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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sagte Skar, »was würde das bedeuten?« Es war eine dumme Frage, und er wußte die Antwort im gleichen Moment, in dem er sie aussprach. Gondered hatte gesagt, daß die Bewohner des Drachenlandes zu den Waffen eilten. Sie hatten am eigenen Leib gespürt,
wie
ernst seine Worte gemeint gewesen waren, und jetzt dies — brauchte er wirklich noch mehr Beweise? Jemand hatte hier begonnen, Vorräte zu horten, in einem Ausmaß, das jede Logik zu übersteigen schien. Welchen anderen Grund mochte es dafür geben als den, daß das Land auf einen Krieg vorbereitet wurde?
    Aber Krieg? dachte er erschrocken. Gegen wen? Gegen eine Handvoll Quorrl?
    Oder vielleicht gegen den Rest der Welt?
    Und mit einemmal ergab alles einen Sinn. Er wußte plötzlich, daß es in den anderen Schuppen ebenso aussehen würde, daß sie alle, sie und die Silos und die gewaltigen, flachen Lagerhallen, die sich am anderen Ende des Hafens aneinanderreihten, bis zum Bersten gefüllt sein würden, jetzt oder in naher Zukunft, und daß die Quorrl nichts als ein Vorwand waren. Er war blind gewesen. Blind und ziemlich überheblich dazu. Für ihn hatte die Welt nur noch aus zwei Menschen bestanden — aus Vela und ihm. Sein Racheschwur hatte ihn blind werden lassen. Verdammter Narr, der er gewesen war! Hatte er wirklich geglaubt, daß die
Errish
die Grenzen ihres Landes sperren und Schiffe mit Hunderten von Kriegern auf das Meer hinausschicken würde, nur weil sie Angst vor
ihm
hatte? Gondered hatte ihn gesucht, aber das war nur ein kleiner Teil seines eigentlichen Auftrages gewesen, etwas, das er so nebenbei mit erledigte, ebenso wie die Wächter an den Pässen und die Truppen, die irgendwo an den Grenzen nach Kohon und Larn warten würden,
auch
nach ihm Ausschau hielten.
    Skar hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Natürlich wußte Vela, daß er kommen würde, aber wahrscheinlich war er nicht mehr als eine winzige Figur auf einem Brett mit Millionen Spiel-steinen, ein Problem, an das man vielleicht einen flüchtigen Gedanken verschwendet, ehe man sich seinen Hauptgeschäften zuwendet. Ihre Pläne waren viel gewaltiger, viel größer, als er bisher in seiner Borniertheit geglaubt hatte. Sein Racheschwur!
    Sie würde über diesen Schwur lachen, sofern sie überhaupt davon wußte. Gab es einen besseren Ort als Elay, um in aller Stille einen Krieg vorzubereiten? Ein besseres Land als dieses, von dem niemand, der außerhalb seiner Grenzen lebte,
wirklich
wußte, was in ihm vorging, und über das mehr Gerüchte und Legenden kursierten, als es Einwohner hatte?
    Er hatte eine Vision, ein rasches, schreckliches Bild, das mit Urgewalt vor seinen Augen aufstieg: Er sah ein Heer, gewaltig und schwarz und groß, wie eine Springflut über die Grenzen des Drachenlandes hinausschwappend, Heereszüge, angeführt von Velas schwarzen Hornmonstern, Städte und Dörfer und Festungen schleifend, unaufhaltsam, unverwundbar, geschützt von der Macht dieses verfluchten Steines; unbesiegbar.
Velas Heer...
    Ein einziges Menschenleben ist nicht lang genug, eine Welt zu erobern,
hatte Vela gesagt. Er hatte es geglaubt, aber es war eine Lüge. Sie hatte
gewollt,
daß er es glaubte, so wie sie
gewollt
hatte, daß er sie haßte, sich nur noch auf seinen Haß und seine persönliche Rache konzentrierte und den Blick für das, was sie wirklich beabsichtigte, verlor. Mit einemmal war alles logisch und klar.
    Seine Flucht, sein Aufenthalt in Cosh, Dels Tod — dies alles war nichts als Theater gewesen, ein gut inszeniertes Spiel, keinem anderen Zweck dienend als dem, ihn abzulenken. Sie hatte vom ersten Moment an gewußt, daß es auf ganz Enwor nur einen Menschen — nämlich ihn oder vielmehr das Ding in ihm — gab, der ihren Plänen wirklich gefährlich werden konnte. Und jeder Schritt, den er getan hatte, war von Vela vorausbestimmt gewesen.
    »Was hast du?«
    Andreds Stimme riß ihn abrupt aus seinen Gedanken. Für einen Moment hatte er die Kontrolle über sich verloren, und sein Zorn mußte deutlich auf seinem Gesicht gestanden haben. Andred wirkte erschrocken, und Skar hätte beinahe laut aufgelacht, als ihm klarwurde, daß es gerade umgekehrt war, daß nicht Andred, sondern
er
zusammenbrechen würde.
    »Nichts«, sagte er hastig. Seine Stimme klang belegt. »Es ist... nichts«, wiederholte er. »Laß uns gehen. Ich möchte aus der Stadt sein, wenn Gondered merkt, wie wir ihn genarrt haben.«

H ergers Haus lag in einer heruntergekommenen Gegend der Stadt, unweit des Hafens. Sie

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