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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gekannt haben.
    »Mein alter Freund Andred«, führ der Mann fort, »der größte Schmuggler zwischen hier und der östlichen Küste. Und ein leibhaftiger Satai?« Er lächelte, schüttelte den Kopf und kam mit katzenhafter Geschmeidigkeit näher. Skar änderte sein erstes Urteil über Herger, als er die Weise sah, in der er sich bewegte. Dieser Mann war gefährlich. »Du bist der Mann, den sie suchen«, fuhr er fort, nachdem er auf Armlänge vor Skar stehengeblieben und ihn einen Herzschlag lang gemustert hatte. »Kräftig, nicht mehr ganz jung und ein Gesicht, das irgendwann einmal jemand versucht hat aufzuschneiden.«
    »Beschreibt man mich so?« fragte Skar.
    Herger lächelte. »Man nicht, aber Gondered. Und du hast dich geirrt, Skar — er wird nicht morgen, sondern in wenig mehr als einer Stunde hier sein. Ich erwarte ihn.«
    »Was hast du mit diesem Hund zu schaffen?« fragte Andred.
    Seine Stimme klang nur eine ganz kleine Spur schriller als gewohnt, aber sowohl Skar als auch Herger bemerkten es.
    »Nichts, was dich beunruhigen müßte«, erwiderte Herger ruhig. »Und jetzt kommt erst einmal mit nach hinten. Ihr seht beide aus, als könntet ihr eine Tasse heiße Brühe und trockene Kleider brauchen.«
    Andred wollte noch etwas sagen, aber Herger wandte sich mit einer raschen Bewegung um und ging, so daß sie ihm folgen mußten.
    Der angrenzende Raum unterschied sich kaum von dem, aus dem sie kamen. Er war ein wenig größer und nicht ganz so überladen, aber auch er glich eher einem Abfalldepot als einem Laden oder gar einem Zimmer, in dem ein Mensch wohnen konnte. Herger deutete wortlos auf eine schmale Couch und verschwand durch eine weitere Tür, ehe Skar Gelegenheit zu irgendwelchen Fragen hatte. Andred ließ sich mit einem Laut der Erschöpfung auf das zerschlissene Möbel sinken, griff vorsichtig mit der rechten Hand nach seiner verletzten Linken und legte sie in seinen Schoß. Skar fiel auf, daß er einen Zipfel seines Hemdes darüberlegte, als wolle er die Verletzung selbst hier noch verbergen. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß, obwohl der Raum nicht geheizt war, und als Skar sich neben Andred setzte, stieg ihm ein schwacher übler Geruch in die Nase.
    »Ist er vertrauenswürdig?« fragte er mit einer Kopfbewegung auf die Tür, durch die Herger verschwunden war.
    Andred nickte. »Absolut. Ich kenne ihn, seit er ein Kind war.
    Und er haßt die Thbarg so sehr wie ich.«
    Skar sah den Freisegler mißtrauisch an. Seine Stimme klang wieder ruhig,
zu
ruhig. Das war nicht die Stimme eines Mannes, der vor Stundenfrist sein Schiff und seine Mannschaft verloren hatte. Aber Skar kam nicht dazu, eine entsprechende Frage zu stellen. Die Tür wurde laut geöffnet, und Herger kam — ein Ta-blett vor sich herbalancierend und ein frisch gewaschenes weißes Tuch über dem Arm — zurück. In seiner Begleitung war der Alte, der sie eingelassen hatte. Herger lächelte, stellte das Tablett — auf dem sich die versprochene Brühe und ein Krug mit einer dunklen, heißen Flüssigkeit befand — in Ermangelung eines anderen freien Platzes auf den Boden und kniete vor Andred nieder.
    »Zeig deinen Arm«, sagte er.
    Andreds Rechte zuckte mit einer fast erschrockenen Bewegung herab und legte sich auf die verwundete Hand. Herger seufzte, griff nach Andreds Gelenk und drückte den Arm ohne sichtliche Krafanstrengung beiseite. Sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an, als er die schwärzliche Verfärbung sah. Andreds linke Hand war verkrümmt wie eine Kralle. Wenn er einen Krampf hatte, dann mußte er fast unerträgliche Schmerzen ausstehen.
    »Wie lange hast du das schon?« fragte er.
    Andred antwortete nicht, und Herger wandte sich mit einem fragenden Blick an Skar.
    »Nicht lange«, murmelte Skar. »Eine Stunde — zwei, allerhöch-stens. Seit wir von Bord des Schiffes geflüchtet sind.«
    Es dauerte einen Moment, bis Herger begriff. »Das ... das Schiff, das im Hafen gebrannt hat, war die
SHANTAR?«
fragte er ungläubig.
    Skar nickte.
    »Sie haben uns in eine Falle gelockt«, sagte er düster. »Gondereds Männer haben im Hafen auf uns gewartet. Du wußtest es nicht?«
    Herger schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich ... Gondered sagte, daß ... daß sie einem Piraten auflauern wollen«, sagte er stok-kend.
    Skar verzog mißtrauisch die Lippen. »Seit wann haben Piraten Satai an Bord?«
    Herger schien dem Gedankensprung nicht sofort folgen zu können. Dann zuckte er zusammen, lächelte und beugte sich wieder über

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