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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bringen.«
    »Und was soll ich tun?« fragte Skar bitter. »Gowenna ist die einzige an Bord, die etwas von der Heilkunst versteht. Wir werden ihr vertrauen müssen, ob wir wollen oder nicht. Oder möchtest du vielleicht Hebamme spielen, wenn das Kind kommt?«
    Er sprach schnell und eine Spur zu laut, um sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn Dels Worte getroffen hatten. Allein den Gedanken, daß Del ihn eines Tages an seinen Satai-Eid erinnern würde, hätte er noch vor wenigen Monaten für lächerlich gehalten. Und das Schlimme war, daß er vollkommen recht hatte.
    Del schwieg einen Moment. »Ich stimme dir zu«, murmelte er.
    »Aber ich werde auf sie achtgeben.«
    Skar nickte. Er war es müde, zu streiten. Und irgend etwas sagte ihm, daß sie — ganz egal, was sie auch tun würden — Gowennas Pläne doch nicht durchkreuzen konnten. Es war dieses Gefühl der Hilflosigkeit, das so schmerzte. Gowenna hatte niemals vorgehabt, Vela wirklich lebend zum Berg der Götter zu bringen. Und sie gab sich nicht einmal besondere Mühe, wenigstens so zu tun. Warum begriff Del das nicht? War er so blind, nicht zu sehen, was Gowenna wirklich vorhatte? Aber vielleicht wollte er es auch nur nicht sehen. Vielleicht war er auf seine Weise ebenso müde wie er, Skar. Manchmal vergaß er, daß er nicht der einzige war, der gegen Vela gekämpft hatte, und daß Del an der Niederlage der Errish mindestens ebenso teilhatte wie er.
    Und vielleicht hatte er den höheren Preis gezahlt.
    Er wandte sich um, blieb einen Moment mit geschlossenen Augen stehen und sog hörbar die Luft ein. »Ich werde mit ihr reden«, sagte er noch einmal. »Sobald ich wieder unten auf dem Schiff bin.«
    »Tu das«, stimmte Del zu. »Und sag ihr, daß ich von jetzt an doppelt auf Vela achtgeben werde.«
    Skar schüttelte den Kopf, bedachte Del mit einem letzten, beinahe traurigen Blick und wandte sich endgültig ab. Ein paar Männer beob-achteten ihn. Niemand sah ihn direkt an, nicht, wenn er es bemerken konnte, und die meisten gaben sich alle Mühe, so zu tun, als hätten sie von der kurzen Szene nichts mitbekommen, aber er spürte ihre Blicke mit fast schmerzlicher Deutlichkeit. Del und er hatten zum Schluß laut genug gesprochen, daß beinahe jeder in der Höhle ihre Worte mitbekommen haben mußte. Es war nicht gut, wenn er sich in aller Öffentlichkeit mit Del stritt; nicht für seine Position und nicht für die Moral der Männer. Rayan hatte ihm das Kommando vor allem aus dem Grund gegeben, weil er stark war, und weil sie in einer Lage waren, aus der sie wahrscheinlich auch nur ein starker Mann herausbringen konnte.
    Ein Mann, der zum Beispiel stark genug war, den Freiseglern alles zu nehmen, um ihr Leben zu retten, dachte er bitter. Stärke. Was war das schon? Er hatte es so oft gehört, hatte so oft gespürt, wie sehr ihn die anderen um seine Kraft beneideten, und er war so wenigen begegnet, die wirklich wußten, welchen Preis man manchmal für diese Stärke zahlen mußte.
    Vielleicht war er diesmal zu hoch, dachte er. Vielleicht würde er diesmal verlieren.

D as Meer war glatt wie Glas. Es gab Wellen, aber sie schienen, obgleich sie so langsam und majestätisch wie seit Äonen heranrollten, trotzdem erstarrt, wie durch einen geheimnisvollen Zauber mitten in der Bewegung gefroren, die Schaumkronen zu glitzernden weißen Eiskappen und der Sprühnebel aus winzigen Tröpfchen irgendwo auf halbem Wege zwischen Himmel und Meer zu einem zeitlosen Schweben geworden, als gäbe es mit einem Mal zwei Arten von Bewegung, die sich gegenseitig weder beeinträchtigten noch beeinflußten. Grauer Nebel lag wie der Atem einer eisigen Gottheit über dem Meer und dem Eisstrand, bildete Formen und Umrisse, bizarre Gesichter und Gestalten, Hände, die mit kleinen gierigen Bewegungen über das Eis tasteten und wieder vergingen, wenn sie der Hauch des Windes streifte. Der Himmel war erloschen, ein einziger kalter Stern glitzerte im Zenit, aber auch er schien keine Wärme und nur wenig Licht auszustrahlen. Schließlich verglomm auch er, und undurchdringliche Dunkelheit breitete sich wie eine schwere schwarze Decke über Meer und Land aus.
    Unweit des Strandes begannen sich auf der Wasseroberfläche flache kreisförmige Strudel zu bilden, breiteten sich nach allen Seiten aus, als werfe jemand unsichtbare Steine ins Wasser. Die kleinen dadurch entstandenen Wellen verschmolzen mit ihren großen Schwestern oder liefen ihnen davon, bis sie eingeholt wurden oder sich ihre Kraft auf

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