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Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Titel: Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Hauptmannsuniform aus Kohon trug, dazu Stiefel, die offensichtlich einmal einem anderen gehört hatten, denn sie waren zwar sehr prachtvoll, aber um mindestens zwei Nummern zu groß. An seiner Seite baumelte ein gewaltiges Schwert. Da der Mann gerade groß genug war, Skar bis zum Kinn zu reichen, wirkte es etwas deplaciert. Er würde schlichtweg hintenüberfallen, dachte Skar amüsiert, wenn er versuchte, es zu schwingen. Laut sagte er: »Führt Ihr diese Leute, Hauptmann?«
    »Warum?«
    Skar lächelte. »Weil ich mich frage, was ihr wohl tun werdet, wenn die Quorrl eines Tages wirklich kommen, wo ihr doch offensichtlich vor ein paar harmlosen Flüchtlingen schon solche Angst habt, daß Ihr eine ganze Hundertschaft aufbietet?«
    Das Gesicht des Hauptmannes verdüsterte sich vor Zorn, und Enwass warf ihm einen raschen, fast beschwörenden Blick zu. Skar schluckte den Rest der Worte, die er sich zurechtgelegt hatte, mit einem leisen Gefühl des Bedauerns herunter.
    »Für einen, der als Bettler hierherkommt, bist du reichlich vorlaut, Kerl«, fauchte der Hauptmann. »Was sollte mich daran hindern, dich wieder ins Wasser zu werfen und zuzuschauen, wie du ersäufst?«
    »Versucht es«, sagte Skar ruhig.
    Enwass erbleichte noch weiter und starrte ihn so beschwörend an, daß es schon fast komisch wirkte, aber Skar ignorierte ihn. Er kannte Männer wie diesen Hauptmann zu gut, um nicht zu wissen, daß er sich keine Schwäche leisten konnte. Man traf sie in jeder Armee, und besonders in Zeiten wie diesen: grausame Männer, die im Grunde ihres Herzens schwach waren und das auch genau wußten, und die nur durch eine Fügung des Zufalls nach oben gekommen waren. Vermutlich war der Kerl niemals in irgendeiner Armee Enwors Hauptmann gewesen, sondern hatte die Uniform einem Toten abgenommen oder schlichtweg gestohlen. Aber ebenso feige, wie diese Männer im Grunde waren, so untrüglich war auch ihr Instinkt. Skar war sicher, daß der Mann ihn auch dann als Gefahr eingestuft hätte, hätte er den Mund gehalten. Es war besser, er zeigte ihm von vornherein seine Grenzen.
    Und es kam noch etwas hinzu. Skars Muskeln schmerzten noch jetzt von der Anstrengung des Ruderns, und trotzdem waren sie dem Tod nur um Haaresbreite entgangen. Er war sicher, daß mehr als ein Boot vor ihnen in die Barriere geschwemmt und zerfetzt worden war, und er war ebenso sicher, daß der Hauptmann dabei ungerührt zugesehen hatte. Wahrscheinlich hatte es ihm noch Spaß gemacht.
    »Wie ist Euer Name, Hauptmann ?« fragte er, als der Mann mit dem Lederhelm nicht auf seine Herausforderung reagierte, sondern ihn nur haßerfüllt anstarrte. Der Ausdruck auf den Gesichtern seiner Leute schwankte zwischen Verblüffung und Unterdrückter Schadenfreude. Der angebliche Hauptmann erfreute sich offenbar auch unter seinen eigenen Männern keiner allzugroßen Beliebtheit.
    »Gorrn«, antwortete er schließlich. »Aber was geht dich das an, Kerl?«
    »Mein Name ist Skar, nicht Kerl«, sagte Skar ungerührt. »Und ich weiß gerne, mit wem ich rede, das ist alles. Und nun, Hauptmann Gorrn«, fuhr er so rasch und mit völlig veränderter, plötzlich gelassener Stimme fort, daß Gorrn ihn nur mit offenem Mund anstarren konnte, »sagt uns, wohin wir gehen und wohin wir unsere Habseligkeiten bringen sollen.« Er deutete auf Enwass' Familie, die einer nach dem anderen vom Floß heruntertraten und sich auf dem kleinen Stück trockenen Bodens zusammendrängten, das Gorrns Speerträger ihnen zugestanden hatten. »Skar also«, murmelte Gorrn. Skar fragte sich, ob er einen Fehler begangen hatte, denn der Hauptmann wirkte für einen Moment sehr nachdenklich. Aber dann schüttelte er nur den Kopf. Skar atmete innerlich auf. Offensichtlich kannte hier niemand seinen Namen.
    »Dein Flüchtlingspack kommt ins Lager, wo es hingehört«, fuhr Gorrn schließlich fort. »Und euren Plunder...« Er grinste, stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte über Skars Schulter hinweg auf das Floß hinab, wobei er sich bemühte, einen mög-lichst angewiderten Gesichtsausdruck aufzusetzen. »Nun, wir werden den Kram sichten und uns heraussuchen, was noch zu gebrauchen ist. Den Rest schmeißen wir ins Wasser zurück.« »Wie bitte?« sagte Skar verwirrt. Er war nicht ganz sicher, auch richtig zu verstehen, was er hörte.
    Gorrn grinste breit. »Du hast mich richtig verstanden, Bauernlümmel«, sagte er. »Das Zeug ist beschlagnahmt. Ihr behaltet eure Kleider und was ihr an Nahrung dabeihabt. Alles

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