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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erlitten hatte, hinweggekommen zu sein? Jemals darüber hinwegkommen zu können?
    Es war kein Zufall, daß er so selten mit Gowenna oder Del sprach.
    Er ging ihnen — beiden — aus dem Weg, seit sie an Bord gekommen waren, aber es hatte bis zu diesem Moment gedauert, bis er sich selbst darüber klargeworden war.
    »Laß gut sein, Skar«, murmelte Gowenna nach einer Weile. »Lassen wir das Thema. Du bist müde. Müde und erschöpft. Ich bin eigentlich nur gekommen, weil Rayan mich geschickt hat.«
    »Rayan? Was will er?«
    »Mit dir reden«, antwortete Gowenna mit einem Achselzucken, »und ich dachte mir, daß es besser ist, wenn ich dich hole. Statt Helth«, fügte sie nach einer hörbaren Pause und mit leicht veränderter Stimme hinzu.
    »Wie geht es ihm?« »Rayan?«
    Skar nickte.
    »Er spricht wenig«, sagte Gowenna. »Und was er sagt, klingt nicht gut. Er versucht wohl, sich nichts anmerken zu lassen, aber Brads Tod geht ihm nahe. Wußtest du, daß der Vede sein Sohn war?«
    Skar nickte. »Brad hat es mir erzählt, als wir auf den Dronte gewartet haben.«
    »Er ist ein sonderbarer Mann«, murmelte Gowenna. »Ich hatte geglaubt, ihn zu kennen, aber ich muß mich getäuscht haben.« Sie lachte, sehr leise und auf sonderbare Art, trat neben Skar an die Reling und stützte die Hände auf das feuchte Holz.
    »Was hast du mit ihm zu tun?« fragte Skar.
    »Mit Rayan?« Gowenna schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich kenne ihn. Vela brachte mich einmal zu ihm, als sie mich auf eine ihrer Reisen nicht mitnehmen konnte, und seitdem haben wir uns immer wieder getroffen. Hier und dort — die Welt ist klein.«
    Skar sah auf. »Und das ist alles?«
    »Das ist alles«, bestätigte Gowenna. »Du solltest nicht hinter allem ein Geheimnis und Verrat sehen, Skar. Ich kenne Rayan. Jedenfalls habe ich das gedacht, bis vor wenigen Augenblicken. Weißt du, was er vorhat?«
    Skar schüttelte den Kopf und starrte weiter auf die schimmernde Wasseroberfläche hinunter. Das Sonnenlicht spiegelte sich auf den winzigen Wellen und verlieh ihnen für Sekunden einen eigenartigen Perlmuttglanz.
    »Man sollte meinen, daß er nach allem so schnell wie möglich von hier weg will«, führ Gowenna fort, »aber er läßt gerade jetzt im Moment ein Beiboot ausrüsten. Wohl kaum, um damit hinter der SHAROKAAN herzurudern. Ich glaube, er will sich das Wrack des Dronte ansehen.« Sie schüttelte wieder den Kopf. »Er ist wie besessen«, sagte sie leise.
    »Dann paßt er ja zu uns«, murmelte Skar. Er seufzte, drehte sich herum und schlenderte wortlos an ihr vorbei, ehe sie Gelegenheit hatte, weiterzusprechen. Er ging langsamer, als notwendig gewesen wäre, beinahe, als wolle er so die Begegnung mit Rayan so lange wie möglich hinauszögern, und sei es nur wenige Sekunden.
    Der Freisegler stand auf dem erhöhten Achterdeck und feuerte die Männer an den Rudern mit schriller Stimme zu größeren Anstrengungen an. Sein Gesicht war unbewegt, fast starr, und seine Bewegungen waren ruckhaft und von großer Kraft, eine stumme Pantomime, mit der der Freisegler seinen Kummer ausdrückte, ohne es selbst zu merken. Er gab sich noch immer Mühe, sich den Schmerz über den Verlust seines Sohnes nicht anmerken zu lassen. Etwas von einem Veden war wohl immer noch in ihm, auch nach all der Zeit, dachte Skar.
    »Du wolltest mich sprechen?«
    Rayan schwieg einen Moment und sah ihn an. In seinem Gesicht zuckte es, aber er sagte nichts von alledem, was Skar erwartet hatte, sondern gab sich plötzlich einen sichtlichen Ruck und deutete mit einer knappen Geste auf den Nebelvorhang vor dem Eiskanal. »Das da bereitet mir Sorgen«, sagte er. »Bist du sicher, daß er wirklich gesunken ist?«
    Skar verneinte. »Ich habe gesehen, wie er auseinanderbrach und verbrannte«, sagte er. »Dann trieb mich die Hitze zurück. Macht das einen Unterschied?«
    Rayan wiegte den mächtigen haarlosen Schädel. »Das Wrack könnte die Durchfahrt blockieren«, murmelte er. »Ich weiß nicht, wie tief der Kanal ist. Ehrlich gesagt, Skar, ich habe keine große Lust, mit der SHAROKAAN in dieses Mauseloch zu segeln, ohne zu wissen, was mich erwartet.« Er sprach langsam und mit übertriebener Betonung, klammerte sich mit aller Macht an rein pragmatische Probleme, nur um von den Qualen in seinen Gedanken abzulenken. Er war ein starker Mann, aber es gab Augenblicke, da war Stärke ein Fluch.
    »Es wird nicht schwierig sein«, sagte Skar mit einem angedeuteten Achselzucken, »das wenige, was noch übrig

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