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Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Titel: Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Lager vermutlich gar nicht gefunden. Aber auch so erreichte er es mehr durch Glück als irgend etwas anderes. Ein paarmal stolperte er im Dunkeln über Hindernisse, die unter der trügerisch glatten Schneedecke verborgen lagen, und einmal — hinterher lachte er darüber, aber als es geschah, sprang sein Herz vor Schrecken bis fast in seine Kehle hinauf —fuhr er mit kampfbereit erhobenen Fäusten herum und spannte sich schon zum Sprung, ehe er sah, daß der vermeintliche Gegner, der so unvermittelt neben ihm aus der Nacht aufgetaucht war, nichts anderes als ein Baum war. Skar lächelte über seine eigene Dummheit. Aber er begriff auch, daß dieser an sich harmlose Irrtum eine Warnung war, die er besser beherzigen sollte: Nicht nur seine körperliche Leistungsfähigkeit hatte gelitten, während des vielleicht wochenlangen Schlafes.
    Seine Reaktionen waren nicht mehr die eines Satai. Er reagierte noch immer
schnell —
aber vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben auch
falsch.
    Skar umging den kleinen Waldflecken in weitem Bogen, prüfte noch einmal die Windrichtung und vergewisserte sich, daß die Hunde seine Witterung nicht aufnehmen konnten, ehe er weiterschlich. Daß er beinahe nackt war, kam ihm jetzt zugute: Die Kälte war quälend, und obwohl er mit aller Macht dagegen ankämpfte, spürte er seine Beine bis zu den Knien hinauf schon nicht mehr. Aber seine bloßen Füße verursachten auf dem verharschten Schnee auch so gut wie kein Geräusch; und er hatte keine Kleider oder Waffen bei sich, die einen verräterischen Laut verursachen konnten.
    Sehr vorsichtig näherte er sich dem Feuerschein, der durch das kahle Unterholz schimmerte. Er hörte Stimmen, ohne die Worte zu verstehen, dann das Schnauben von Pferden. Kein Hundegebell. Entweder waren die Tiere gar nicht hier, oder sie nahmen seine Witterung wirklich nicht auf.
    Skar näherte sich dem Feuerschein, bis er die zusammengekauerten Schatten davor erkennen konnte.
    Es waren Quorrl, wie das Mädchen gesagt hatte, und mindestens eine menschliche Gestalt. Sie unterhielten sich in einer Sprache, die Skar nicht verstand, und laut genug, um ihre Sorglosigkeit zu verdeutlichen. Die Pferde standen ein Stück abseits des Feuers, so angebunden, daß sie an den wenigen Blättern nagen konnten, die der Winter übriggelassen hatte, aber noch in Sichtweite der Quorrl. Skar zählte sie. Es waren vier. Also hatte Syrr sich verschätzt — zu ihrem Vorteil. Vier Pferde, das bedeutete vier Reiter. Und ein kleinerer, struppiger Schatten, der schlafend dalag, den Kopf auf die Pfoten gebettet und die Lefzen nach oben gezogen, so daß das unnatürliche Weiß seiner Fänge durch die Nacht blitzte wie eine stumme Warnung. Den Hund mußte er töten, wenn er die Pferde stehlen wollte, ohne entdeckt zu werden. Aber wie?
    Skar unterdrückte einen Fluch. Was hatte er eigentlich getan, daß nichts, was begann,
einfach
sein konnte?
    Aufmerksam sah er sich um. Der Wald war nicht sehr dicht an dieser Stelle. Die Bäume standen eng beieinander, aber es gab kaum Unterholz, und auf dem hellen Schnee mußte sich seine Gestalt deutlich abheben, ganz egal, wie leise er war. Es schien unmöglich, sich den Pferden zu nähern, ohne gesehen zu werden. Sein Blick glitt an den glatten Stämmen der Bäume empor, tastete über die schneeverhangenen, schweren Äste, dann wieder zurück zum Lagerfeuer...
    Einer der vier Schatten bewegte sich. Für einen Moment lag sein Gesicht deutlich im roten Widerschein des Feuers.
    Der Anblick traf Skar wie ein Schlag.
    Er war noch immer sehr weit entfernt — zu weit, um die Züge des Mannes deutlich erkennen zu können. Aber er sah deutlich das schmale lederne Stirnband, das er trug, und den fünfzackigen silbernen Stern, der daran befestigt war.
    Das Zeichen der Satai...
    Etwas in Skar zog sich zusammen wie ein getretener Wurm.
    Ein Satai!
Ein Satai, der zusammen mit einer Bande fischgesichti-ger Quorrl Jagd auf zwei Kinder machte! Unmöglich! Das war unmöglich!
Un-mög-lich!
    Der Mann drehte den Kopf wieder zurück, und das Blitzen des fünfzackigen Sternes erlosch. Für einen Moment klammerte sich Skar mit aller Kraft an den Gedanken, daß er sich getäuscht hatte, daß es irgendein Schmuckstück gewesen war, billiger Tand, der nur zufällig dem heiligen Emblem der Satai ähnelte, vielleicht auch ein Beutestück, das der Kerl einem Toten abgenommen oder schlichtweg gestohlen hatte...
    Aber das eine war so unmöglich wie das andere, und er wußte es.

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