Enwor 4 - Der steinerne Wolf
Die
Errish
war ein paar Meter den Fluß hinuntergerissen worden und kämpfte sich jetzt mühsam gegen die Strömung zurück.
»Der Drache!« rief er über das Brüllen der Wassermassen. »Kannst du ihn fortjagen?«
Es war nicht zu erkennen, ob die
Errish
seine Worte verstanden hatte oder nicht, aber sie änderte ihren Kurs ein wenig und schwamm jetzt nicht mehr direkt auf ihn und die anderen zu, sondern würde, wenn sie die Richtung beibehielt, dicht unterhalb der Raubechse das Ufer erreichen.
Eine Hand berührte Skar an der Schulter und krallte sich schmerzhaft durch den dünnen Stoff seines Mantels. Er fuhr herum, schlug den Arm instinktiv beiseite und erkannte Herger.
Sein Gesicht war eine Grimasse der Furcht, und sein Mund formte ununterbrochen lautlose Worte.
»Reiß dich zusammen!« schrie Skar.
Herger paddelte wie wild mit den Armen und versuchte immer wieder nach Skar zu greifen. In seinen Augen flackerte blinde Panik.
»Der Drache«, keuchte er. »Er wird uns töten, Skar.«
Skar sah instinktiv zum Ufer hinüber. Das Ungeheuer hatte sich aufgerichtet und stand jetzt, die winzigen, armähnlichen Vorderläufe in der typischen Angriffshaltung seiner Gattung erhoben, direkt am Wasser. Der gewaltige Schwanz peitschte nervös den Boden. Skar wußte, daß sie hier keineswegs in Sicherheit waren.
Die Echse mußte nur einen großen Schritt in den Fluß tun, um ihn und die anderen zu erreichen. Aber Skar wußte auch, wie sehr die gewaltigen Raubechsen das Wasser scheuten. Für das Tier mußten die im Fluß treibenden Menschen und Quorrl eine verlockende —und dazu leichte — Beute sein, aber seine Abneigung gegen die Nässe war stärker. Noch.
Skar verstärkte sein Wassertreten, weil die Kälte allmählich seine Glieder zu lähmen begann. Er konnte jetzt spüren, wie seine Kräfte schwanden; schneller, als er befürchtet hatte.
Einer der Männer schrie plötzlich auf, warf in einer grotesk anmutenden Geste die Arme in die Luft und verschwand mit weit geöffnetem Mund im Wasser. Mork rief einem seiner Krieger einen scharfen Befehl zu. Der Quorrl tauchte, kam aber bereits wenige Augenblicke später wieder an die Oberfläche und schüttelte wortlos den Kopf.
Der erste, dachte Skar düster. Sie hatten noch nicht einmal einen Fuß in die Verbotene Stadt gesetzt, und schon war der erste Mann tot.
»Bleibt zusammen!« schrie Mork. »Wenn euch die Strömung davonträgt, seid ihr verloren!«
Skar fand diese Warnung höchst überflüssig. Seine Kraftreserven waren fast erschöpft — er würde den Kampf gegen die Strömung nur noch wenige Augenblicke durchhalten.
Legis hatte mittlerweile das Ufer erreicht. Skar sah, wie sie verzweifelt versuchte, sich an der glatten Kante emporzuziehen, aber ihre Hände fanden an dem nassen, glitschigen Stein keinen richtigen Halt, und sie glitt vier-, fünfmal wieder ins Wasser zurück, ehe sie endlich oben war.
Die Feuerechse hatte ihr Näherkommen mißtrauisch verfolgt.
Der gewaltige schuppige Kopf der Bestie pendelte noch immer nervös hin und her, und ihr Schwanz schlug monoton gegen Felsen und Stein. Es klang wie das Dröhnen einer gewaltigen Todestrommel. Als sich die
Errish
auf den Felsen hinaufzog und erschöpft auf die Knie sank, richtete sich die Echse auf und trat mit einem einzigen gewaltigen Schritt auf sie zu. Skar unterdrückte im letzten Moment einen Schreckenslaut.
Irgend etwas geschah zwischen der
Errish
und der gewaltigen Raubechse. Die beiden ungleichen Wesen starrten sich an, und es kam Skar fast so vor, als redeten sie miteinander. Die Kiefer der Echse mahlten. Ihre Klauen zuckten, öffneten sich wie bizarre, dreifingrige Hände und schlossen sich wieder. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, Sekunden, in denen sich die Blicke der
Errish
und der Feuerechse ein stummes, gnadenloses Duell lieferten.
Dann, zögernd und mit schwerfälligen, starren Bewegungen, drehte sich das gewaltige Tier um und begann langsam zurückzuweichen.
»Schnell!« rief Legis. »Kommt an Land! Ich weiß nicht, wie lange ich sie zurückhalten kann!«
Skar sah sich noch einmal nach Herger um, sah ihn wie einen gefangenen Fisch im Griff eines Quorrl zappeln und schwamm los. Die Strömung verstärkte sich, als er sich dem Ufer näherte, und er schaffe es fast nicht mehr, sich auf den glatten Felsen hinaufzuziehen. Erschöpft brach er in die Knie, blieb einen Moment keuchend und mit hämmerndem Herzen hocken und drehte sich dann herum, um den anderen zu helfen.
Herger war halb
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