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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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brauche dich.«
    »Mich oder das, was ich bin?«
    »Beides, Skar. Das eine habe ich, aber ich fürchte, das andere werde ich nie bekommen. Du siehst«, fügte sie mit einem flüchtigen Lächeln hinzu, »nicht einmal meine Macht reicht aus, mir alle Wünsche zu erfüllen.«
    Skar runzelte fragend die Stirn. »Was meinst du damit?«
    Vela schwieg sekundenlang. »Du weißt es wirklich nicht?« Wieder legte sich ihre Hand auf die Wölbung ihres Leibes, aber diesmal war es keine Geste des Schmerzes. »Erinnerst du dich, was dir Laynanya über dieses Kind erzählte? Es war nur zum Teil wahr, Skar. Der Vater dieses Kindes ist ein Krieger, aber es war keiner meiner Männer, und es ist auch kein Kind der Gewalt. Ich wollte es haben. Ich brauche es, Skar, so wie ich dich brauche.«
    Skars Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Er hatte geglaubt, jenseits allen Schreckens zu sein, aber das war nicht wahr. Es gab keine Grenze des Schmerzes. »Du meinst...«
    »Dieses Kind wird mein Erbe sein, Skar«, sagte Vela. »Unser beider Erbe. Es wird all die Macht haben, über die wir beide jemals geboten haben, und mehr. Ich hätte es gerne zusammen mit seinem Vater großgezogen. Erforsche deine Gefühle, und du wirst erkennen, daß ich dich nicht belüge. Es ist
dein
Kind, das ich unter dem Herzen trage.«
    Eine eisige Hand griff nach Skars Herz und preßte es zusam-men.
    »Es ist dein Kind«, sagte Vela noch einmal. »Dein Sohn, Skar. Vielleicht wird es ein Kind des Schreckens sein, in deinen Augen, aber ich weiß, daß ich in mir den Knaben trage, der diese Welt verändern wird. Er wird deine Macht erben, und ich werde dafür sorgen, daß er lernt, sie anzuwenden. Das, was ich vermag, wird nichts gegen ihn sein. Er wird über die Macht der Alten gebieten, Skar, so wie du es gekonnt hättest.«
    Skar spürte, daß er zu schwanken begann, und klammerte sich im letzten Moment an der Tischkante fest. Hinter seiner Stirn begannen die Gedanken auf und ab zu hüpfen, einen wirren, unkontrollierbaren Tanz aufzuführen. Aber Vela war noch nicht fertig.
    »Du glaubst, für das Gute zu kämpfen, Skar«, fuhr sie fort, »aber es ist dein Erbe, das ich in mir trage. Du kannst dich selbst belügen, aber du kannst dich nicht verleugnen. Du bist mein Verbündeter, ob du es willst oder nicht. Das Kind, das ich austrage, wird dein Kind sein, und es wird die Kraft seines Vaters sein, die diese Welt verändert. In einem hattest du recht — ich bin nicht stark genug, das zu tun, was ich wollte. Ich habe den Stein Studiert und versucht, mich mit ihm vertraut zu machen, aber ich habe meine Grenzen erkennen müssen. Ich kann ein wenig mit den Jahreszeiten herumspielen und die Gedanken von Menschen und Tieren beeinflussen, aber ich kann nicht die Zukunft verändern.
    Er wird es können.«
    Skar stöhnte. »Du ...«
    »Sag nichts Vorschnelles«, fiel ihm Vela hastig ins Wort. »Ich gebe dir noch einmal Zeit, dir mein Angebot zu überlegen. Gowennas Heer wird in drei Tagen zu den Rebellen stoßen und sich mit ihnen vereinen. Wir werden dort sein, um sie zu vernichten. So lange hast du Zeit. Überlege es dir gut, Satai. Du wirst entweder neben mir leben und die Geschicke dieser Welt lenken — oder mit deinen Freunden zusammen sterben.«

S eine Augen begannen zu schmerzen, als sie ihn nach drau-
    ßen führten. Eine Woche Dunkelheit hatte sie empfindlich werden lassen, so daß ihm das Sonnenlicht wie grelle Weißglut vorkam und ihm die Tränen über die Wangen fließen ließ. Er wollte die Hand heben, um seine Augen zu bedecken, aber die beiden Hornkrieger hielten seine Arme unbarmherzig fest.
    Vela hatte nicht viel Zeit verloren. Während sie oben in ihrem Gemach mit ihm geredet hatte, waren im Innenhof der Festung die letzten Vorbereitungen für den Abmarsch getroffen worden.
    Die gewaltigen asymmetrischen Tore waren weit geöffnet, und auf dem Platz davor hatte die Armee der
Errish
Aufstellung genommen. Es war kein großes Heer, aber vielleicht das schlagkräftigste, das diese Welt jemals gesehen hatte. Skar spürte einen eisigen Schauer, als ihn die beiden Tuan-Krieger über den Hof führten. Es waren hundert, vielleicht hundertfünfzig Männer, kräftige Gestalten in den schwarzen Stachelpanzern von Velas Leibgarde. Dahinter, in einer reglosen Dreifachreihe wie bizarre steinerne Statuen mitten in der Bewegung eingefroren, noch einmal die doppelte Anzahl schwarzglänzender Hornkrieger; Velas Armee des Irrsinns, die sie aus den Abgründen der Zeit

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