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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mehrmals erfahren, wie schwierig es war, sich auf der Geröllhalde zu bewegen, aber die Männer in den sonderbaren Rüstungen spazierten fast gemächlich an ihm vorbei, wobei er das unheimliche Gefühl hatte, als würden ihre Füße den Boden fast gar nicht berühren.
    Aber das war natürlich Unsinn.
    Skar verscheuchte den Gedanken, warf einen letzten, sichernden Blick zur Höhle zurück und folgte der Gruppe schwarzgekleideter Riesen in sicherem Abstand. Er mußte dabei nicht einmal besonders vorsichtig sein, denn die Nacht und der schwarzbraune Fels, über den er sich bewegte, gaben ihm eine vorzügliche Dek-kung, und keiner der Männer drehte sich auch nur einmal herum —wozu auch? Erst, als sie sich dem Lager der
Errish
näherten, fiel Skar wieder ein Stück zurück und sah aus sicherer Entfernung zu, was weiter geschah.
    Die Zauberpriester betraten das Lager nicht, sondern schwenkten dicht davor nach links und bewegten sich weiter auf die Ebene zu, fast genau zu der Stelle, an der Titchs erstes Lager gewesen war. Irgendwo dahinter bewegten sich Schatten. Skar stockte der Atem, als er sah, was das Ziel der Zauberpriester war.
    Die Männer waren nicht zu Fuß gekommen; aber auch nicht zu Pferde oder mit irgendeinem magischen Gefährt, was Skar mittlerweile auch nicht mehr erstaunt hätte. Vor den Felsen bewegten sich die Schatten eines Dutzend titanischer Drachen.
    Zumindest beschloß Skar in Gedanken, diese Tiere
Drachen
zu nennen, solange ihm keine bessere Bezeichnung einfiel.
    Es waren Giganten. Bestien, gegen die selbst die legendären Feuerechsen der
Errish
wie Zwerge erscheinen mußten, riesige, grün und braun und rot geschuppt und nur aus Muskeln und Zähnen und Klauen und Panzerplatten bestehend. Ihre Größe war... absurd: achtzig, wenn nicht hundert Fuß, vom Kopf bis zur Schwanzspitze. Im allerersten Moment erinnerten sie Skar an die Tyrr, die Anschi und ihre Schwestern gezähmt hatten, aber diese Ähnlichkeit beschränkte sich nur auf ihre Gestalt: wie diese gingen sie aufrecht auf zwei muskulösen, fast übertrieben stark ausgebildeten Hinterläufen, während die Vorderbeine zu dürren, aber mit fürchterlichen Krallen versehenen Ärmchen verkümmert waren, die unter einem absurd großen, buckeligen Schädel hervorwuchsen. Die Augen der Monstren waren so klein, daß Skar sie im er-sten Moment nicht einmal sah, aber dafür waren ihre Mäuler um so größer. Skar schätzte, daß sie ein ausgewachsenes Pferd verschlingen konnten, ohne mehr als einmal zuzubeißen. Nichts, aber auch rein gar nichts an diesen Ungeheuern erinnerte Skar an die kraftvolle Eleganz der Drachen, wie sie die
Errish
ritten. An diesen Wesen war nichts
Schönes
oder
Majestätisches.
Sie waren einfach nur
groß.
Groß und häßlich. Und unbeschreiblich wild.
    Mühsam löste er sich aus der morbiden Faszination, mit der ihn der Anblick der zwölf Kolosse erfüllte, und suchte die Zauberpriester. Die Männer näherten sich ihren ungeheuerlichen Reittieren fast gemächlichen Schrittes, blieben noch einmal stehen — und
schwebten wie lautlos fallende Blätter auf die Rücken der Riesentiere hinauf.
    Skar erstarrte. Für Sekunden vergaß er selbst zu atmen. Was er sah, war...
unmöglich!
    So unmöglich wie Menschen, die von den Sternen gekommen sind?
flüsterte eine Stimme in seinen Gedanken.
Wie grünes Licht, das betäubt, und ein Geist, der den einer Errish bezwingt?
    Skar versuchte vergeblich, das Chaos hinter seiner Stirn zu ordnen. Er wußte, daß es eine Erklärung für das vermeintlich Unmögliche gab und daß sie so einfach wie erschreckend war: was er sah, war keine Magie, sondern ein Teil der vergessenen Macht der
Alten,
von der die Legenden erzählten, aber diese Erklärung bedeutete auch gleichzeitig, daß er die Wahrheit endgültig akzeptieren mußte: er stand den Nachkommen der
Sternengeborenen
gegenüber. Und es waren
Menschen.
    Trotz allem hatte sich ein Teil von ihm noch immer an die große Lüge geklammert, die die Geschichte Enwors war. Anschis Worte, alles, was er erlebt hatte, ja, selbst sein eigener Kampf mit der
Netzkreatur
und das Wissen, das er dabei erworben hatte, dies alles hatte ihm die Wahrheit immer und immer wieder vor Augen geführt, und trotzdem traf ihn der Anblick wie ein Hieb, denn es war der letzte, unleugbare
Beweis.
Er konnte sich jetzt nicht einmal mehr selbst belügen.
    Aber er konnte etwas anderes tun.
    Plötzlich waren aller Schrecken und alle Furcht verschwunden.
    Skar fühlte... nichts.

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