Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Das, was er gespürt hatte, war eine erste Warnung gewesen, mehr nicht; ein erstes, noch zaghaftes Anklopfen der Erschöpfung. Einen weiteren Tag würde er nicht durchstehen, er nicht und die anderen auch nicht. Nicht einmal Del. Die Entscheidung würde morgen fallen, so oder so.
    Er wartete, bis der letzte Mann die Höhle betreten hatte, ließ sich dann auf Hände und Knie sinken und kroch ebenfalls durch den Eingang. Der Fels war sehr dick; sieben, vielleicht acht Meter; der Höhleneingang war eher ein Tunnel. Er kroch bis zum Ende des Stollens, richtete sich auf, hielt sich mit der Linken an der Wand fest und sah sich im flackernden roten Licht der Fackel um. Selbst hier, im Inneren des Berges, war überall Eis. Aber es war spürbar wärmer als draußen, und sie fanden Schutz vor dem Wind. Die meisten Männer schliefen bereits. Ein paar saßen in kleinen Gruppen zusammen und aßen, hier und da hörte er Fetzen eines Gespräches, und als er, behutsam zwischen den kreuz und quer daliegenden Männern hindurchgehend, tiefer in das niedrige steinerne Gewölbe eindrang, glaubte er fast so etwas wie Gesang zu hören. Aber es waren nur die Laute der Schlafenden: Atemzüge, ein gedämpftes Stöhnen und Raunen, Laute, die sich in seiner Phantasie zu einem düsteren Todesgesang vereinten.
    Er entdeckte Gowenna allein im Hintergrund der Höhle und arbeitete sich gebückt zu ihr durch. Die Decke war hier so niedrig, daß er vornübergebeugt gehen mußte und selbst dann noch gegen den Fels stieß. Eisige Luft wehte aus dem dunklen Teil der Höhle zu ihnen heraus. Die Katakomben mußten gewaltig sein. Der Fels knisterte über seinem Kopf, als würde er leben, und irgendwo weiter hinten löste sich etwas mit dumpfem Poltern von der Decke und fiel zu Boden.
    Er setzte sich, griff wortlos nach dem Beutel mit Gowennas Vorräten und nahm eine Handvoll der bitter schmeckenden Caba-Nüsse hervor. Ihre Schalen zersprangen wie sprödes Glas, als er die Faust darum schloß. Das Fruchtfleisch erschien ihm bitterer als sonst und so salzig, daß er beinahe augenblicklich Durst bekam.
    Gowenna hockte auf einem Felsen, die Ellbogen auf den Knien abgestützt und das Haar wie einen verfilzten schwarzen Schleier vor dem Gesicht hängend. Auch sie war sichtlich am Ende ihrer Kräfte.
    Der Anblick erfüllte Skar beinahe mit Zufriedenheit. Er hatte schon angefangen zu glauben, daß diese Frau überhaupt keine Erschöpfung kannte.
    Er kaute, langsam und sorgfältig, spülte mit einem Schluck geschmacklosem, von winzigen schwebenden Eisklümpchen durchsetztem Wasser nach, nahm sich eine weitere Handvoll Nüsse. Sie hatten nichts anderes. Die Laderäume der SHAROKAAN waren voll gewesen mit Lebensmitteln, aber sie durften trotzdem nur diese Nüsse mitnehmen. Die hartschaligen braunen Früchte waren unglaublich nahrhaft, und ein Mann vermochte von der Menge, die er problemlos tragen konnte, mehrere Wochen zu leben. Aber sie trockneten den Körper auch aus. Wenn man wie sie ausschließlich davon lebte, litt man praktisch ununterbrochen unter Durst.
    »Warum schläfst du nicht?« fragte er nach einer Weile.
    Gowenna sah auf, strich sich das Haar aus der Stirn und sah an ihm vorbei zu den reglos daliegenden Männern hinüber. Von Del und Vela war keine Spur zu sehen; Helth hockte mit angezogenen Knien auf der anderen Seite der Höhle, nicht inmitten seiner Männer, wie Skar erwartet hatte, sondern allein. Er wirkte sehr einsam. Seine Haltung war verkrampft, und wieder fragte sich Skar, ob er Schmerzen hatte.
    »Wir sollten Wachen aufstellen«, schlug Gowenna vor, seine Frage ignorierend. »Und vielleicht eine Patrouille aussenden.«
    Skar lachte leise. »Hat dich Helth jetzt schon angesteckt?« fragte er. »Aber du hast recht — ich werde das Heer bei Sonnenaufgang antreten lassen. Die Reiterei in der Mitte und an den Flanken die Fußtruppen. Das beste wird sein, wir schicken zusätzlich tausend Bogenschützen auf die Berge hinauf.« Er brach ab, zerknackte eine Nuß und spielte einen Moment mit der Schale. »Du solltest schlafen. Del und ich werden abwechselnd wachen.«
    Gowenna schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht müde«, behauptete sie.
    Skar lachte rauh. »Man sieht es. Du siehst aus wie das blühende Leben. Warum läufst du nicht ein paarmal um den Berg herum, um deine überschüssigen Energien loszuwerden?«
    »Und du?« fragte Gowenna dagegen. »Warum schläfst du nicht? Glaubst du immer noch, du müßtest auf mich aufpassen?« Skar verzichtete

Weitere Kostenlose Bücher