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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Bewegung zurückzuführen war, die er seinen schmerzenden Muskeln aufzwang. Die Lähmung wich allmählich aus seinen Gliedern und wurde von kribbelnden, stechenden Schmerzen abgelöst, winzigen glühenden Nadeln, die tief in sein Fleisch stachen und die Starre daraus vertrieben. Als er fertig war, kauerte er sich zusammen, schlug die Arme um den Oberkörper und verkroch sich unter Brads Umhang.
    Der Vede schüttelte mißbilligend den Kopf. »Bleib lieber in Bewegung«, riet er. »Die Wärme täuscht. Du bist unterkühlt — wenn du einschläfst, wirst du nicht wieder erwachen.«
    »Das hast du schon einmal gesagt«, fiel ihm Skar grob ins Wort.
    »Ich bin nicht taub.«
    Brad zuckte mit den Achseln, wandte sich um und warf sein Tau ein zweites Mal in die Tiefe, um noch mehr Material von der SHAROKAAN heraufzuziehen. Wenn ihn Skars rüde Worte ärgerten, so ließ er sich nichts anmerken.
    Skar bedauerte seinen groben Tonfall bereits wieder. Der Vede hatte ihm das Leben gerettet, ganz egal, wie man es betrachtete. Er hatte kein Recht, so mit ihm zu reden. Aber er war auch zu stolz, sich zu entschuldigen.
    Es war nicht die Wahl von Brads Worten gewesen, sondern die Tatsache, daß es ein Vede war, der sie aussprach. Sie waren sich ähnlich, sowohl im Denken als auch in ihrer einsamen Art zu leben, so ähnlich, daß ein Außenstehender die Unterschiede vielleicht gar nicht bemerken würde; aber gerade in dieser Ähnlichkeit, Dinge in der gleichen und doch wieder ganz anderen Art zu sehen und zu tun, lag die unüberbrückbare Kluft zwischen Veden und Satai. Während die Satai überall auf Enwor als Krieger bekannt und gefürchtet waren, bildeten die Veden eine kleine verschworene Gemeinschaft mit einer eigenen Religion, einer eigenen Kultur und sogar einer eigenen Sprache. Es kam nicht oft vor, daß Veden außerhalb ihres Stammesgebietes hoch oben im Norden von Thbarg gesehen wurden. Meistens reisten sie in kleinen Gruppen zu zweien oder dreien, verdingten sich als Leibwächter für Herzöge oder Könige, seltener traten sie — wie Brad und sein Kamerad — in die Dienste eines reichen Kaufmannes. Veden waren teuer. Vielleicht war der grundlegende Unterschied zwischen Veden und Satai der, daß die Satai aus Überzeugung oder auch aus reiner Abenteuerlust handelten, während die Veden ihre Dienste für Geld feilboten, für einen Preis, den selbst Könige nicht immer zu zahlen in der Lage waren. Aber sie waren ihr Geld wert. Selbst ein erfahrener Satai wie Skar würde es sich zweimal überlegen, Handel mit einem Veden zu beginnen.
    Und sie waren stolz — ein Stolz, der nach außen hin wie Überheblichkeit aussehen mochte und für den sich die schweigsamen Einzelgänger den Ruf der Borniertheit eingehandelt hatten. Skar wußte, wie falsch dieses Vorurteil war. Er war noch nicht oft mit Veden zusammengetroffen, aber er fühlte, daß sich hinter ihrem verschlossenen Auftreten nichts als Wachsamkeit verbarg, Wachsamkeit und ein tiefsitzendes Mißtrauen nicht nur allem Fremden, sondern selbst dem Bekannten und sich selbst gegenüber, ins Extrem getrieben und über unzählige Generationen weitervererbt. Sie hatten Mißtrauen und Ablehnung zur Richtschnur ihres Handelns erhoben und wie einen Schutzwall um sich herum aufgebaut; ein Wall allerdings, der sie auch isolierte, sie zu Außenseitern machte. Aber man fürchtete sie.
    Die Frage, welche der beiden Kasten aus einem ernstgemeinten Zusammenstoß als Sieger hervorgehen würde — Veden oder Satai —, war Anlaß unzähliger Diskussionen gewesen, aber sie war nie geklärt worden und würde niemals geklärt werden. Einem ungeschriebenen Gesetz folgend, gingen sich Satai und Veden aus dem Weg, ein Verhalten, das weniger von Ablehnung oder Mißtrauen, sondern vor allem von gegenseitigem Respekt und dem Wissen um die Fähigkeiten des anderen bestimmt wurde. Skar konnte sich keinen Grund vorstellen, der einen Satai dazu bringen sollte, gegen einen Veden zu kämpfen, oder umgekehrt. Eine ernsthafte Auseinandersetzung zwischen Veden und Satai... Skar schrak allein vor dem Gedanken zurück. Sollte irgendwann einmal das Undenkbare geschehen und ein Krieg zwischen den beiden Kasten ausbrechen, würde es das Ende der Welt bedeuten, wie sie sie kannten.
    »Woran denkst du?« fragte Brad unvermittelt.
    Skar schrak auf. Für einen Moment fühlte er sich so schuldig, als hätte er seine Gedanken laut ausgesprochen. Was brachte ihn nur auf solche Ideen? Zwischen den Satai und den Veden

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