichts hinaus. Der Wind trug ein triumphierendes Wolfsgeheul mit sich.
D en Rest der Nacht ritten sie nach Süden. Der Sturm blieb hinter ihnen zurück, und auch der Wind drehte sich, kaum daß sie die Brücke überquert hatten, wieder in die gewohnte Richtung. Sie wurden getrennt — je vier der schweigenden Krieger umringten Gowenna und die beiden Sumpfbrüder, ihm selbst teilte Tantor eine Eskorte von sechs Männern zu. Skar hätte darüber gelacht, wenn ihre Situation nicht so ernst gewesen wäre. Er hätte nicht einmal mehr die Kraft gehabt, es mit einem der Soldaten aufzunehmen und — was das Schlimmste war und ihn trotz der Lethargie, in die er verfallen war, noch immer erschreckte — er wollte auch nicht mehr. Er hatte dort auf der Brücke mehr verloren als einen Kampf. Er war müde — eine Müdigkeit, die sich nicht allein auf seinen Körper beschränkte.
Als der Morgen dämmerte, rasteten sie im Schutz einer Ruine,
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