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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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winzige Insel der Behaglichkeit inmitten der bizarren Fremde der Festung, ein winziger Bereich menschlicher Zivilisation, der —trotz allem Prunk — die liebevolle Hand einer Frau erahnen ließ. »Komm näher, Skar. Aber schließ die Tür hinter dir.«
    Velas Stimme klang nur gedämpft hinter dem schweren Vorhang hervor. Trotzdem fuhr er erschrocken zusammen, drehte sich mit übertriebener Hast um und zog die schwere Tür ins Schloß.
    Als er sich wieder umwandte, teilte sich der Vorhang, und Vela trat hervor. Sie trug noch immer das weiße Kleid wie am Morgen, hatte aber darüber einen ebenfalls weißen, knöchellangen Mantel aus Wolfsfellen geworfen, um sich vor der Kälte, die auch hier unten noch schmerzhaft zu spüren war, zu schützen. Ihr Haar fiel lose bis weit über die Schultern herab und war jetzt bar jeden Schmuckes.
    »Tritt näher«, sagte sie freundlich.
    Skar zögerte. Sein Blick tastete über den Vorhang. Vela lächelte. »Wir sind allein, wenn es das ist, was du fürchtest«, sagte sie mit einer einladenden Geste. »Überzeuge dich.«
    Skar löste sich von seinem Platz, ging wortlos an ihr vorbei und schlug den Vorhang beiseite. Dahinter lag eine gut zehn Fuß tiefe und dreimal so breite Nische, in der sich außer dem Bett nur ein winziges, mit Flaschen und Schälchen übersätes Tischchen und ein hölzerner Schrank befanden.
    »Unter dem Bett ist auch niemand«, sagte Vela spöttisch. »Und es gibt auch keine geheimen Türen in den Wänden. Wir sind wirklich allein.«
    Skar ließ den Vorhang los und wandte sich wieder zu Vela um. »Allein«, sagte er. »So viel Mut hätte ich dir gar nicht zugetraut.« Er stand auf Armlänge vor ihr. Ein rascher Schritt würde genügen, sie zu packen.
    Aber Vela schien nicht einmal eine leise Spur von Furcht zu empfinden.
    »Vielleicht ist es auch Dummheit«, sagte sie spöttisch. »Oder aber ein Beweis meines Vertrauens. Nimm Platz.« Sie deutete auf den Tisch, setzte sich selbst auf einen der niedrigen, bequemen Stühle und deutete auf einen anderen.
    »Du mußt hungrig sein. Und ein Schluck heißer Brühe wird dich aufwärmen.« Sie mimte ein Frösteln. »Es wird Zeit, daß wir hier wegkommen«, sagte sie. »Ich weiß schon kaum mehr, wie es ist, nicht zu frieren.«
    Skar trat langsam, noch immer mißtrauisch, an den Tisch, setzte sich und griff auf eine weitere auffordernde Geste Velas hin nach der Tonschale mit dampfender Suppe. Vielleicht wäre es in seiner Situation angebrachter gewesen, nicht zu trinken, aber er war nicht in der Position — und schon gar nicht in der Stimmung —sich melodramatische Gesten leisten zu können, und der Geruch der Suppe erinnerte ihn daran, daß er seit Tagen nichts Anständiges mehr gegessen hatte. Er leerte die Schale zur Hälfte, setzte sie ab und griff nach dem Brot, das daneben lag.
    »Es freut mich, daß es dir mundet«, sagte Vela, nachdem sie ihm eine Zeitlang schweigend beim Essen zugesehen hatte. Sie selbst rührte nichts an, sondern trank nur von Zeit zu Zeit aus ei-
    nem winzigen, kristallgesäumten Zinnbecher.
    »Was willst du?« fragte Skar. »Ist das jetzt die sanfte Tour?«
    Vela lachte. »Wenn du es so nennen willst... Aber ich müßte mich sehr in dir täuschen, wenn ich damit wirklich etwas erreichen würde. Nein.« Sie beugte sich vor, stützte den Ellbogen auf die Tischplatte und nahm eine Frucht auf, aß jedoch noch immer nicht. Skar roch den leisen Duft ihres Parfüms, als sie sich vorbeugte. »Ich wollte nur mit dir reden, Skar. Vielleicht werden wir für lange Zeit keine Gelegenheit mehr haben, in Ruhe miteinander zu sprechen.«
    »Ich wüßte nicht, was es zwischen uns zu besprechen gäbe«, sagte Skar. »Du hast gesagt, was du von mir willst. Und du kennst meine Antwort.«
    Vela seufzte und biß nun doch in die Frucht. Ein winziger Tropfen rötlich schimmernden Saftes glitzerte auf ihren Lippen.
    Er sah aus wie Blut.
    »Du bist ein seltsamer Mann, Skar«, sagte sie. »Ein Mann mit erstaunlichen Fähigkeiten, aber auch einer jener selten anzutreffenden Menschen, die ihre Grenzen kennen. Du weißt, wann du verloren hast. Warum gibst du nicht auf?«
    Skar nahm sich eine weitere Scheibe Brot. Sein Hunger schien durch die wenigen Bissen, die er zu sich genommen hatte, erst richtig geweckt worden zu sein. Er sah starr an Vela vorbei zur gegenüberliegenden Seite des Raumes.
    Trotz der schon fast zu hellen Beleuchtung fiel es ihm schwer, Einzelheiten zu erkennen. Ein unsichtbarer, wogender Schleier

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